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Der Schatz des Dschingis Khan

Der Schatz des Dschingis Khan

Titel: Der Schatz des Dschingis Khan
Autoren: Monika Felten
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Kästchen ihres Notizblocks sorgfältig mit blauer Tinte aus. Nicht jedes, nur jedes zweite. Aus dem blau-weißen Muster entstand eine Raute, die sich rasch in ein kleines Schachbrett verwandelte. Und immer noch kamen weitere Kästchen hinzu.
    Muriel seufzte und schaute auf den sonnenbeschienenen Hof hinunter, wo Andrea, die Pferdepflegerin des Birkenhofs, und Vivien, Muriels kleine Schwester, dem betagten Irish-Hunter-Hengst Matador gerade eine gründliche Wäsche verpassten.
    »Die haben es gut«, murmelte sie vor sich hin und richtete den Blick fast widerwillig auf die beiden Bücher und das Heft, die aufgeschlagen vor ihr lagen.
    Normalerweise hätte sie das Referat über die Hexenverfolgung im Mittelalter mit wenigen Sätzen abgehandelt, aber Frau Martoni, ihre Geschichtslehrerin, bestand darauf, dass jeder einen Fließtext von mindestens zwei Seiten schreiben müsse, in dem auch die Ursachen des Problems geschildert werden sollten.
    … Die Hexenverfolgung im Mittelalter war grausam und ungerecht.
    Wohl schon zum hundertsten Mal überflog Muriel den ersten und einzigen Satz, der in ihrem Heft stand. Und wohl schon zum hundertsten Mal fand sie, dass damit doch eigentlich alles gesagt war. Meinte ihre Mutter nicht immer, dass es besser sei, alles kurz und knapp auf den Punkt zu bringen, statt lange herumzuschwafeln?
    Jetzt fehlte eigentlich nur noch der Satz: Das hätte alles nicht sein müssen, wenn die Menschen damals nicht so abergläubisch gewesen wären. Dann wäre das Referat fertig. Aber so einfach war das leider nicht.
    Missmutig warf Muriel einen Blick auf ihre Armbanduhr.
    Schon halb drei.
    In einer halben Stunde würde Nadine kommen. Und sie hatte Nero noch nicht einmal aus dem Stall geholt.
    Nadine! Muriels Miene hellte sich auf. Nadine hatte ihr Referat bestimmt längst fertig. Und ganz sicher hatte ihre Freundin auch ein paar schöne Sätze und Argumente gefunden, die sie sich vor dem geplanten Ausritt noch schnell notieren konnte.
    Das war die Idee.
    Muriel steckte die Kappe auf den Füller, klappte das Geschichtsbuch zu und stand auf. Die paar Sätze konnte sie auch heute Abend noch aufschreiben. Der Nachmittag war gerettet.
    In rekordverdächtiger Zeit tauschte sie ihre Jeans gegen eine Reithose, zog sich das dunkelblaue Sweatshirt mit der Aufschrift »Zickige Pferdenärrin« über und stürmte die Treppe hinunter in den Flur, wo sich wie immer ein ganzes Sammelsurium aus Reitstiefeln, Chaps, Reitwesten und Reitkappen in dem kleinen Garderobenraum neben der Haustür tummelte.
    In Windeseile schlüpfte sie in ihre Stiefel, schnappte sich Kappe und Gerte und wollte gerade hinauslaufen, als die Küchentür geöffnet wurde und Teresa in den Flur kam.
    »Na, mi chica? Haben wir unsere Hausaufgaben schon fertig?«, fragte sie mit einem kommissarischen Blick auf Muriels Reiteroutfit.
    »So gut wie.« Muriel setzte ein gewinnendes Lächeln auf. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, der resoluten Spanierin etwas vorzuschwindeln. »Die Perle des Hauses«, wie ihre Mutter Teresa immer zu nennen pflegte, arbeitete schon eine Ewigkeit im Haus der Vollmers und durchschaute so ziemlich alle Tricks und Ausflüchte der Kinder. Sie hatte Muriel, Mirko und Vivien schon die Windeln gewechselt und im Lauf der Jahre mehr Zeit mit ihnen verbracht als Muriels Mutter, Renata Vollmer, die als erfolgreiche Tierärztin und Pferdetherapeutin immer sehr beschäftigt war.
    Die sechsundfünfzigjährige recht rundliche Spanierin war für alles zuständig, was im Haus an Arbeit anfiel: Kinder betreuen, kochen, sauber machen … und Hausaufgaben beaufsichtigen.
    »Geschichte mache ich heute Abend fertig«, versprach Muriel. »Ich muss Nadine dazu noch was fragen.«
    »So, so.« Teresa schien nicht ganz überzeugt, nickte dann aber und fragte: »Wollt ihr denn heute noch ausreiten?«
    »Ja. Nadine kommt um drei.«
    »Gut, dann nehmt doch bitte Titus mit. Der faule Kerl lungert schon den ganzen Nachmittag in der Küche herum, bettelt und stört mich beim Backen.«
    »Dein Butterkuchen ist eben unwiderstehlich.« Muriel lachte, sagte dann aber wenig begeistert: »Na gut, wenn es unbedingt sein muss, kann er mitkommen. Ich kann ihn auch jetzt schon mit rausnehmen.«
    »Nein, das geht nicht.« Teresa schüttelte den Kopf. »Deine Mutter erwartet heute Nachmittag noch einen Patienten. Sie sagt, Titus muss im Haus bleiben, bis das Pferd in der Box ist.«
    »Einen Patienten?« Muriel horchte auf. »Was ist es denn für ein
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