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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes
Autoren: Michael Siefener
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sich dem Richter zu. »Glaubt Ihr etwa, dass er auch nur ein einziges Mal eine andere Antwort geben wird? Der böse Feind flüstert ihm immer nur diese drei Worte ein. Vertraut auf meine Erfahrungen; schließlich habt Ihr mich nach Eurem Gutdünken beigezogen.«
     
    »Ich werde mich an Euch wenden, sobald ich Eurer Hilfe bedarf«, sagte der Richter. Eiseskälte schwang in seiner Stimme mit. Dann fuhr er mit dem Katalog der Beschuldigungen fort. Erst als der letzte Punkt verlesen war und der Angeklagte zum letzten Mal »Ich gestehe nicht« gesagt hatte, stand der Richter auf und verkündete: »Hiermit ordne ich die peinliche Befragung des Angeklagten an. Man bringe ihn in die Folterkammer.«
     
    Die beiden Büttel ergriffen den kleinen Mann, zogen ihn vom Stuhl hoch und zerrten ihn mit sich aus dem dunklen Saal. Das Gericht erhob sich, und auch Pater Hilarius war bereits aufgestanden.
     
    Martin sah ein letztes Mal zu den grünen Butzenfenstern hinüber. Er zuckte zusammen.
     
    Ihm war, als habe er einen riesigen, schwarzen Schemen hinter ihnen gesehen. Und ihm war, als höre er ein fernes, böses Lachen.
     
      
    Fackeln brannten an den Wänden des unterirdischen Gewölbes. Martin war noch nie in einem solch unheimlichen Raum gewesen. Natürlich gab es auch im Kloster finstere Keller, in deren Schatten es raschelte und huschte, doch hier herrschte eine völlig andere Atmosphäre. Hier waren es nicht die ungewissen Dinge, die Furcht erweckten, sondern die gewissen, die klar und deutlich zu sehenden: das Streckbrett, der Folterstuhl mit den unzähligen Nägeln auf der Sitzfläche, die unscheinbare Rolle an der Decke, über die das Seil gelegt war, an dem der Angeklagte nun mit noch immer auf den Rücken gebundenen Händen hochgezogen hing, sodass es ihm die Schultern auskugelte, die vielen Bein und Daumenschrauben, die noch auf ihren Einsatz warteten, die säuberlich auf einem kleinen Tisch neben der Tür aufgereihten Mundbirnen in verschiedenen Größen und einige Instrumente, deren Gebrauch er nicht aus den Erklärungen erraten konnte, die ihm Pater Hilarius bereits im Kloster gegeben hatte.
     
    Dem Angeklagten, an dessen Namen sich Martin schon nicht mehr erinnerte, waren die Marterinstrumente gezeigt worden, aber auch das hatte ihn nicht zum Reden gebracht. Daraufhin hatte Pater Hilarius angeordnet, dass er aufgezogen werden sollte. Man hatte ihm einen schweren Steinklotz an die Beine gebunden, und jetzt zerrten die beiden Büttel heftig an dem Seil, das dem Zauberer die Arme hinter dem Rücken hochriss. Der Nachrichter, dem die Folterung eigentlich oblag, stand stumm und mit finsterer Miene daneben. Er mochte es offensichtlich nicht, wenn man sich in seinen Aufgabenbereich einmischte.
     
    Die Schreie des Zauberers waren markerschütternd.
     
    »Gestehst du nun endlich deine Schandtaten?«, rief Pater Hilarius.
     
    Um ihn herum standen der Richter und die Schöffen. Der Notar hielt sich etwas abseits. Es gab kein Geständnis, das er hätte aufschreiben können. Außer den Schreien gab der Angeklagte nichts von sich.
     
    Pater Hilarius wandte sich Bruder Martin zu und murmelte: »Der Teufel hat ihn verstockt.«
     
    »Man muss ihm nur noch ein paar Gewichte an die Beine hängen«, brummte der Nachrichter und überkreuzte die Arme vor dem ausladenden Brustkorb.
     
    »Nehmt ihn ab«, befahl der Pater stattdessen.
     
    Der Nachrichter zog ein grimmiges Gesicht, machte aber keine Einwände. Die Büttel ließen das Seil gleichzeitig los, sodass der Zauberer mit einem heftigen Schlag auf den Boden prallte. Sein Schreien ging in ein Röcheln über.
     
    Pater Hilarius kniete sich neben ihn und sagte: »Du solltest jetzt besser gestehen, denn auf der nächsten Folter wirst du dich nach der vergangenen zurücksehnen wie nach einem lauen Sommerabend.« Martin sah, wie der gekrümmt am Boden liegende Mann den Kopf schüttelte.
     
    Dann wurde er auf den Nagelstuhl gesetzt, und gleichzeitig legte man ihm Bein und Daumenschrauben an. Blut quoll unter den Fingernägeln und aus den Schienbeinen hervor. Er schrie, wimmerte, heulte, aber er sagte noch immer nichts. Erst als alle Schrauben ein weiteres Mal angezogen wurden, rief der Angeklagte: »Halt! Ich gestehe!«
     
    Sofort befahl Pater Hilarius den Schergen, die Schrauben zu lösen und den Zauberer auf einen gewöhnlichen Stuhl zu setzen. Dann stellte er sich vor den Geschundenen und fragte: »Bist du nun bereit, deine schändlichen Taten zur höheren Ehre Gottes zu
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