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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg
Autoren: Richard Gordon
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Meinung von der Intelligenz der Menschheit im großen und ganzen. Der Krieg ist da, und wir müssen unser Bestes tun. Wir brauchen jedes Paar geschickte Hände, das wir bekommen können.» Er griff nach einem rotverschnürten Bündel, das, wie Graham bemerkt hatte, seine untadelige Jacke bauschte. Er warf es nachlässig auf den Tisch und fügte hinzu: «Das sind die Unterlagen, die ich über Ihre Tätigkeit gesammelt hatte, Trevose. Vielleicht wollen Sie sie in Ihrem eigenen Interesse durchsehen. Ich werde sie nicht an das General Medical Council senden. Ich glaube, die Sache ist damit erledigt.»
    Graham bemühte sich, seinen Ausdruck nicht zu ändern. Er hob das Bündel auf und sah es an, als wäre es völlig nebensächlich. Haileybury fixierte ihn mit blassen blauen Augen.
    «Sie hatten bis zu einem gewissen Grad recht mit dem, was Sie neulich sagten, Trevose. Ich beneide Sie nicht um Ihren Reichtum. Ich beneide Sie nicht um Ihre Praxis unter berühmten und schicken Leuten. Ich beneide Sie nicht um Ihre Gewandtheit im Verkehr mit der eleganten Welt. Aber ich beneide Sie um Ihre Geschicklichkeit. Ich mußte fleißig sein, mich anstrengen, meine eigenen Fähigkeiten bis zum äußersten strecken, um nur die Hälfte dessen zu erreichen, was Ihnen so leicht gelingt. Das habe ich immer beneidet. Schon als wir für den Sarazenen arbeiteten. Ich war nie Manns genug, es Ihnen gegenüber zuzugeben. Nicht einmal mir selbst gegenüber.»
    Diese trockene Beichte berührte Graham höchst unangenehm. Es war, als hätte Haileybury seine großartigen neuen Uniformhosen in aller Öffentlichkeit ausgezogen.
    «Ich selbst habe sehr vieles an Ihrer Arbeit bewundert», sagte Graham.
    Haileybury schien das als unglaubwürdige Floskel abzutun. Er nahm seinen Trenchcoat und sagte: «Ich nehme an, wir werden einander in den kommenden Monaten recht häufig sehen, Trevose.»
    «Ja, das nehme ich auch an.» Warum, in Gottes Namen, fragte sich Graham.
    «Sie werden wohl dem Notärztedienst beitreten? Das Ministerium scheint Ihre Einheit etwas spät behandelt zu haben.»
    «Ich weiß nicht, was ich tun werde. Was man mir sagt, wie jeder andere auch, denke ich.»
    «Ein ausgezeichneter Grundsatz.» Haileybury hielt inne, mit einem Arm im Ärmel seines Mantels. «Übrigens, Sie brauchen Raleigh doch nicht mehr?»
    Graham blickte auf. «Nein, die Partnerschaft wurde vor Monaten gelöst.»
    «Das weiß ich. Aber wenn Sie ihn als Ihren Assistenten im Notärztedienst gewollt hätten, hätte ich ihn in Zivil belassen. Sonst wird er zur Sanitätsinspektion einberufen.»
    Graham schnippte die Asche von seiner Zigarette. «Nein, ich brauche ihn gar nicht. Berufen Sie ihn nur ein, wenn Sie wollen. Er wird einen ausgezeichneten Militärarzt abgeben, vermute ich. Er hat nie einen Befehl angezweifelt.»
    «Gut, Trevose.» Auf der Schwelle salutierte Haileybury. Graham sah draußen einen graubraunen Wagen mit einem uniformierten Mädchen am Steuer. «Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, rufen Sie mich bitte im Kriegsministerium an. Zimmer zwei-sechs-drei.»
    «Danke.» Graham hegte den Verdacht, daß die Einladung weniger einer Freundlichkeit als der Versuchung entsprang, Autorität zu demonstrieren. Das Mädchen in der Uniform des Auxiliary Territorial Service öffnete den Wagenschlag und salutierte. «Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, würde ich vermeiden, Miss Garrod mehr als unbedingt notwendig zu sehen. Es sah recht schwarz für Sie aus, glauben Sie mir.»
    «Wen ich sehe oder nicht sehe, ist ausschließlich meine Sache.»
    Haileybury lächelte kalt. «Ach, Trevose, Sie ändern sich nie.»
    Er stieg in den Wagen. Das Mädchen, das, wie Graham auf fiel, bemerkenswert häßlich war, ließ die Hand fallen und kletterte hinter das Lenkrad. Als der Wagen die Queen Street hinunterfuhr, konnte er Haileybury im Fond sitzen sehen, steif wie ein Totempfahl.
    Graham ging ins Haus zurück und warf die Tür zu. Seine Gefühle waren sehr gemischt. Erleichterung - unglaubliche Erleichterung; er würde also doch nicht ruiniert werden. Zorn, Dankbarkeit und schwärzeste Undankbarkeit Haileybury gegenüber. Er konnte sie nur dadurch ausdrücken, daß er sich aufs Sofa setzte und beinahe hysterisch lachte. Er lachte immer noch, als Edith Minuten später erschien.
    «Graham, Liebling!» Sie war beunruhigt. «Was ist so lustig?»
    «Oh, nichts Besonderes.» Er wischte mit dem Taschentuch über seine Augen. Es wäre zu anstrengend, ihr Einzelheiten zu sagen. Es könnte
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