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Der Schmetterlingsthron

Der Schmetterlingsthron

Titel: Der Schmetterlingsthron
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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Happen zu essen. Also kein Wort mehr von mir, bis ich etwas gegessen habe.«
    Vanora zeigte Jorian den Weg zur Küche und schwatzte dem Koch ein Stück Brot und einen Krug Bier ab. Mit vollem Mund berichtete Jorian von seinen Erlebnissen in Mulvan und Shven.
    Zwei Stunden später hielt er inne. »Die Zeit vergeht, und ich erzähle von meinen unwichtigen Taten! Fast jeder Versuchung vermag ich zu widerstehen – nur nicht der Einladung zum Reden. Ich glaube, das Programm ist bald zu Ende, und ich muss zu meinem Herrn.«
    »Bist du wirklich Karadurs Lehrling?«
    »Nein, obwohl ich hier beim Konklave feststellen will, ob mir der Zaubererberuf gefällt. Aber ich weiß nicht, ob mich die Vorteile der Zauberei dazu bewegen könnten, die Frauen aufzugeben.«
    »Indem er aller Fleischeslust entsagt, kann der geschickte Zauberer sein Leben auf das Zwei- oder Dreifache der normalen Länge bringen so sagt jedenfalls Goania.«
    »Vielleicht wirkt so ein Leben aber nur zwei- oder dreimal so lang – ohne Wein und Frauen.«
    Vanora sah ihn seltsam an. »Gerade über solche Dinge wollte ich vertraulich mit dir …«
    »Verzeih, mein liebes Fräulein, aber ich muss jetzt wirklich los. Ich bin noch ganz verschwitzt von der Reise und muss mich frischmachen vor dem Essen.«
    Er stand auf und entschuldigte sich. Zimmer 23 war ein kleiner Doppelraum mit Wohnzimmer und Schlafkammer mit zwei schmalen Bettstellen. Karadur war schon hier gewesen, musste jedoch schon wieder unten sein. Jorian wusch sich, trimmte seinen Bart, zog sein einziges sauberes Hemd an, versuchte seine zertretenen Stiefel zu polieren und kehrte in den Ballsaal zurück.
    Dort war inzwischen die Diskussion über die Unsichtbarkeit im Gange. Die Teilnehmer der Gesprächsrunde beantworteten Fragen aus dem Publikum.
    »Die totale Unsichtbarkeit«, sagte einer der Sprecher gerade, »hat den Nachteil, dass auch die anwendende Person geblendet wird, denn es besteht ja keine Wechselwirkung mehr zwischen den sichtbaren Lichtstrahlen und der Substanz der menschlichen Augen. Ich dachte, dies wäre allen Lehrlingen bekannt. Totale Unsichtbarkeit ist also nur für extreme Notsituationen, in denen sich der Betroffene dann auf seine anderen Sinne verlassen muss, um die Position seines Gegners zu erfassen. Lässt man die Augäpfel jedoch sichtbar, kann man sich in aller Ruhe umtun, vorausgesetzt, man hält Abstand zum nächsten Beobachter, damit die Augen nicht gesehen werden …«
    Jorian suchte nach Karadur, konnte ihn jedoch nicht finden. Die vielen Zauberer mit spitzen Hüten waren sich von hinten zum Verwechseln ähnlich, und Karadur saß nicht an seinem alten Platz. Jorian begann am Rande des Saals entlangzugehen, um die Gesichter der Sitzenden von der Seite her zu mustern. Dabei stand er plötzlich Boso gegenüber.
    »Du!« flüsterte der Aufpasser und griff nach seinem Schwert. »Ich müsste dich eigentlich …«
    »Benimm dich, Boso!« sagte Jorian.
    »Ach, du kannst mich mal. Du musst dich benehmen, oder ich …«
    »Psst!« zischten mehrere Zauberer stirnrunzelnd.
    Boso beruhigte sich, und Jorian setzte seine Suche fort. Schließlich fand er Karadur auf der anderen Seite des Saals, die spitze Kappe auf dem Kopf, den Turban im Schoß. Die Zauberin Goania saß neben ihm. Leise setzte sich Jorian zu den beiden.
    Das Rundgespräch war vorbei. Als Aello die Sitzung für geschlossen erklärte, erhoben sich viele Zuschauer und streckten die Glieder.
    »Was nun?« fragte Jorian.
    »Es gibt jetzt einen Aperitif in der Bibliothek«, sagte Karadur. »Aber ich trinke keinen Alkohol und möchte mich bis zum Essen hinlegen. Warum begleitest du nicht Goania?«
    »Großartiger Gedanke!« sagte Jorian. »Werte Goania, gewährt Ihr mir die Ehre?«
    »Noch etwas«, sagte Karadur. »Nun musst du deine Zunge ganz besonders im Zaum halten.«
    »Ich werd’s versuchen«, erwiderte Jorian.
    In der Bibliothek kostete Jorian würzigen Wein und kaute Salzfischchen und Kekse, während Goania ihn zahlreichen Zauberern, Hexen, Geisterbeschwörern und anderen Praktikanten magischer Künste vorstellte. Bald verlor er die Übersicht über Namen und Gesichter.
    In einer Gesprächspause fragte er die Zauberin: »Wie kommt Vanora mit Boso aus?«
    »Oh, sie haben sich gestern schrecklich gestritten und reden heute nicht miteinander, aber so sind sie nun mal. Morgen ist bestimmt alles vergessen.«
    »Vanora machte den Eindruck, als sei sie nicht glücklich mit ihm. Immerhin ist sie einigermaßen intelligent, was
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