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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dabei. Peter Probst legte seinerseits die Pässe vor sich hin.
    »Darf ich einen Blick hineinwerfen?« fragte er.
    »Immer noch mißtrauisch?«
    »Ein deutscher Beamter erkennt nur Realitäten an, Herr Dr. Fresius.«
    »Bitte.« Rathenow schob die Mappe über den Tisch, griff aber gleichzeitig sofort nach den Pässen. Keine Tricks, mein Lieber.
    Peter Probst schlug wahllos eine Seite auf und las ein paar Sekunden. Dann klappte er den Deckel zu. »Unglaublich!« Seine Stimme hatte den forschen Ton verloren. »Wenn das wirklich stimmt …«
    »Sie haben mein Ehrenwort. Und Sie werden der Held von München werden. Verlieren Sie keine Zeit, kann ich Ihnen nur immer wieder sagen …«
    »Ich fliege mit der nächsten Maschine zurück. Der Großeinsatz ist schon besprochen … uns fehlte nur noch Ihr Material.«
    Sie standen auf und drückten sich fest die Hand.
    »Weidmannsheil!« sagte Rathenow. Und jetzt zitterte seine Stimme.
    »Weidmannsdank!« PP unterdrückte seinen Impuls, Rathenow kurz zu umarmen.
    »Und – haben Sie eine Adresse für uns?«
    »Auch das. Durch Amtshilfe der spanischen Behörden konnten wir für Sie ein kleines Haus mieten. In dem Ort Agulo, nahe der Playa de Agulo. Auf Gomera. Kanarische Inseln. Garantiert – da findet Sie kein Triade!« Er zeigte auf die Pässe in Rathenows Hand. »Der Zettel steckt in Ihrem Paß. Das Haus ist ab sofort frei. Es gehört einem Weinhändler, sagte man mir.«
    »Das ist für mich der richtige Hausherr!« Rathenow lachte und gab PP noch einmal die Hand. »Ich danke Ihnen von ganzem Herzen.«
    Und dann fuhren sie davon. PP mit seinem Leihwagen zur Autobahn, Richtung Zürich; Rathenow über den Ort Frutingen zur Straße nach Adelboden.
    Sie sahen sich nie wieder …
    *
    In derselben Nacht, in der PP wieder in München in seinem Bett lag, kehrte Ninglin von einer kurzen Liebesstunde in einem der von den Triaden kontrollierten Bordelle zu seiner Wohnung zurück. Nach Mins Hinrichtung wartete man in der Familie auf die Ankunft eines neuen Daih-Loh, der die Leitung in München übernehmen sollte. Er war bereits angekündigt, ein Bruder der Triade von Amsterdam, den der Gao Lao in Hongkong bestimmt hatte. Er hieß Shao Houli, sollte dreißig Jahre alt sein, sehr jung für einen Daih-Loh, und ihm ging der Ruf voraus, daß er ein Meister im Erwürgen mit einer Seidenschnur sei. Ninglin war gespannt.
    Als er seinen Wagen abgeschlossen hatte und den Vorgarten seines kleinen Bungalows betrat, stellte sich ihm ein kleiner Junge in den Weg, bekleidet mit einer Hose und einer Jacke aus blauem Stoff, wie man sie zu Maos Zeiten getragen hatte. Ninglin blieb belustigt stehen.
    »Du Grashüpfer, was tust du noch so spät auf der Straße?« fragte er gutgelaunt. »Geh nach Hause! Was willst du von mir? Warum stehst du in meinem Garten? Willst du betteln? Nur wer arbeitet, hat ein Recht auf Geld, das merke dir. Aus einer tauben Nuß kommt nie ein Trieb.«
    »Ich wollte dich ansehen …«
    »Nun hast du mich gesehen.«
    »Ja …«
    »Und nun – lauf nach Hause, ehe dich die Nachtgeister fressen.«
    Der Junge blieb stehen und spreizte die Beine, wie er es von den Cowboys in den Wildwestfilmen gesehen hatte.
    »Ich bin Zhong Lihong, der Sohn von Zhong Yushan und seiner Frau Su Kun.«
    »Ist das was Besonderes?«
    »Ja. Du hast meinen Vater umgebracht!«
    Bevor der überraschte Ninglin sein Messer ziehen konnte, hatte der Junge einen Revolver in der Hand und schoß. Die Kugel schlug in Ninglins rechten Oberschenkel und warf ihn gegen einen nahen Baumstamm.
    »Bist du verrückt?« schrie er. »Wirf sofort den Revolver weg! Ich habe ihn nicht getötet, deinen Vater Yushan …«
    »Su Kun, meine Mutter, hat es gesagt. Du hast ihn abgeholt und getötet und ihn in den Olympia-Park geworfen! Keiner konnte ihn mehr erkennen, so hast du ihn mißhandelt.«
    Der Junge hob eiskalt die Waffe, zielte und schoß Ninglin in das andere Bein. Ninglin heulte auf und fiel auf die Knie. Er fühlte plötzlich wahnsinnige Angst, die gleiche Angst, über die er bei seinen Opfern immer gelacht hatte.
    »Ich habe ihn nicht töten wollen!« schrie er. »Ich habe deinen Vater immer geliebt … aber ich hatte den Befehl dazu. Ich mußte gehorchen. Ich mußte ihn töten, sonst wäre das Ungehorsam gewesen. Lihong – ich schwöre dir …«
    »Yushan, mein Vater, ist durch deine Hand gestorben. Sein Sohn läßt jetzt seinen Mörder auch durch seine Hand sterben.«
    Der Junge sagte es ganz leidenschaftslos, ganz ruhig,
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