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Der Schreibcoach

Der Schreibcoach

Titel: Der Schreibcoach
Autoren: Ingrid Glomp
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zementiert, die längst überholt sein sollten.
    Was meine ich damit? Nun, wenn von Chefs die Rede ist, was sehen Sie vor sich? Vermutlich (nur) Männer. Stimmt’s? Ebenso bei Chirurgen, Regisseuren oder Astrophysikern. Obwohl sich in allen diesen Gruppen auch Frauen finden lassen. Und langsam werden es mehr. Wobei das vielleicht schneller ginge, wenn die Sprache nicht althergebrachte Vorstellungen unterstützen würde.
    Stellenanzeigen müssen „geschlechtsneutral“ formuliert sein.Und im Bundesgleichstellungsgesetz steht in § 1 (2):
    „Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck bringen. Dies gilt auch für den dienstlichen Schriftverkehr.“
    Doch genug theoretisiert. Wie lässt sich das in der Praxis umsetzen?
    Die Quadratur des Kreises
    Beiden Geschlechtern in Texten gerecht zu werden, bedeutet in der Regel, den Eindruck zu vermeiden, das Geschriebene richte sich vorwiegend an Männer und die Akteure seien hauptsächlich männlichen Geschlechts.
    Lesern gerecht zu werden, bedeutet, klar, einfach und lebendig zu formulieren.
    Beides zu verbinden, gleicht häufig der Quadratur des Kreises. Viele kluge Menschen haben sich über dieses Problem Gedanken gemacht, denn speziell in der deutschen Sprache ist es gar nicht so einfach, sich geschlechtergerecht (oder auf Neu-Deutsch: gendergerecht) auszudrücken. Außerdem fällt es schwer, eindeutig festzulegen, welche Formulierungen sexistisch sind. Vieles ist Ansichts- und Geschmackssache.
    Deshalb kann ich Ihnen in diesem Kapitel keine klaren Regeln an die Hand geben. Stattdessen werde ich eine Reihe von Möglichkeiten aufzeigen und dabei jeweils offen sagen, wie ich darüber denke. Entscheiden müssen Sie dann selbst.
    Es gibt keine Patentrezepte
Der gerechteste und korrekteste Weg, dieses Problem zu lösen, besteht darin, Männer und Frauen anzusprechen, etwa „Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer“, oder in anderer Form beide Geschlechter zu nennen, etwa „Die deutschen Ärztinnen und Ärzte fordern mehr Geld“. Neben dem Kauf- und dem Feuerwehrmann erwähnen Sie auch die Kauf- und die Feuerwehrfrau.
Das wird jedoch bei einem umfangreichen Text schnell mühsam für den Schreiber beziehungsweise die Schreiberin und schwer verdaulich für Leserinnen und Leser.Die Tatsache, dass permanent beide Geschlechter genannt werden, drängt sich so in den Vordergrund, dass für den eigentlichen Inhalt kaum Aufmerksamkeit übrig bleibt.
Eine Möglichkeit, das Ganze etwas zu verkürzen, und früher geradezu ein Markenzeichen der Tageszeitung taz, ist das sogenannte Binnen-I wie in „PolitikerInnen“ und „WählerInnen“. Andere Schreibweisen sind „Politiker/innen“ oder „Politiker(innen)“.
Doch auch diese stören den Lesefluss auf die Dauer. Sie bringen Monster hervor wie die „B(a)äuerInnen“ oder „Erklärung des/der Antragsteller(s)/in“ oder „sein(es)/er bzw. ihr(es)/er gesetzlichen Vertreter(s)/in“. Und sie eignen sich nicht zum Vorlesen.
    Ein Problem mit der Anwendung der weiblichen Versionen besteht darin zu entscheiden, wie konsequent man dabei vorgehen will, wo man oder frau die Grenze zieht. Reicht es, Vorurteile aufzuweichen, indem man Astronautinnen und Astronauten, Komponisten und Komponistinnen erwähnt? Oder soll man es auf die Spitze treiben und die weibliche Form wirklich immer bilden? Dann müssten Sie auch „der Mensch“ und „die Menschin“ schreiben.
Titel und Anreden bereiten ebenfalls unter Umständen Schwierigkeiten. So habe ich in den Vorschlägen der UNESCO zu diesem Thema die Empfehlung gefunden, zu sagen und zu schreiben „Frau Professorin Müller“ und „Frau Doktorin Meier“. (Ich bin an die (formellen) Anreden Frau Glomp oder Frau Doktor Glomp gewöhnt. Frau Doktorin Glomp würde mich verstören. Und diese Version ist nach meiner Erfahrung auch nicht üblich.)
Anders verhält es sich mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel oder anderen Ämtern und den entsprechenden Anreden wie „Justizministerin“. Beim Schreiben können Sie sich im Hinblick auf Titel natürlich mit „Frau Prof. Müller“ oder „Frau Dr. Meier“ aus der Affäre ziehen.
Die allgemeine Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ ist inzwischen mit Recht Selbstverständlichkeit, denn bei „Sehr geehrte Herren“ fühle ich mich als Frau beim besten Willen nicht mitgemeint.
!
Apropos Anrede: Wenn Sie einen englischen Brief oder eine formelle englische E-Mail
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