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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister
Autoren: Roland Krause
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Kind vielleicht weg!« Der Sandner beutelt ihn, gibt ihm eine Watschn.
    »Wo ist Ihre Frau her? Aus München?«, herrscht er ihn an.
    Der Mann starrt durch ihn hindurch, als wäre er unsichtbar.
    »Wieso her? Icking«, bringt er schließlich hervor, »aber ihre Eltern sind lange tot. Da ist niemand mehr.«
    Der Sandner ruft nach dem Hartinger und setzt sich hinters Steuer.
    »Wohin?«, will der wissen.
    »Nach Icking.«
    »Rüberrutschen«, befiehlt der Kommissar und drückt seinem folgsamen Chef das Handy in die Hand.
    »Wieso Icking?«, fragt er und lässt den BMW an.
    Der Sandner schnauft geräuschvoll aus.
    »Ich weiß ned. Wo tätst du hinfahren, wenn du panisch wärst? Vielleicht dahin, wo du dich auskennst, wo dein Nest war.«
    Er gibt der Wiesner ein Zeichen, winkt mit dem Handy.
    Der Hartinger tritt das Gaspedal durch. »Boah, das ist vage«, schnaubt er.
    »Willst du dich lieber hinhocken und warten, die Fahndung läuft ja. Vielleicht fährts über den Brenner oder in die Tschechei. Vielleicht derrennt sie sich auch oder spring wo vom Hausdach. Kruzifix, was weiß ich, aber den Kevin hat sie dabei.«
    »Am besten fahren wir über die Elfer, mich tät’s nicht wundern, wenn ...«
    »Was ist mit mir?«, winselt der Fendt vom Rücksitz aus.
    »Du bist stad«, kommt es von den beiden Polizisten unisono.
    »Sie mögen mich ned besonders«, stellt der Auerhammer fest, schon auf der Trage liegend.
    »Ned persönlich nehmen, ich mag halt keine Kinderficker«, bestätigt ihm die Wiesner.
    »Das Leben is ned immer nur schwarz oder weiß, Madame.«
    »Gscheit daherredende Kinderficker mag ich no weniger. Sagens endlich, wie’s wirklich zugangen ist, mit dem Kind, und wer des geplant hat. Da hinten flackt ein vermodertes Madl, grad amal sechzehn, die könnt noch leben und Spaß haben und Träume, wenns ned Ihren Schwanz hätten neistecken müssen. Des Leben ist des, was passiert, und ned des, was man sich herredet, Herr Auerhammer.«
    Der Sandner hat nicht geglaubt, dass er noch geschwinder nach Grünwald kommt als zuvor. Als je zuvor. Leichter Regen setzt wieder ein. Sie haben dem BMW das Blaulicht aufgepappt, und sein Fahrer scheint prüfen zu wollen, bei welcher Geschwindigkeit der Bodenkontakt abreißt. Ein Helikopter wär für den Hartinger pure Geldverschwendung. In Grünwald bricht er durch Straßen, wie die Wildsau durchs Gehölz. Am Schloss vorbei über die Isar weiter nach Höllriegelskreuth geht die Hatz. Ausflügler leben gefährlich. Grad noch die Isarauen genossen, das Panorama vom Burgturm, den herrlichen Blick – das könnte schon der letzte Blick sein, sollten sie dem Hartinger in die Quere kommen. Er schafft sich Platz. Endlich auf der Bundesstraße, kennt er keine Verwandten mehr.
    Die Minuten verrinnen trotzdem.
    Der Sandner, in den Sitz gepresst, hat seine schweißnassen Finger verknotet. Die Augenlider presst er zusammen, sobald es haarig wird – eigentlich ständig. Jetzt dreht er sich zu ihrem Fahrgast um.
    »Rufens Ihre Frau an, und dann gebens mir das Handy. Hopp-hopp!«
    Das Häuflein Mensch kramt das Gerät hervor und drückt einige Tasten. Er reicht es nach vorn.
    »Ja ... Rainer?«
    »Josef Sandner hier, geht’s dem Kevin wieder gut, der hat doch gespuckt?«
    »Was? Ja, dem geht’s ... was wollen Sie?«
    »Bei den Kleinen kommt des scho mal vor, dass der Magen spinnt, gell?«
    »Ich hab ihr doch gesagt, dass er Karotten nicht verträgt.« Ihre Stimme zittert.
    »Bei meiner Tochter, der Sanne, ist es komischerweise immer ein Geschiss mit Hühnchen. Vielleicht die Gewürze, was meinen Sie?«
    »Ja ... Gewürze können es sein. Wie alt ist sie denn?«
    »Drei ist die Sanne. Was macht der Kevin?«
    »Der ... der schläft. Der schläft immer beim Autofahren.«
    »Des is praktisch.«
    »Ich hab’s ned wollen. Des ... der Kevin braucht mich doch.«
    »Manchmal passieren Dinge einfach. Was habens nicht wollen?«
    »Passieren einfach, ja.«
    »Kinder muss man beschützen.«
    »Warum sagen Sie das?«
    »Weil Sie so rasen. Keiner ist hinter Ihnen her.«
    »Sie lügen.«
    »Wenn Kinder dabei sind, is des schlimm.«
    »Was sagen Sie?«
    »Als junger Polizist bin ich mal als Erster zu einem Autounfall gekommen. Des vergisst man nie.«
    »Ich will das nicht hören. Wo ist der Rainer?«
    »Ein kleiner Junge, vielleicht zwei ... der war ... halb zerquetscht, das Hirn auf den Polstern, alles voll Blut. Die kleinen Knochen ham herausgeragt. Da war auch ein Plüschtier, ein Elefant, auf seinem
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