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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo
Autoren: A.E. Hotchner
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unversehens auf
eine massive, von einer Handvoll Partisanen der Zweiundfünfzigsten
Garibaldi-Brigade besetzte Straßensperre. Die Partisanen hatten keine
Ahnung, daß Mussolini und seine Kabinettsmitglieder im Konvoi
mitfuhren, sondern waren lediglich an den deutschen Lastwagen
interessiert. Kritz hätte sich leicht den Weg freischießen können, aber
er hatte die Nase voll vom Krieg und nicht das geringste Verlangen nach
einem Kampf. Also machte er ein Geschäft mit den Partisanen: er wollte
ihnen alle seine Italiener überlassen, falls die Partisanen ihm freien
Durchmarsch nach Österreich gewährten.
    Der gesamte Konvoi erhielt Befehl, einige Kilometer weiter
nach Norden vorzurücken, wo er von einer größeren Partisanengruppe
unter dem Befehl der Kommandeure der Zweiundfünfzigsten
Garibaldi-Brigade erwartet werden sollte. Die Partisanen wußten immer
noch nicht, daß Mussolini zu den Italienern gehörte, denn dieser hatte
sich während der Verhandlungen versteckt gehalten. Als Mussolini von
Major Kritz' Abmachungen erfuhr, ließ er seine Militärmütze und den
graugrünen Uniformmantel auf dem Rücksitz seines Wagens liegen, stahl
sich hinaus und kletterte auf einen der großen deutschen LKW. Hier gab
es eine überzählige Montur, die Uniform eines einfachen Soldaten. Der
Duce zog den Mantel an, setzte den Helm auf, tarnte sich zusätzlich mit
einer Brille, die er bei sich hatte, und verkroch sich, solcherart als
deutscher Soldat verkleidet, ganz hinten in den Lastwagen zwischen zwei
andere Soldaten.
    Wie verabredet, führte Kritz seine Kolonne bis an die nächste
Barrikade zwischen den Orten Dongo und Zonico heran. Die Sperre selbst
befand sich bei Dongo, doch der Konvoi war so lang, daß er sich ganz um
die Kurve zog und erst in Zonico endete. Die Italiener wurden
festgenommen, nur Mussolini wäre in seiner Verkleidung womöglich
durchgekommen, wenn der Partisan, der den deutschen Laster
kontrollierte, auf dem Mussolini versteckt war, nicht zufällig bemerkt
hätte, daß dieser ganz einfache Nazi-Landser blankpolierte, teure
Offiziersstiefel trug.
    So wurde Mussolini erkannt und vorerst ins Rathaus von Dongo
gebracht. Kurz darauf führte man ihn zusammen mit Clara Petacci in eine
Villa in Azzano, wo man sie an die Wand stellte und erschoß. Die
Leichen wurden hierauf nach Mailand gebracht und vor einer Tankstelle
an den Füßen aufgehängt. Die Minister wurden, während sich die
Bevölkerung zu diesem unverhofften Spektakel drängte, auf der Piazza
von Dongo aufgereiht und von einem Exekutionskommando der Partisanen
erschossen. Hier war es dann auch, wo der gesamte phantastische Schatz
an Gold, Juwelen, Geld und Dokumenten spurlos verschwand. Und trotz
gelegentlicher Fingerzeige, die sich jedoch alle als falsch
herausstellten, hat bis heute, im Juni 1969, da diese Erzählung
beginnt, kein Mensch mehr etwas von ihm gesehen.

Erster
Teil
    1
    D er maggiordomo bei Dan
Reeder trug eine weiße, hochgeschlossene Jacke mit schmaler Goldlitze
an Schultern und Ärmelaufschlägen und sah mich mit einem Ausdruck an,
der nicht so sehr geringschätzig oder arrogant als einfach
schmerzerfüllt war. Sein Blick fiel zuerst auf meine ungebügelte,
verdrückte Hose mit den auffallenden Kniebeulen, dann auf meine
Papiertragtasche, die vom ständigen Umladen in immer wieder neue
Dritter-Klasse-Abteile von Santo Stefano bis hierher, nach Rom,
zerrissen und beschmutzt war. Mit einer Andeutung von Erbarmen glitt
der Blick sodann über meine schief hängende Jacke weiter zu dem losen
Hemdkragen, bis er zuletzt an meinem Haarschnitt hängenblieb, der kurz,
fast militärisch war und jede Spur von Koteletten vermissen ließ. Als
der maggiordomo endlich das Wort an mich richtete,
stand in seinen Augen, wie schon gesagt, eindeutig tiefer Schmerz.
    Ich hatte ihn gefragt, ob Mr. Reeder daheim sei, woraufhin er
sich nach dem Zweck meines Besuches erkundigte. Als ich mich als alten
Freund Mr. Reeders bezeichnete, wurde sein Ausdruck geradezu zynisch.
Doch wie dem auch sei, er sagte, Mr. Reeder sei nicht zu Hause, er sei
auf dem Gericht in der Via di Villa Giulia und werde nicht vor sechs
Uhr nach Hause kommen. Ob ich meine Karte hinterlassen wolle?
Ironisches Glitzern in seinen Augen.
    Die Via di Villa Giulia lag, wie sich herausstellte, am
anderen Ende von Tevere, und um dorthin zu gelangen, mußte ich die
ganze Stadt durchqueren. Der altersdunkle Bus zuckelte langsam am Rand
von Lungotevere entlang, eine Fahrt, die einer nicht enden
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