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Der Schimmer des Ledger Kale

Der Schimmer des Ledger Kale

Titel: Der Schimmer des Ledger Kale
Autoren: Ingrid Law
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zum Pizzaessen eingeladen, aber ich wusste, dass er sich wünschte, ich wäre Erster geworden.
    »Tom …!« Mom sah Dad mahnend an.
    Ich formte mit der Gabel Figuren aus meinem Rührei – Autos und Blitze und finstere Gesichter – und zerstörte sie wieder, während ich mir alle Mühe gab, Dads Begeisterung zu teilen.
    »Ja«, sagte ich. »Heute Abend laufe ich in Lichtgeschwindigkeit einmal um die Erde und bringe uns aus Italien Pizza mit.«
    »Oder Wan Tan aus Mr Lees Panda Palace !«, krähte Fedora.
    »Doch nicht aus dem Panda Palace , Fe!« Ich verdrehte die Augen.
    »Wo denkst du hin, Fedora? Der Laden von Mr Lee ist doch nur eine Meile von hier entfernt«, erklärte Dad. »Wir haben höhere Ziele. Schimmer hohe Ziele, wie deine Mom und deine Cousins. Wenn sich der Geburtstag deines Bruders dem Ende zuneigt, holt Ledger uns Wan Tan von der anderen Seite der Erdkugel!« Dad zwinkerte mir zu, als er hinzufügte: »Du kannst Ryan Manning ja zum Trost ein paar Tintenfischringe mitbringen.«
    »Bäh, Tintenfisch!« Fedora verzog das Gesicht. Dann begann sie auf ihrem Stuhl auf und ab zu hopsen und dabei »Nu-deln! Nu-deln! Ich will Nu-deln!« zu skandieren.
    »Hast du gehört, Ledge? Bring deiner Schwester doch bitte ein paar Glasnudeln mit, wenn du in China vorbeikommst.« Dad faltete grinsend die Zeitung zusammen, ohne Moms missbilligendes Kopfschütteln zu beachten. Ich war mir nicht sicher, wer sich mehr auf meinen potenziellen Schimmer freute: Dad oder Fedora. Tief in meinem Innern wusste ich jedenfalls, dass ich es nicht tat.
    Fedora und ich erinnerten uns noch gut an den dreizehnten Geburtstag unseres Cousins Samson Beaumont drei Jahre zuvor. Wie hätten wir auch die Party vergessen können, bei der unser stilles Wasser von Cousin beim Kerzenauspusten einfach verschwunden war? Jetzt schien meine Schwester zu befürchten, mir könnten Augäpfel aus den Ellenbogen wachsen oder ich würde mich in Luft auflösen, wenn sie mal kurz nicht hinsah. Und als Dad und ich in der Erwartung hinausgingen, dass mein Überschallschimmer jeden Moment anspringen würde, wollte sie natürlich unbedingt mit.
    »Das sieht doch lächerlich aus«, sagte ich zu ihr, während sie hinter uns aus der Tür trat. Da Fe jede Menge Geschichten über Schimmergeburtstage kannte, die noch katastrophaler geendet hatten als mit dem Verschwinden des Geburtstagskindes, hatte sie Dads alten Footballhelm aus dem Keller hervorgeholt.
    »Vorsicht ist besser als Nachsicht!« Sie streckte das Kinn vor und klopfte mit den Fingerknöcheln gegen den Plastikhelm auf ihren kurzen braunen Haaren – Haaren, die genauso sauber und ordentlich geschnitten waren wie meine und Dads. So wie Mom es nun mal gefiel.
    Helm hin oder her; man konnte nicht viel tun, um sich auf einen dreizehnten Geburtstag vorzubereiten, außer ein paar grundlegende Vorkehrungen zu treffen: keine großen Partys, keine Freunde, keine spitzen Gegenstände. Es überraschte mich, dass Mom mich beim Frühstück eine Gabel benutzen ließ. Ob Josh oder Ryan oder Brody zu Besuch kommen durften, hatte nie zur Diskussion gestanden.
    Es ärgerte mich, dass meine Freunde meine Verwandlung in etwas Großartiges nicht mitkriegen würden; ich hätte zu gern ihre Gesichter gesehen. Jeder von ihnen hatte seine besondere Stärke. Ryan konnte alles, wenn es um Sport ging – und zwar jede Art von Sport –, und Josh hatte einen Schlag bei den Mädchen. Bei einem Ausflug zum Planetarium hatte er sogar schon mal seine Lippen auf die von Misty Archuleta gedrückt, nachdem er ihr eine Halskette mit einem großen silbernen M daran geschenkt hatte. Noch bevor wir zurück in der Schule waren, wussten alle davon, weil Brody es natürlich an die große Glocke hängte wie der Glöckner von Vanderburgh County.
    Als wir noch Hosenscheißer waren wie Fedora, war ich der Beste in Lego und Fischertechnik. In der dritten Klasse hatte ich einmal aus Klopapierrollen ein Modell des Eiffelturms gebaut, das meine Kunstlehrerin für einen künstlerischen Geniestreich hielt.
    »Der Schiefe Turm von Pisa, Ledger!«, hatte sie ausgerufen. »Wie schön!«
    So viel zu meiner Genialität.
    Aber es war egal. Kaum dass mein erstes Paar Joggingschuhe eingelaufen war, wurden meine Legosteine zu Staubfängern und ich saß im Kunstunterricht ganz hinten und behielt meine Schöpfungen für mich. Ich hörte auf, in Tagträumen übers Bauen zu schwelgen, und konzentrierte mich aufs Laufen.
    Fünf Jahre und sechs Schuhgrößen später
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