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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister
Autoren: Roland Krause
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Schoß. Ich glaub, das Sterben hat wehgetan. Gequält hat das kleine Gesicht ausgesehen, ganz erschrocken.« So einen kleinen Elefanten hat der Kevin auch. Der Sandner hat ihn in seinen Armen gesehen, als die Fendt ihn ins Haus getragen hat. So lange her, als wär ein Jahr vergangen.
    »Sein Sie still!«
    »Und wir Helfer ham gelitten. Alle. Geweint haben wir, wie wir die kleinen ...«
    »Sein Sie doch still!«
    Der Sandner lässt das Handy sinken. »Weggedrückt.«
    Der Hartinger pustet die Backen auf. »Sandner, des is grausig!«, stößt er heraus.
    »Scho gut, so was möchte ich nie erleben, heut schon gar nicht.«
    »Will die sich derrennen?«
    »Weiß ma’s? Ich kann ned neischauen in die Frau, ein Kind hat sie schon verloren. Wir müssen den Bub haben. Müssen!«
    »Das war wegen dem Babyalarm«, würgt der Fendt hervor. Schwer atmet er. »Der Kevin ist wach geworden, und ich hab bloß schnell nach ihm schauen wollen. Lass nur, ich schau gschwind, hab ich gesagt. Und wie ich wieder runterkomm, ist er dagelegen. Alles voller Blut. Der hat sich nimmer gerührt. Und die Gisela ist dagestanden mit dem Hammer. Ich hab vorher noch einen Nagel ... wegen der Blumenampel. Der Kevin braucht mich doch, hat sie gesagt. Immer wieder. Der Weiß hat nur ständig nach der Janine gefragt, wo die sein könnte und dass wir alle bescheuert wären, weil der Auerhammer ja nicht der Vater wär. Und Schluss damit, alles würde er auffliegen lassen. Und dann ist er dagelegen. Mein Gott. Einfach so. Was hätt ich denn machen sollen? Ich ... wir ...«
    »Wie weit noch?«, unterbricht der Sandner.
    »Erst Schützenried, der nächste Ort ist Icking – und dann?«
    Dem Sandner klopft das Herz bis in den Schlund. Ja und dann?
    Beim Ortsschild von Icking lässt er den Hartinger anhalten.
    »Vielleicht könnt man das Handy orten, wir ...«, schnattert der los.
    Mit einer Geste bringt er ihn zum Schweigen.
    »I muss nachdenken.«
    Fendts Handy spielt eine hübsche kleine Melodie. George Harrison, »Here comes the sun«.
    »Frau Fendt?«
    »Ich ... möchte meinen Mann sprechen.«
    »Hier.«
    Er reicht das Handy nach hinten.
    »Wo bist du?«, drängt der Fendt.
    Einen Moment lauscht er, schüttelt den Kopf. »Sag es doch, bitte!«
    Der Sandner reißt dem Fendt das Handy wieder weg. Er lauscht, ohne zu sprechen.
    »Es tut mir leid«, hört er die Frau sagen.
    Straßengeräusche. Autos. Sie scheint ausgestiegen zu sein. Eine Schnellstraße?
    »Rainer?« Sie muss anplärren gegen das Rauschen.
    Sandner versucht den Hintergrund einzuordnen.
    »Rainer, sag doch was?«
    Er kann noch ein bisschen lauschen, bevor sie ihn wegdrückt.
    »Was machen Sie denn, sind Sie verrückt?«, schluchzt der Rainer.
    »Wo ist hier die Autobahn?«, überbrüllt ihn der Sandner. »Brücke oder so was?«
    »Sandner, die Frau kann überall sein, sogar in der Scheißwalachei!« Der Hartinger ist am Überschnappen.
    »Aber da sind wir nicht, Herrgottsakrament!«
    »Icking – so ein Schmarrn!«
    Der Sandner haut mit der Faust aufs Handschuhfach. »Wenn dir des ned passt, du deppertes ...«
    »Wir müssen rechts Richtung Wadlhausen«, unterbricht sie ihr Fahrgast leise.
    Beide drehen sich zu ihm um. Glotzen ihn an.
    Der Hartinger gibt schweigend Gas.
    »Was ist da?«, will der Sandner wissen.
    »Die Autobahnbrücke«, flüstert der Fendt.
    Fünf Minuten, dann sind sie da. Der Sharan parkt vor ihnen. Niemand am Steuer. Als hätte er den Kofferraum voller Nitroglyzerin, so lässt der Hartinger den Wagen ausrollen. Sanft steigt er auf die Bremse.
    Das Blaulicht hat der Sandner eingesackt.
    Sie schnallen sich ab. Alle drei schauen schweigend nach vorn. Beinahe andächtig.
    Auf der Brücke steht die Frau und blickt über das Geländer. Auf dem Arm hat sie den Kevin. Nahe, zu nahe ist sie. Zwei Sekunden, und sie tät unten aufschlagen.
    »Gemma«, haucht der Sandner.
    Der Hartinger deutet beim Aussteigen auf den Rücksitz.
    »Und der?« Er bekommt keine Antwort.
    Der Sandner ist schon draußen und marschiert los.
    Sein Kollege erreicht hinter ihm den Wagen der Frau und bleibt stehen. Er zieht sein Handy aus der Tasche.
    Der Hauptkommissar geht weiter. Langsam, entschlossen.
    »Frau Fendt?«
    »Bleibens da stehen, lassens mich in Ruhe.«
    Ihr Satz stoppt ihn wie eine Wand. Er verharrt, wirft einen Blick über das Geländer. Nicht einmal hoch. Unter ihnen die A95, Wagen an Wagen. Geschäftige, ahnungslose Gesichter hinter den Windschutzscheiben.
    »Die Janine war keine gute
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