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Der schwarze Magier

Der schwarze Magier

Titel: Der schwarze Magier
Autoren: Susan Hastings
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darf den Turm nicht verlassen! Und dann wird dieser Dreckstall ausgemistet. Die Ställe, Lager, Scheunen, der Hof gesäubert, die Kamine gekehrt, die Hallen ausgefegt. Ich inspiziere die Waffenkammer, der Waffenmeister soll vortreten! Die Wachen am Tor und auf den Mauern werden verstärkt, Wachablösung alle zwei Stunden! Schatzmeister zum Rapport!«
    Seine Stimme hallte in dem bröckeligen Gewölbe wider. Die Burgbewohner waren viel zu eingeschüchtert, um in irgendeiner Weise zu widersprechen. Mit gesenkten Köpfen huschten sie davon, um ihre Aufgaben zu erledigen. Dann ging er auf die Mauer und erwartete den Angriff von Kynance.
    Rupert wusste, dass er kein Ritter und Krieger war, und Richard hätte ihn wohl getadelt oder ausgelacht, wenn er gesehen hätte, mit welcher Unvernunft Rupert in den Kampf ging. Aber es blieb ihm nichts weiter übrig. Er musste diese letzte Bastion in seinem Leben verteidigen. Die Vorratskammern waren leer, lange würden sie einer Belagerung nicht standhalten. An den König konnte er sich nicht wenden. Der war damit beschäftigt, sein eigenes Reich gegen die Habgier des französischen Königs zu schützen. Aber die Burg stand ihm zu, er war der letzte de Cazeville. Das wusste auch Lady Maude. Sie saß hasserfüllt und verbittert als Ruperts Gefangene im Turm.
    »Ihr habt das Erbe Eures Mannes verprasst und Euch diesem rothaarigen Teufel an den Hals geworfen«, schnaubte Rupert sie an. »Sollte er Euer neuer Gatte werden, ja?« Und als sie schwieg, fuhr er fort: »Mein Bruder war ein fieser Kerl, aber er war bei Gott ein ausgezeichneter Schwertkämpfer und ein guter Reiter. Der verschwindet nicht einfach bei einem Ausritt. Steckt Kynance dahinter? Hat er ihn beseitigt? Was wisst Ihr davon?«
    Maude schwieg, während ihre Lippen lautlos Gebete – oder Verwünschungen – murmelten.
    »Gut, dann werde ich Euch der Folter unterziehen. Das lockert vielleicht Eure Zunge. Im Heiligen Land habe ich viele unheilige Dinge gelernt. Die Sarazenen sind nicht kleinlich, wenn sie jemanden zum Reden bringen wollen.«
    Lady Maude riss die Augen auf. »Ich bitte Euch, Schwager, nicht die Folter!« Dann biss sie die Lippen zusammen, ihr Gesicht wurde trotzig.
    Rupert lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die feuchte Wand und blickte sie unter gesenkten Lidern an. »Als Bruder Eures verstorbenen Gatten steht mir das Recht zu, Euch zu ehelichen. Wie wäre das statt der Folter? Es wäre mir eine Wonne, Euch die Nächte auf meine Weise zu versüßen.«
    Es sah aus, als müsse sich Lady Maude erbrechen.
    »Hört auf zu kotzen, wenn ich mit Euch rede, Mylady«, schnaubte er. »Euch müsste es vor Euch selbst ekeln, denn Ihr steckt hinter dem Mordkomplott gegen Sir John, nicht wahr?«
    Sie sank auf die Knie und hob die gefalteten Hände. »Heilige Mutter Gottes, erlöse mich von diesem Teufel, lass den Satan weichen, der meine Atemluft mit seinem Schwefelgestank verpestet. Der Zorn des Himmels soll auf ihn herniederfahren!«
    »Ganz recht, mein Zorn wird auf Euch herniederfahren!« Rupert trat Lady Maude ins Hinterteil, dass sie der Länge lang auf den Boden fiel. Dort ließ er sie liegen. Er eilte in den Raum oberhalb des Rittersaales, wo sich die kleine Bibliothek befand, in der er einst den Worten des Hauslehrers gelauscht und seine ersten krakeligen Schreibversuche unternommen hatte. Die Regale waren fast leer, die restlichen Bücher von Mäusen zerfressen, von Spinnweben überzogen. Ihm krampfte das Herz zusammen. Vielleicht war es eine Illusion, die er hier erwartet hatte. Die Wirklichkeit ließ ihn zornig werden.
    Ohne dass er sich dessen bewusst wurde, war ihm die kultivierte Lebensweise, die er in Richards Nähe, in Saladins Palast, ja selbst in der Universität erfahren hatte, zum Bedürfnis geworden. Bücher, Wissen, Geist, all das war für ihn viel mehr wert als Gold und Geld. Und selbst in Valbourgh gab es geistige Konversation, Musik, Fortschritt. Lady Gwendolyn nahm alles mit Begeisterung auf und führte es fort. Selbst ohne sein Zutun!
    Er ballte die Fäuste. Er durfte nicht an Gwen denken! Er musste gegen den Angriff von Kynance, gegen den Schmutz und die Verwahrlosung, gegen die Dummheit der Leute, gegen den Hunger und gegen seinen eigenen inneren Zorn kämpfen!
     
     
    Kynance’ lautstarke Beschwerde, dass er nach seinem Jagdausflug nicht in die Burg eingelassen wurde, hatte Rupert Hohn lachend von der Burgmauer beantwortet. Der Ritter hatte sich daraufhin mit seinen Leuten
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