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Camel Club 02 - Die Sammler

Titel: Camel Club 02 - Die Sammler
Autoren: David Baldacci
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    KAPITEL 1
     
    Roger Seagraves verließ das Capitol nach einem interessanten Meeting, das wenig mit Politik zu tun hatte. Am Abend saß er allein im Wohnzimmer seines bescheidenen Vorstadthauses und traf eine wichtige Entscheidung. Er musste jemanden töten, und dieser Jemand war ein sehr bedeutendes Ziel. Doch für Seagraves war diese Aufgabe nicht beängstigend oder gar erschreckend, sondern eine lohnende Herausforderung.
    Am nächsten Morgen fuhr er in sein Büro im nördlichen Virginia. Als er an seinem Schreibtisch in dem kleinen, vollgestopften Raum saß, der genauso aussah wie die anderen Zimmer zu beiden Seiten des Flurs, fügte er im Geiste die kritischen Teile der anstehenden Aufgabe zusammen und kam zu dem Schluss, dass er die Sache keinem Dritten anvertrauen durfte, sondern selbst in die Hand nehmen musste. Seagraves hatte zuvor schon getötet, sehr oft sogar. Der einzige Unterschied war, dass er es diesmal nicht für seine Regierung tun würde, sondern für sich selbst.
     
    Die nächsten beiden Tage verbrachte er mit sorgfältiger Planung, die er in die Erledigung seiner täglichen Pflichten einflocht. Die drei unumgänglichen Gebote seiner Mission waren ihm in Fleisch und Blut übergegangen.
    Erstens: Mach die Sache nicht zu kompliziert.
    Zweitens: Sei auf jede Eventualität vorbereitet.
    Drittens: Gerate niemals in Panik.
    Regel zwei und drei waren schon deshalb wichtig, falls der Plan nicht aufging, was durchaus geschehen konnte.
    Es gab noch eine vierte Regel, an die Seagraves sich stets gehalten hatte, die aber eher allgemeiner Natur war: Mach dir zunutze, dass die meisten Dummköpfe sind, wenn es um Wichtiges geht, zum Beispiel ihr Überleben.
    Roger Seagraves war zweiundvierzig, ledig und kinderlos. Eine Frau und Nachwuchs hätten seine unorthodoxe Lebensweise komplizierter gestaltet. Im Rahmen seiner bisherigen Tätigkeit für die Regierung war er um die halbe Welt gereist und hatte immer wieder falsche Identitäten angenommen. Zum Glück war es im Computerzeitalter erstaunlich einfach, in die Rolle eines anderen zu schlüpfen. Ein paar Anschläge auf der Tastatur des Dell-PC, schon summte irgendwo in Indien ein Server, und aus einem Laserdrucker schob sich ein neues Ich mit allem offiziellem Drumherum und einem ausreichenden Kreditrahmen.
    Seagraves konnte sich fast alles, was er brauchte, auf einer Internetseite besorgen, für die er ein sorgsam gehütetes Passwort benötigte. Diese Internetseite war eine Art Supermarkt für Mord & Totschlag, die Seagraves’ kriminelle Kunden manchmal »EvilBay« nannten. Dort konnte man praktisch alles erwerben, von erstklassig gefälschten Ausweisen und gestohlenen Kreditkartennummern bis hin zu den Diensten professioneller Mörder oder Waffen nicht nachvollziehbarer Herkunft, wenn man den Mord selbst begehen wollte. Normalerweise erwarb Seagraves das benötigte Material von einem Händler, mit dem 99 Prozent seiner Kunden zufrieden waren und der eine Geld-zurück-Garantie anbot. Auch Killer legen Wert auf Qualität.
    Roger Seagraves war groß, gut gebaut und gut aussehend mit seinem dichten, gewellten Blondhaar. Oberflächlich betrachtet wirkte er sorglos und lässig mit seinem ansteckenden Lächeln. Praktisch jede Frau warf ihm einen zweiten Blick zu, und mancher neidische Mann ebenfalls – ein Umstand, den Seagraves oft zu seinem Vorteil nutzte. Wenn man jemanden ermorden oder betrügen muss, sollte man die Mittel, über die man verfügt, so effektiv wie möglich einsetzen. Das hatte Seagraves bereits in Diensten der Regierung gelernt. Obwohl er im Prinzip noch immer für die Vereinigten Staaten tätig war, arbeitete er auch für sich selbst. Seine offiziellen Pensionsansprüche reichten bei weitem nicht, um ihm den angenehmen Ruhestand zu ermöglichen, den er seines Erachtens verdient hatte, nachdem er so viele Jahre sein Leben für die rot, weiß und blau gestreifte Flagge riskiert hatte. Wobei sie für ihn hauptsächlich rot wie Blut gewesen war.
    Am dritten Nachmittag nach seinem erleuchtenden Besuch im Capitol veränderte Seagraves sorgsam seine Gesichtszüge und zog sich mehrere Kleidungsstücke über. Als es dunkel wurde, fuhr er mit einem Van in die exklusiveren Ausläufer des nordwestlichen District of Columbia, wo auf den Grundstücken der Botschaften und der protzigen Villen bis an die Zähne bewaffnete Wachleute patrouillierten.
    Seagraves parkte auf dem Hinterhof eines Gebäudes gegenüber von einem exklusiven Club, der in einem
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