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Der Schneekönig

Der Schneekönig

Titel: Der Schneekönig
Autoren: Astrid Martini
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trug.
    Am Morgen des siebten Tages wachte sie neben ihm auf. Den Geschmack seiner Küsse noch auf den Lippen dachte sie wohlig an die vielen Male, in denen ihr Körper mit dem seinen verschmolzen war. Doch sie wollte mehr. Viel mehr. Alles. Wollte sein Herz gewinnen, ihn niemals mit einer anderen Frau teilen müssen, sondern mit ihm leben als Mann und Frau. Als Paar – für immer und ewig! Egal wo! Amelie seufzte. Dieser Wunsch kam ihr als schiere Illusion vor. Louis war kein Mann für die Liebe. Das hatte er immer wieder betont, auch während ihrer gemeinsamen Stunden.
    „Woran denkst du?“ Seine Stimme, ganz nah an ihrem Ohr, weckte sie aus ihren Gedanken. „Ich habe gerade darüber nachgedacht, wie vertraut wir uns in der kurzen Zeit geworden sind. Wir liegen hier zusammen, als sei es das Normalste auf der Welt. Wir ... nun ... ich meine ...“ Sie stockte.
    „Ja?“
    „Ach, nichts.“
    „Wirklich nichts?“
    „Wenn du dir die Zukunft malen könntest, wie würde dein Bild aussehen?“ „Darüber möchte ich weder nachdenken noch sprechen.“ „Warum?“ „Weil das Bild in der Realität keine Chance hätte.“
    „Hm.“
    Amelie spürte seinen nachdenklichen Blick auf sich ruhen. Sie schielte zu ihm hinüber. Er wirkte nachdenklich und auf eine seltsame Art geistesabwesend, so als forschte er tief in seinem Innersten nach. Wieder einmal stellte Amelie erstaunt fest, wie sehr sie ihn unterschätzt hatte. Nie hätte sie geglaubt, dass dieser Mann, der so arrogant und leichtsinnig sein konnte, zu tiefster Ernsthaftigkeit fähig war. Diese Erkenntnis entflammte ihr Herz für ihn noch mehr.
    Nach einer langen Pause räusperte er sich endlich. „Amelie, ich will ehrlich zu dir sein.“ Ihr Herz setzte für einen Moment aus. Schon sein Tonfall alleine brachte Amelies geheime Hoffnungen zum Schrumpfen. Sanft umfasste er ihre Wangen und zwang sie auf diese Weise, ihn direkt anzusehen.
    „Lass es mich auf den Punkt bringen, Amelie! Nun ... ich ... ich kann und will nicht leugnen, dass du mich tief im Inneren auf eine Weise berührt hast, wie es bisher keiner Frau gelungen war. Dennoch will ich nicht von Liebe sprechen, will dir auch nicht irgendwelche Hoffnungen oder Versprechungen machen, die sich zu guter Letzt dann sowieso wie Schaumblasen auflösen. Ich kann es ja selbst kaum begreifen, was du in mir ausgelöst hast. Es fällt mir schwer, meine Gedanken und Gefühle richtig einzuordnen – und auch richtig danach zu handeln.“ Er stöhnte gequält auf. „Du siehst, ich schaffe es nicht einmal, mich deutlich auszudrücken. Kurzum: Ich bin kein Mann, der liebt!“ Wieder machte er eine Pause. „Eines musst du mir aber glauben, Amelie, du bist eine ganz besondere Frau.“
    „Das ist schön zu hören, auch wenn es mich und meinen Bruder nicht retten wird. Aber auch ich will ehrlich zu dir sein: Ich habe mich unsterblich in dich verliebt, und daran wird sich nichts ändern, egal was passiert. Das aber soll alleine mein Problem sein.“
    Er nickte, zog sie noch einmal kurz in seine Arme und erhob sich.
    „Wenn es einen Weg gäbe, den Fluch des ewigen Eises – den ich einst beim Tod meiner Mutter aussprach – zu bannen, ich würde es tun. Doch leider gibt es nur diesen einen Gegenzauber, und Liebe obliegt nicht meiner Natur.“
    „Ich weiß.“
    Am Abend des siebten Tages stand sie hoch oben auf den Zinnen des Schlosses. Frisch, eisig und doch sanft strich die Luft über ihre Haut, brachte ihr den süßen Duft der Eisrosen. Sie blickte zum Himmel, sah die Sterne klar und leuchtend. Sah den silbernen Doppelmond, dessen Strahlen sich erschreckend schnell zur See zu neigen begannen. Dieser letzte Abend umhüllte sie, schmiegte sich enger an sie, und sie öffnete die Arme, streckte sie weit aus, wuchs, verschmolz mit dem üppigen Duft, mit der Weite der Nacht, mit dem Moment, und wünschte sich nur eines herbei: Den Stillstand der Zeit, bis die ersehnten Worte über seine Lippen quollen, von denen er wusste, wie dringend sie vonnöten waren.
    Es begann zu schneien. Zarte Flocken setzten sich auf ihre Nasenspitze, netzten ihre brennenden Lippen, verschleierten den Blick.
    „Und wenn das Licht der Silbermonde den Eissee küsst, wenn der purpurfarbene Horizont sich in eisiges Blau verwandelt, werden sich deine Lider für immer schließen und sowohl du, als auch dein Bruder werden für immer vereint mit dem ewigen Eis.“
    Sie hatte die Stimme der Schneekönigin noch genau im Ohr. Diese Worte, die sie mit einem
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