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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes
Autoren: Michael Siefener
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belustigt.
     
    »Er ist mit den Brüdern Suitbertus und Martin nach Volkach gereist, wo er in seiner Eigenschaft als unfehlbarer Hexenschnüffler an einem Zaubereiprozess teilnimmt. Hüte dich vor ihm, wenn du auf ihn triffst. Ihn wirst du nicht so leicht besiegen. Möge die Hölle dich verschlingen.« Erst jetzt spürte Odilo den Schmerz in seiner rechten Hand und bemerkte, dass er die Querbalken seines Brustkreuzes zerbrochen hatte; sie hatten sich in das weiche Fleisch gebohrt und pressten große Blutrubine aus ihm hervor.
     
    »Ich danke Euch für dieses aufschlussreiche und überaus angenehme Gespräch, ehrwürdiger Vater, und auch für Eure wohlgemeinte Warnung. Ich hoffe, dass Ihr nun begreift, wie dumm Eure anfängliche Weigerung war, deren Folgen Ihr Euch selbst zuzuschreiben habt. Da ich annehme, dass Ihr mit dieser Schmach und Sünde nicht mehr weiterleben wollt, werde ich Euch die Gefälligkeit erweisen, Euch und Eure erbarmungswürdigen Brüder vom Antlitz dieser Erde zu tilgen. Möge Euer schwacher Gott Euch aufnehmen – wenn er kann.«
     
    Er drehte sich um und verließ den Kapitelsaal.
     
    Seine dämonischen Schergen machten sich mit Feuereifer an die blutige Arbeit. Danach legten sie an verschiedenen Stellen der Abtei Brände, die die Nacht zum Tag machten.
     
    Nun verging das Kloster selbst in einem alles verzehrenden Weltenbrand.
     
        
     

1. Kapitel
     
    »Was glaubt Ihr, Pater Hilarius«, fragte Bruder Martin, während er sich noch eine Scheibe von dem dicken Brotlaib abschnitt, der zwischen zwei zusammengerollten Würsten auf dem blank gescheuerten Holztisch lag, »wird der schändliche Zauberer sein gottloses Werk freiwillig gestehen?« Er kaute abwechselnd an dem Brot und dem Wurstzipfel, den er neben seinem Weinbecher zurechtgelegt hatte, und spülte mit dem leicht herben, verdünnten Wein nach.
     
    »Dann könnte er vielleicht noch seine Seele retten«, mischte sich Bruder Suitbertus ein, der neben Martin saß und sich gleichermaßen dem Morgenschmaus ergeben hatte. Von seinen Fingern tropfte das Wurstfett, das er sich mit einer kleinen Brotkante abwischte. Danach verschlang er rasch das glänzende Brot.
     
    »Diese verstockte Bande gesteht nie etwas«, erwiderte Pater Hilarius, der den beiden jungen Mönchen gegenübersaß und kaum etwas von dem Frühstück angerührt hatte. »Und ob sich Gott seiner armen, irregeleiteten Seele gnädig erweisen wird, kann niemand wissen. Ich für meinen Teil hoffe, dass dieser Ketzer und Hexer auf ewig in der Hölle schmoren wird.« In seinen Augen brannte ein seltsames Feuer.
     
    Bruder Martin fragte sich nicht zum ersten Mal, warum der im Rufe der Heiligkeit stehende Pater Hilarius kaum je etwas aß und doch einen so gewaltigen Leibesumfang hatte.
     
    Sein langes Gesicht mit den großen Pferdezähnen war zwar in der Tat eingefallen und hager und erinnerte Martin an das eines Geiers, doch seine schwarze Kutte wölbte sich über einem beträchtlichen Bauch, der es seinem Träger kaum möglich machte, nahe genug an den Tisch heranzurücken, um bequem essen zu können.
     
    Plötzlich rammte ihm Bruder Suitbertus den Ellbogen in die Seite und deutete mit einer weiteren Brotkrume in die Mitte des zu dieser Tageszeit noch beinahe leeren Schankraumes.
     
    Dort stand die junge Magd des Wirtes vor einem der Tische, wischte ihn mit einem dreckigen Lappen ab und beugte sich dabei so tief in die Richtung der Mönche, dass der Ausschnitt ihres einfachen, etwas zerknitterten Kleides Ausblicke preisgab, an die der arme Bruder Martin noch nicht gewöhnt war. Es war seine erste längere Abwesenheit aus dem Kloster Eberberg, und die neue Welt, in die er nun hineingeraten war, verwirrte ihn noch sehr.
     
    »Ein hübsches Früchtchen«, zischte Suitbertus, der zwar ein Jahr jünger als Martin war, jedoch auf Botengängen bereits häufiger die Klostermauern hinter sich gelassen hatte.
     
    »Aber mein Bruder«, flüsterte Martin atemlos zurück, »du hegst doch wohl nicht etwa unkeusche Gedanken?«
     
    »Weißt du überhaupt, was unkeusche Gedanken sind?«, gab der andere grinsend zurück.
     
    Die Magd richtete sich wieder auf und lächelte die Mönche an. Martin spürte, wie er rot im Gesicht wurde. Er richtete den Blick ganz fest auf Pater Hilarius und versuchte sich abzulenken. »Wird es gefährlich für uns sein?«, fragte er den Pater.
     
    »Nicht, wenn ihr genau das tut, was ich euch sage«, gab er zur Antwort. »Ihr werdet einen Blick in den
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