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Der Schatten im Norden

Der Schatten im Norden

Titel: Der Schatten im Norden
Autoren: Philip Pullman
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Trümmern zu
befreien. Und mit dem Gold, das du ihm anvertraut hast,
ist er auch nicht getürmt, wie er es früher gemacht hätte.
Alles Gute für ihn, aber wehe, wenn er sie nicht
anständig behandelt... « Im Stillen fragte er sich, wie es
Mackinnon wohl geschafft hatte, dieses göttlich
aussehende, verträumte, tragische Mädchen dazu zu
bringen, das Leben eines Varieteekünstlers zu teilen, und
ferner, wie ihr Vater wohl reagiert habe, als er merkte,
dass sie es ernst meinte. Doch Lord Wytham hatte noch
mit anderen Problemen zu kämpfen. Er hatte bald
bemerkt, dass Bellmann die ganze Zeit über von Lady
Marys heimlicher Heirat gewusst hatte und ihn zu
nötigen versuchte, diese Tatsache einzugestehen. Er hatte
in einer Zwickmühle gesessen: Wenn er zugab, von der
Heirat zu wissen, würde er von Bellmann nie Geld
bekommen --- wenn er es aber nicht tat, setzte er sich der
Anklage der Beihilfe zur Bigamie aus. Seine einzige
Chance hatte darin bestanden, Unkenntnis der Heirat
vorzutäuschen und zu hoffen, dass die Wahrheit bald ans
Licht kommen würde. In der Zwischenzeit hatte er
gehofft, sich gegenüber Bellmann so nützlich zu machen,
dass ihm sein Posten in der Firma nicht mehr genommen
werden könnte.
Bald kam die Erkenntnis, dass es mit seinem Nutzen für
Bellmann in jedem Fall aus war. Er verstand die
Diskussionen im Verwaltungsrat nicht mehr; er hatte für
seinen Arbeitgeber alle Türen in den Kreisen geöffnet,
die ihm zugänglich waren. Der Einfluss, den er in der
staatlichen Verwaltung ausgeübt hatte, entglitt ihm mehr
und mehr.
Dann geschah der Unfall in Barrow. In der Finanzwelt
sorgte Bellmanns Tod für eine Sensation. Obwohl die
Untersuchungskommission von einem Unfall sprach,
kursierten bald Gerüchte, wonach der Zusammenbruch
des North-Star-Konzerns im Zusammenhang mit
gewissen Unregelmäßigkeiten in Bellmanns anderen
Firmen stand, die nun ans Licht kamen. Ein gewisser Mr.
Windlesham, so hieß es, habe sich bei den
Untersuchungen der Behörden als große Hilfe erwiesen.
Der Kurs der North-Star-Aktien fiel rapide. Um die
gleiche Zeit nahmen einige hochrangige staatliche
Vertreter ihren Abschied oder wurden diskret kaltgestellt.
Wenig davon kam in die Presse. Am Ende brach der
gesamte Konzern zusammen. Lord Wythams Bankrott
folgte unmittelbar darauf. Dass Lady Mary mit
Mackinnon nach Amerika ging, dachte Jim, war
vermutlich das Beste, was sie in diesen Umständen
überhaupt tun konnte, und so wünschte er ihr viel Glück.
Die Ingenieure und Mechaniker des North-Star-Konzerns
fanden bei anderen Firmen Arbeit. Ein Teil von ihnen
ging zu den Armstrong-Vickers-Werken, dem bekannten
Rüstungshersteller, ohne allerdings die Pläne für den
Hopkinsonschen Selbstregulator mitzunehmen. Es hieß,
irgendjemand sei in die Fabrik eingebrochen und habe
alle Unterlagen über die Erfindung vernichtet. Die NorthStar-Werke wurden als genossenschaftliche
Fahrradfabrik wieder eröffnet, doch den Arbeitern fehlte
das nötige Kapital für einen geschäftlichen Erfolg. So
wurde die Fabrik verkauft und ging wieder an einen
Lokomotivhersteller. In der alten Branche begann die
Firma wieder zu prosperieren.
Sobald Jim wieder aufstehen konnte, humpelte er mit
Hilfe einer Krücke zum nächsten Omnibus nach
Streatham und machte Nellie Budd einen Besuch.
Dank der Hilfe ihrer Schwester Jessie war Nellie von
dem Überfall wieder genesen, allerdings war sie dünner
geworden und hatte viel von ihrer Vitalität eingebüßt. Als
Jim sie wieder sah, empfand er grimmige Freude über
jeden Schlag, den er Sackville und Harris versetzt hatte.
Jessie, so berichtete sie ihm, sei in den Norden gefahren,
um ihre Wohnung aufzulösen, dann werde sie nach
London zurückkehren. Die Schwestern hatten ihren Zwist
beigelegt. Nellie war das Medium-Spielen leid und
wollte, sobald sie wieder ganz hergestellt war,
gemeinsam mit ihrer Schwester mit einer Nummer in
Gedankenlesen auftreten. Jim versprach, sich für sie
umzuhören. So verging die Zeit.
Und nach und nach wurde sich Sally bewusst, wie
vertrackt doch die Dinge auf dieser Welt waren; nichts
war so einfach, wie es auf den ersten Blick schien, alles
hatte seine ironische Seite. Da war zunächst Isabel
Meredith. Die beiden Wesen, die Sally am meisten
geliebt hatte, Chaka und Frederick, hatten ihr Leben für
Isabel eingebüßt. Sally hätte allen Grund gehabt, ihr das
übel zu nehmen, doch wenn sie sich an sie erinnerte,
konnte sie nur Mitleid fühlen.
Und dann die Fotografien. In all den
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