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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg
Autoren: Richard Gordon
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Selbstmitleid. «Ich war immer zu eifrig, zu impulsiv, zu wenig überlegt, was Frauen betrifft. Nicht wahr?» fragte er lahm.
    «Nein, das würde ich nicht sagen, Graham.» Sie stellte ihr leeres Glas nieder. «Du hast natürlich die Frauen gern. So gern, daß du sie mit dir tun läßt, was sie wollen.»
    «Vielleicht ist das das einzige, was mich für sie sehr attraktiv macht?»
    Nach einer Pause sagte sie: «Es tut mir leid, Graham. Du hast dir da eine schöne Suppe eingebrockt, nicht?»
    «Ich bin so lange nicht geschlagen, bis das General Medical Council sein Urteil abgibt. Ich werde darum kämpfen. Es ist alles lächerlich altmodisch, der ganze Begriff medizinischer Ethik. Aber das Am-Pranger-Stehen, das widerstrebt mir so.» Er schüttelte sich. «Alles, was zwischen mir und Stella vorgefallen ist, wird hervorgezogen und in der Öffentlichkeit vorgeführt werden, als wäre ich ein Verbrecher auf der Anklagebank des Old Bailey.»
    «Was ist, wenn du wirklich suspendiert wirst?»
    «Weiß Gott! Vermutlich gehe ich als gemeiner Soldat in die Armee.»
    «Wenn ich dir helfen kann, Graham... Ich habe ein klein wenig Geld, das Robin hinterlassen hat, zum Großteil...»
    «Reden wir nicht über so düstere Dinge.» Er stand plötzlich auf. «Wir werden ohnehin wahrscheinlich alle bald zum Himmel geschleudert werden, das General Medical Council und alles andere.» Es fiel ihm plötzlich ein, daß er unter seinem Morgenrock nackt war. Wenn der Luftschutzwart vorbeikäme? Es würde furchtbar kompromittierend aussehen.
    «Ich muß mich jetzt anziehen, aber bleib doch zum Mittagessen», lud er sie ein. «Ich nehme an, es ist irgend etwas im Kühlschrank.»
    Als er in seinem Wochenendanzug aus Tweed herunterkam, briet Edith, in der Schürze der Köchin, ein Huhn. Schließlich, erklärte sie, müsse man sogar im Krieg essen. Er deckte den Eßzimmertisch, was er seit seinen Vororttagen in Primrose Hill nicht getan hatte, und fand es höchst vergnüglich. Das Telefon läutete.
    «Mr. Trevose am Apparat.»
    «Einen Augenblick. Der Controller will Sie sprechen.»
    Das Mädchen ließ ihn in verblüfftem Schweigen zurück. Kontrolle wovon? Controller - war das nicht ein Teil einer Maschine? Vielleicht hatte das Mädchen die falsche Nummer, und irgendein wesentlicher Teil eines Panzers oder einer Flakbatterie...
    «Mr. Trevose? Wir waren enttäuscht, daß Sie nicht um zwölf Uhr im Ministerium waren.»
    «In welchem Ministerium?» fragte er unschuldig.
    «Im Gesundheitsministerium natürlich. Sie haben doch sicher alle Dokumente?»
    «Meine Sekretärin ist in letzter Zeit gar nicht mehr zurechtgekommen.»
    «Es hatte größte Dringlichkeit», sagte der Controller beleidigt. «Nun, vielleicht war es nicht zu ernst. Die Besprechung wurde in letzter Minute abgesagt und wird statt dessen morgen mittag stattfinden.»
    Graham bedankte sich. Er ging in den Keller, um eine Flasche Wein zu holen. Da er das Gefühl hatte, daß Rheinwein an einem solchen Tag fehl am Platz sei, brachte er eine Flasche Champagner herauf. Es sollte ein Fest werden.
    Sie beendeten ihr Mittagessen um drei Uhr nachmittag und tranken wieder Kognak. Sie hatten so viel von den alten Tagen in Hampstead gesprochen, daß Graham plötzlich vorschlug, sie sollten sich das Haus des Professors ansehen. Desmond hatte den Wagen nach Dorset gefahren, aber sie konnten ja die Untergrundbahn nehmen wie früher. Jedenfalls wäre die Untergrundbahn günstig, falls die Deutschen nach ihrem Mittagessen zurückkämen. Rot im Gesicht und kichernd stimmte Edith zu. Er gab ihr die Gasmaske der Köchin, und sie zogen los, die eckigen Kartons baumelten von ihren Schultern. Edith sagte, sie könnten sonst ins Gefängnis kommen.
    Graham hatte sein altes Heim seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Seine Stiefmutter war dahingegangen, um den Professor im Himmel zu suchen, und Sibyl war nach Southsea gegangen, um einen Mann zu suchen. Das Haus sah recht gepflegt aus, doch war der Garten asphaltiert und eine schäbige Garage aufgestellt worden. Eine Klingelreihe neben dem vertrauten Eingangstor sagte ihm, daß das Haus in mehrere Wohnungen unterteilt worden war. Das deprimierte ihn. Er kam sich vor wie der Geist Heinrichs VIII., der zurückkehrte und die Massen über Hampton Court schwärmen sah. Sie standen innerhalb des Gartentors, zeigten einander die Fenster und erinnerten sich an die Zimmer und manchmal an Dinge, die darin geschehen waren. Das Schlafzimmer des Professors, fiel Graham ein, lag
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