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Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Lars Kepler
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plötzlich nimmt sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr.
    Jurek Walter richtet sich auf und läuft davon.
    Saga schießt, noch ehe sie wirklich gezielt hat. Die Kugel durchschlägt seinen Oberarm, und er taumelt zur Seite, strauchelt und macht ein paar Schritte die steile Böschung am Wasserfall hinunter.
    Saga folgt ihm mit erhobener Fackel, sieht ihn wieder, zielt und schießt ihm drei Mal in die Brust. Jurek fällt über das vereiste Ufer rücklings in das schwarze Wasser des Flusses. Während er fällt, schießt Saga weiter und trifft ihn an der Wange und am Ohr.
    Er wird ins Wasser hinuntergezogen, und sie läuft ans Ufer und schießt ihm noch in den Fuß, ehe er verschwindet. Saga wechselt das Magazin, rutscht die steile Böschung hinunter, fällt und schlägt mit dem Rücken auf, wird von Schnee bedeckt, richtet sich stolpernd wieder auf und schießt ins schwarze Wasser. Mit der Fackel beleuchtet sie das aufgewühlte Wasser. Das Licht dringt an kleinen, wirbelnden Luftblasen vorbei bis zum dunkelbraunen Grund. Etwas Großes wälzt sich herum, und auf einmal erblickt sie zwischen Steinen und wehendem Seegras Jureks faltiges Gesicht.
    Saga schießt, und eine Wolke aus Blut wallt in dem dunklen Wasser auf. Sie zielt und schießt weiter, lässt das Magazin herausfallen, presst ein neues hinein und feuert weiter. Das Mündungsfeuer blitzt im dahinschießenden Wasser auf. Sie geht am Ufer entlang, folgt der Strömung und schießt weiter, bis sie keine Munition mehr hat und Jurek Walters Körper dort unter dem Eis verschwindet, wo der Fluss wieder breiter wird und langsamer fließt.
    Keuchend bleibt Saga am Ufer stehen, und ihre Fackel erlischt zu einer schwelenden roten Glut.
    Sie starrt ins Wasser, und Tränen laufen über ihre Wangen wie bei einem müden Kind.
    Die ersten Sonnenstrahlen fallen über die Baumwipfel, und die glitzernde Schneelandschaft wird in das warme Licht der Morgendämmerung getaucht. Knatternde Hubschraubergeräusche kommen näher, und Saga begreift, dass es endlich vorbei ist.

183
    Saga wurde ins Krankenhaus Danderyd gebracht, untersucht und in ein Bett verfrachtet. Eine Weile war sie in ihrem Zimmer liegen geblieben, hatte das Krankenhaus dann jedoch in einem Taxi verlassen, noch bevor sie behandelt werden konnte.
    Jetzt humpelt sie durch einen Flur des Karolinska-Krankenhauses, in das der Rettungshubschrauber Reidar und Mikael gebracht hat. Sagas Kleider sind schmutzig und nass, ihr Gesicht ist blutverschmiert, und in ihrem Ohr pfeift ein hoher Ton.
    Reidar und sein Sohn werden noch behandelt. Sie öffnet die Tür des Zimmers und sieht den Schriftsteller auf einem Untersuchungstisch liegen.
    Mikael steht neben ihm und hält seine Hand.
    Reidar sagt der Krankenschwester immer wieder, dass er unbedingt seine Tochter sehen muss.
    Als sein Blick auf Saga fällt, verstummt er abrupt.
    Mikael nimmt ein paar saubere Kompressen von einem Wagen und gibt sie Saga. Er zeigt auf ihre Stirn, wo Blut aus einem schwarzen Schnitt durch die Augenbraue läuft.
    Die Krankenschwester geht auf Saga zu, sieht sie an und bittet sie, in ein Behandlungszimmer mitzukommen, wo sie untersucht werden könne.
    »Ich bin Polizistin«, entgegnet Saga und sucht nach ihrem Dienstausweis.
    »Sie brauchen Hilfe«, versucht die Schwester einzuwenden, aber Saga unterbricht sie und bittet darum, dafür zu sorgen, dass sie alle zu Felicia Kohler-Frosts Zimmer in der Infektionsklinik gebracht werden.
    »Ich muss sie sehen«, erklärt sie ernst.
    Die Schwester telefoniert, erhält die Erlaubnis und zieht Reidars Trage zum Aufzug.
    Die Rollen quietschen leise auf dem bleichen Kunststoffboden.
    Saga folgt ihnen und spürt, dass sie den Tränen nahe ist.
    Reidar hat die Augen geschlossen, und Mikael geht neben ihm und hält seine Hand.
    Eine junge Krankenschwester erwartet sie und bringt sie in ein Zimmer mit gedämpfter Beleuchtung.
    Man hört nur ein langsames Zischen und das Piepen der Maschinen, die Puls, Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung und Herztätigkeit messen.
    Eine sehr zierliche junge Frau ruht in einem Bett. Ihre langen dunklen Haare liegen ausgebreitet auf dem Kissen und reichen bis zu den Schultern hinunter. Ihre Augen sind geschlossen, und die kleinen Hände liegen neben dem Körper.
    Sie atmet schnell, und ihr Gesicht ist voller Schweißperlen.
    »Felicia«, flüstert Reidar und versucht, sie mit der Hand zu erreichen.
    Mikael lehnt sich mit der Wange an seine Schwester und flüstert ihr lächelnd etwas
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