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Der Sang der Sakije

Titel: Der Sang der Sakije
Autoren: Willi Seidel
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Scheidungsformel dreimal ausgesprochen?«
    »So ist es.«
    »Und warum?«
    »Sie haben mich verhöhnt. Sie hatten keinen Respekt vor mir.« Eine gleichgültige Gebärde: »Ah! Das ist nun vorbei.«
    »Sehen Sie, Hassan-Muharram,« sagte die Frau ganz still, »nun stellt sich doch heraus, daß meine Mühe an Sie verschwendet war. Glauben Sie mir, es war nicht leicht, diese Heiraten zu arrangieren. Nun haben Sie sich (– vorausgesetzt, daß Sie noch Ehrgeiz haben! –) alle Aussichten verdorben. Sie haben sich in das denkbar schlechteste Licht gesetzt. Ein großer Skandal wird jetzt die Folge sein – mein Gott – welch ein Skandal!« Sie dreht die Augen empor.
    »La, la«, sagt Hassan friedlich. »Ein Skandal? – Nach zwei Wochen wird man anderen Stoff zum Gespräch haben. Derlei passiert alle Tage.«
    »Sie irren«, sagt die Seijide. »Sie sind ein Kutscher.«
    Hassan fährt zusammen und starrt sie an.
    »Wie?«
    »Nun ja; vielleicht stehen Sie noch eine Stufe tiefer als Ihr seliger Vater, den die Schweine fraßen. Denn er war wenigstens kein so ausgemachter Dummkopf!«
    Er schwankt ratlos empor. Er hebt die Hände: »Welche Sprache, Madame! Sie sind meine Mutter!«
    »Ich bin nicht mehr Ihre Mutter!« schrill: »Verlassen Sie mich und wagen Sie nicht, dies Haus jemals wieder zu betreten!!«
    »Was soll das?! Was soll das?!«
    »Verlassen Sie mich!« klagt sie auf. »Verlassen Sie mich.« – Die Nerven ihres Gesichtes zucken: der Paroxismus steht bevor.
    »Achmed! Achmed!«Der graue Eunuche rollt herein. Ihr Arm zuckt aus dem Ärmel; die blauen Punkte entblößen sich; es ist ein erbarmungswürdig magerer Arm ...
    Hassan senkt den Kopf und geht.
    Ein sinnloses Plappern in höchster Fistel, vermengt mit einer hastigen, papageienhaft hellen Stimme, klingt verworren hinter ihm drein.

Der Sang der Sakije
    Nehmen Sie das mittlere Format, sechs Schüsse. Das Magazin ist gefüllt. Mehr Patronen sind nicht erwünscht ...?«
    »Danke. Es genügt vorläufig. Ist er gesichert?«
    »Vollkommen. Hier ist das Futteral. Zwei Pfund, wenn ich bitten darf.«
    Hassan trat aus dem Laden und ging über den Opernplatz der Scharia Kamel zu. Die Faust mit dem Revolver hielt er in der Tasche.
    Sein Gang war nicht ganz sicher. Er setzte sich plötzlich an einen Tisch des Cafés, das dem Denkmal Ibrahim Paschas gegenüberliegt. Drinnen, halb im Eingang versteckt, saß Abu-Katkûs und zog wie immer mit viel Geräusch sein Brettspiel. Er war mittlerweile außerordentlich fett geworden. Als er Hassan bemerkte, rief er lustig und winkte. Hassan sah ihn stumpf an und erwiderte den Gruß dann langsam, ohne sich vom Platz zu rühren. Abu-Katkûs verwunderte sich.
    Ein Gassenjunge kroch unter den Tisch hindurch, tippte an Hassans Schuhe und blickte fragend auf. Hassan nickte, und alsbald fiel der Junge mit seinen beiden Bürsten über die Schuhe her. Hassan freute sich, wie sie so spiegelblank unten den eiligen Händenhervorgingen. Er grunzte anerkennend und gab dem Jungen, der vor Erstaunen starb, einen ganzen Schilling.
    Dann erhob er sich, wobei er unsanft an mehrere Stühle stieß, und ging weiter, um die Tat zu tun. »Jedenfalls sitzen sie«, dachte er, »wieder neben dem Treppenaufgang an der Balustrade. Es ist Teezeit.«
    Die Sonnne stach. Es war recht heiß.
    Er trocknete sich die Stirn. Langsam kam er an. Ha, da saß sie. Da war das helle Gesicht. Und da war jener Verfluchte. Hassan riß die Waffe heraus und schoß blind in das helle Gesicht und dann auf das weiße Flanell dort oben ... Getümmel ... Geschrei ... die Terrasse ist aufgescheucht ... Entsetzte Menschen taumeln durcheinander ...
    Ein grölender Laut brach ihm ins Ohr: ein Zeitungsverkäufer schrie knapp neben ihm. Ein weiß beschürzter Kellner war herbeigeeilt und fragte teilnahmsvoll: »Monsieur ist unwohl geworden?«
    Hassan fuhr auf. Alles war wie sonst. Nichts war geschehen. Man plauderte leise. Musik drang aus dem Vestibül.
    »Ja«, stammelte er. »Ein Schwindelanfall. Geben Sie mir ein Glas Wasser.«
    Der Kellner geleitete ihn zärtlich die Treppe hinauf. Er war blond und bieder. Hassan ließ sich im Vestibül auf einen Strohstuhl niederfallen. Er erhielt sein Wasser. Eine Stunde hindurch saß er unbeweglich dort.
    Dann stand er auf und ging an die Portierloge.»Verzeihen Sie,« sagte er heiter und gewinnend, »ich war im Begriff, einige Herrschaften aufzusuchen...«
    »Der Name?«
    »Aldridge.«
    Der Portier blätterte in der Liste.
    »Nach Luksor abgereist«, sagte
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