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Der Schlitzer

Der Schlitzer

Titel: Der Schlitzer
Autoren: Jason Dark
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und Ketten, und ich war wie ein geistiger Flugkörper, der in die Unendlichkeit hineindüst. Ich erlebte mein eigenes Ich, wenn Sie verstehen, aber wahrscheinlich nicht.«
    »Da könnten Sie recht haben, Freeman. Ich denke da mehr an die tote Frau auf dem Friedhof. Die ist durch Sie umgekommen. Es war ein unnötiger, ein schlimmer, ein bizarrer Mord, wobei schon jeder Mord zuviel ist, der aber war es besonders. Da kann man nicht von einem Bewußtsein sprechen, zum Teufel!«
    Er lachte, und sein Gelächter hallte durch den Keller. Es bekam sogar einen metallischen Klang, als es von den Außenseiten des Tanks widerhallte. Konnte auch sein, daß ich es mir nur einbildete, doch den Grund für dieses Gelächter fand ich nicht heraus. Den erklärte er mir, als er das Lachen stoppte.
    »Sie haben vorhin den Teufel erwähnt. Das war gut, sehr gut sogar. Ich will nicht sagen, daß ich mit dem Teufel im Bunde stecke, ich glaube weder an ihn noch an Gott, nein, aber schon in Goethes Faust wurde doch gesagt: zwei Seelen stecken, ach, in meiner Brust. Und darauf sollten wir uns konzentrieren. Auch in Ihrer, Sinclair. Denken Sie an die beiden biblischen Begriffe wie Gut und Böse, die akzeptiere ich nämlich, sie gefallen mir vom sprachlichen und auch vom Hintergrund besser als Gott und Teufel. Bleiben wir also bei Gut und Böse. Normalerweise ist es nicht zu trennen. Es vereinigte sich in der menschlichen Seele. Es gibt Tage, wo einmal das Böse stärker ist, dann wiederum hat das Gute die Oberhand gewonnen. Mal hassen sie bestimmte Menschen, mal denken sie daran, welche zu lieben, mal ist es ihnen egal. Aber es ist wohl nie oder nur selten gelungen, die beiden Dinge voneinander zu trennen.«
    »Einspruch!« sagte ich. »Denken Sie doch nur an die psychiatrischen Kliniken.«
    »Das ist etwas anderes. Da hat die Natur nicht richtig gehandelt. Da ist deren Mathematik durcheinandergewirbelt worden. Ich spreche hier von anderen Dingen. Ich meine es bewußt. Es ist nicht gelungen, diese Trennung bewußt durchzuführen. Können Sie mir jetzt folgen?«
    »Ich versuche es.«
    »Danke.« Er grinste scharf. »Aber ich habe es geschafft, Sinclair. Ja, ich bin derjenige gewesen, der die zwei Seelen, die in seiner Brust wohnen, auseinanderdividiert hat.«
    »Ja«, sagte ich, »Sie haben also in dieser Zeit, in der Sie im Wasser gelegen haben, alles geschafft, was man sich so erträumte. Sie sind zu einer zweigeteilten Persönlichkeit geworden, habe ich das richtig verstanden?«
    »Im Prinzip schon. Mein Körper lag im Wasser. Völlig ruhig, völlig entspannt, aber mein Bewußtsein ging auf Wanderschaft. Und das ist so eng mit meinem Körper verbunden, daß es, wenn es sich gelöst hat, auch dessen Gestalt annimmt. Ich kann meinen Körper also wieder nachformen, obwohl ich mit ihm gar nicht verbunden bin.«
    »Sie können den neuen Körper aber nicht kontrollieren!« erklärte ich.
    »Das stimmt. Er ist selbständig. Er ist einfach wunderbar, und er wird seinen Weg gehen. Wenn er morden will, ich meine die eine Seite, dann wird er es tun.«
    »Das habe ich leider erlebt. Aber was ist mit der zweiten Seite, Mr. Freeman, der guten?«
    »Die bleibt zurück.«
    »Wo? Im Körper?«
    »Ja.«
    »Dann geht also nur das Böse in Ihnen auf die Reise und macht sich selbständig.«
    »Ja.«
    »Sie töten?«
    »Ich nicht, mein Bewußtsein.«
    »Und Sie haben keine Gewissensbisse?«
    Er lächelte, und seine Augen bekamen dabei einen harten Glanz. »Nein, überhaupt nicht. Ich denke immer einen Schritt weiter, ich denke global. Stellen Sie sich vor, diese Tanks gingen in Serie. Man baut irgendwann riesige Maschinen, in denen Tausende von Menschen Platz haben, die im Wasser liegen und dem Bösen, was sich aus ihnen gelöst hat, freien Lauf lassen. Damit können Kriege entschieden werden, damit kann jemand, wenn er es richtig lenkt, die Herrschaft über diesen Planeten erreichen. Denken Sie mal an diese irrsinnigen Möglichkeiten. Man braucht keine Menschen mehr, um gewisse Dinge zu erledigen, man kann sich voll und ganz auf das böse Bewußtsein verlassen.«
    »Das ist Ihr Ziel?«
    »Ich arbeite daran. Und ich werde mich auch von keinem Menschen daran hindern lassen, es zu erreichen. Auch von Ihnen nicht, Sinclair. Sie sind weit gekommen, das gebe ich zu. Aber jetzt ist Schluß. Sie haben die Grenze überschritten, ich kann Sie aus diesem Haus nicht mehr herauslassen. Das müssen Sie verstehen, jetzt, wo ich Ihnen alles erklärt habe. Die meisten Menschen
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