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Der schwarze Magier

Der schwarze Magier

Titel: Der schwarze Magier
Autoren: Susan Hastings
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zurückgezogen. Rupert war sich sicher, dass er einen großen Angriff vorbereitete.
    Dieser erfolgte im Morgengrauen. Der Boden erzitterte unter dem Donner der Hufe, ein Pfeilhagel ergoss sich auf die Burgmauer. Der alte Hass gegen die normannischen Eroberer hatte sich auch in den über einhundert Jahren nicht gelegt, seit Wilhelm der Eroberer seinen Fuß auf die Insel gesetzt und sich große Teile davon unterworfen hatte. Und dieser Hass kam gerade recht, um sich gegen die ungeliebten Herrscher aufzulehnen, um sich das wieder anzueignen, was vor langer Zeit verloren gegangen war. Hengist of Kynance hatte alles mobilisiert, was Beine hatte. Gut ausgebildete Ritter gab es kaum, es fehlte an Geld, an Einnahmen aus der bäuerlichen Wirtschaft, an ordentlicher Verwaltung. So glich der bunt zusammengewürfelte Haufen aus Bauern, Abenteurern, heruntergekommenen Soldaten und unzufriedenen Burgmannen eher einer Groteske denn einem erklärten Krieg.
    Doch auch Rupert hatte nicht viel entgegenzusetzen. Den Männern, die sich auf der Burg befanden, fehlte jede Ähnlichkeit zum Ritter. Sie sahen aus wie Söldner, die schon lange kein Geld mehr gesehen hatten und entsprechend gering motiviert waren. Dazu kämpften Knechte, Mägde, irgendwelches Lumpenpack, das auf der Burg untergekrochen war. Wenn Rupert nicht mit dem Schwert dafür gesorgt hätte, dass das Burgtor geschlossen blieb, so wären sie wohl alle zu Kynance’ Truppe übergelaufen.
    »Tragt einen Teil der Innenmauer ab und benutzt die Steine als Geschosse!«, brüllte Rupert. »Bogenschützen, Deckung hinter dem Wehrgang!« Doch der Wehrgang war löcherig wie ein alter Käse. Die meisten der Bretter waren herabgerissen und wahrscheinlich als Brennholz benutzt worden. Einige Tote lagen bereits im Burghof.
    Hengists Leute drangen immer dichter an die Burgmauer heran. Mit langen Leitern erklommen sie den Wall. Mit Kübeln voll heißem Wasser erwehrten sich die Verteidiger, mit langen Stangen stießen sie die Leitern um, doch sie waren zu wenige Leute, um die Burg noch lange halten zu können.
    Mit dem Sonnenuntergang verebbte das Kampfgetümmel, doch es würde am nächsten Morgen mit erneuter Wucht beginnen und dann würde die Burg fallen. Wenn es nicht schon in der Nacht geschah.
    »Wachen! Inspektionen auf jedem Turm. Beleuchtet die Mauern mit Fackeln! Es muss taghell werden, damit sich keiner heimlich über die Mauer stiehlt. Alle Kessel mit Wasser füllen und einheizen!« Er blickte hoch zu Lady Maudes Gefängnis. Im Schein der untergehenden Sonne flatterten zwei Tauben an dem schmalen Fensterschlitz. Rupert kniff die Augen zusammen. War das Zufall? Er riss dem neben ihm stehenden Schützen den Bogen aus der Hand und legte einen Pfeil an. Er surrte leise, dann bohrte er sich in den Körper der Taube. Sie war tot, als sie auf dem Wehrgang aufschlug. An ihrem Bein befand sich ein kleines Röllchen Pergament, mit einer dünnen Lederschnur befestigt.
    »Verdammte alte Hexe«, knurrte Rupert. »Hol sie aus dem Turm«, wies er den Schützen an.
    »Ihr müsst Euch schon etwas Besseres einfallen lassen, Mylady, Brieftauben wurden bereits im Heiligen Krieg verwendet und die bei allen Königen beliebten Falken haben sie abgefangen. Doch wenn Eurem Geliebten wirklich etwas an Euch liegt, dann sollte er etwas besonnener vorgehen.« Er band die sich wehrende Frau an einen Fahnenmast auf der Wehrmauer, genau in der Angriffsfront der Belagerer.
    »Lasst mich los, lasst mich los, er wird keine Rücksicht auf mich nehmen«, keifte sie.
    »Wie schade um Euch«, erwiderte Rupert honigsüß. »Wenn ihm so wenig an Euch liegt, warum habt Ihr ihn dann eingelassen? Ich weiß schon, er bietet Euch Schutz, Ihr bietet das Erbe. Nur, dass er es verprasste und Ihr mit ihm. Nun ist alles alle, nur noch eine verfallene Burg ist übrig. Welch ein Brautgeld!« Er zurrte die Fesseln fest. »Betet, Mylady, betet. Wenn Ihr es übersteht, dürft Ihr in ein Kloster Eurer Wahl gehen. Das ist für einsame Frauen schicklicher, als mit so einem rothaarigen Raubein in Sünde zu leben.«
    »Vater im Himmel, erhöre mein Flehen, errette mich vor dem Satan, errette mich vor der Hölle, die dieser Mann mir bereitet, errette mich vor dem sicheren Tod…«
    Rupert ließ Lady Maude mit ihren Stoßgebeten allein und eilte wieder zum Burgtor. Er musste ständig mit Verrätern in den eigenen Reihen rechnen.
    Das Morgengrauen schob sich mit einem diffusen blauen Licht über den Horizont. Die Burg schien im Schlamm zu
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