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Tagebücher 1909-1923

Tagebücher 1909-1923

Titel: Tagebücher 1909-1923
Autoren: Franz Kafka
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Franz Kafka
    Tagebücher
    1909-1923
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    von Franz Kafka, entstanden 1910-1923, erschienen 1937 und, in größerer Vollständigkeit, 1951. - Noch genauer als die Briefe und Dokumente der Freunde geben Kafkas Tagebücher Ausku nft über seine Persönlichkeit, einige Wendepunkte seines Lebens und die Vorstufen seiner Werke. Sie unterteilen sich in zwölf nachgelassene Quarthefte, die mit Ausnahme einiger intimer Details und etlicher herausgerissener, unauffindbarer Blätter (besonders aus den Jahren 1913-1915, 1917, 1919/20) von Max Brod erst 1951 vollständig veröffentlicht wurden.
    ISBN: 3100381602
    S. Fischer, Ffm.
    Erscheinungsdatum: 1997

    Inhalt
    Inhalt .....................................................................................2
    Heft 1 ....................................................................................3
    Heft 2 ..................................................................................65
    Heft 3 ................................................................................122
    Heft 4 ................................................................................170
    Heft 5 ................................................................................218
    Heft 6 ................................................................................264
    Heft 7 ................................................................................312
    Heft 8 ................................................................................353
    Heft 9 ................................................................................402
    Heft 10 ..............................................................................436
    Heft 11 ..............................................................................469
    Heft 12 ..............................................................................518

    Heft 1
    Die Zuschauer erstarren, wenn der Zug vorbeifährt.
    "Wenn er mich immer frägt" das ä losgelöst vom Satz flog dahin wie ein Ball auf der Wiese.
    Sein Ernst bringt mich um. Den Kopf im Kragen, die Haare unbeweglich um den Schädel geordnet, die Muskeln unten an den Wangen an ihrem Platz gespannt
    Ist der Wald noch immer da? Der Wald war noch so ziemlich da. Kaum aber war mein Blick zehn Schritte weit, ließ ich ab wieder eingefangen vom langweiligen Gespräch.
    Im dunklen Wald im durchweichten Boden fand ich mich nur durch das Weiß seines Kragens zurecht.
    Ich bat im Traum die Tänzerin Eduardowa, sie möchte doch den Czardas noch einmal tanzen. Sie hatte einen breiten Streifen Schatten oder Licht mitten im Gesicht zwischen dem untern Stirnrand und der Mitte des Kinns. Gerade kam jemand mit den ekelhaften Bewegungen des unbewußten Intriganten, um ihr zu sagen, der Zug fahre gleich. Durch die Art wie sie die Meldung anhörte, wurde mir schrecklich klar, daß sie nicht mehr tanzen werde. "Ich bin ein böses schlechtes Weib nicht wahr?" sagte sie. Oh nein sagte ich das nicht und wandte mich in eine beliebige Richtung zum Gehn.
    Vorher fragte ich sie über die vielen Blumen aus, die in ihrem Gürtel steckten. "Die sind von allen Fürsten Europas" sagte sie.
    Ich dachte nach, was das für einen Sinn habe, daß diese Blumen, die frisch in dem Gürtel steckten der Tänzerin Eduardowa von allen Fürsten Europas geschenk t worden waren.
    Die Tänzerin Eduardowa, eine Liebhaberin der Musik fährt wie überall so auch in der Elektrischen in Begleitung zweier Violinisten, die sie häufig spielen läßt. Denn es besteht kein Verbot, warum in der Elektrischen nicht gespielt werden dürfte, wenn das Spiel gut, den Mitfahrenden angenehm ist und nichts
    -3-

    kostet d. h. wenn nachher nicht eingesammelt wird. Es ist allerdings im Anfang ein wenig überraschend und ein Weilchen lang findet jeder, es sei unpassend. Aber bei voller Fahrt, starkem Luftzug und stiller Gasse klingt es hübsch.
    Die Tänzerin Eduardowa ist im Freien nicht so hübsch wie auf der Bühne. Die bleiche Farbe, diese Wangenknochen, welche die Haut so spannen, daß im Gesicht kaum eine stärkere Bewegung ist, die große Nase – die sich wie aus einer Vertiefung erhebt –, mit der man keine Späße machen kann, wie die Härte der Spitze prüfen oder sie am Nasenrücken leicht fassen und hin und her ziehn wobei man sagt "jetzt aber kommst Du mit", die breite Gestalt mit hoher Taille in allzu faltigen Röcken, wem kann das gefallen – sie sieht fast einer meiner Tanten einer ältlichen Dame
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