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Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Lars Kepler
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fällt ihr aus der Hand.
    Kraftlos versucht Saga, sich seinem Griff zu entwinden, und unmittelbar, bevor sie das Bewusstsein verliert, hört sie Jurek Walters leise Stimme:
    »Meine kleine Sirene …«
    Dann schleudert er sie gegen den Schrank, so dass ihr Kopf gegen die Kante schlägt, anschließend stößt er sie mit der Schläfe gegen die Steinwand. Sie fällt zu Boden, und vor ihren Augen flimmert alles. Sie sieht Jurek, der sich über den toten Mann beugt und das Messer aus seinem Körper zieht. Dann wird ihr wieder schwarz vor Augen.

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    Sie versuchen nicht mehr, leise zu sein. Mikael stützt Reidar auf dem Weg die Treppe hinunter. Unten angekommen, folgen sie dem schmalen Serviergang langsam nach links, an dem alten Schrank mit dem Weihnachtsservice vorbei, und gelangen in die Küche.
    Reidar muss erneut stehen bleiben und kann nicht mehr weitergehen. Eigentlich müsste er sich hinlegen, denn der Krampf in seiner Brust ist schier unerträglich.
    »Du musst fliehen«, bringt er keuchend hervor und hustet schwach. »Lauf, lauf zur Landstraße.«
    Auf dem Küchentisch brennt immer noch flackernd die Kerze. An einer Seite der Flasche ist Wachs bis zur Leinendecke heruntergelaufen.
    »Ich gehe nicht alleine«, erwidert Mikael. »Das kann ich nicht …«
    Reidar holt tief Luft und geht weiter, aber vor seinen Augen flimmert alles, so dass er sich mit der Hand an der Wand abstützt und das große Gemälde von Cullberg anstößt.
    Sie durchqueren das Musikzimmer, und Reidar spürt den Boden unter seinen nackten Füßen kaum noch.
    Auf dem Parkett ist Blut, aber sie gehen einfach weiter. Die Haustür steht offen, Schnee ist auf den Perserteppich und bis zur großen Treppe geweht worden.
    Mikael läuft zum Kleiderschrank, reißt Reidars Mantel heraus und findet das Nitroglyzerinspray. Mit zitternden Händen hebt Reidar das Fläschchen an den Mund und sprayt sich das Mittel unter die Zunge, macht ein paar Schritte, bleibt stehen und sprayt noch einmal.
    Er zeigt auf die Schale am anderen Ende des Zimmers, in der die Autoschlüssel liegen, hört gleichzeitig das Geräusch von schweren Schritten, die aus der Küche kommen. Die Zeit ist zu knapp. Sie rennen in den schwarzen Wintermorgen hinaus.
    Die Luft ist eisig kalt, und die Steintreppe ist schneebedeckt. Mikael trägt Sportschuhe, aber unter Reidars nackten Füßen brennt die Kälte.
    Der Schmerz in seiner Brust ist verschwunden, so dass sie wesentlich schneller vorankommen. Gemeinsam laufen sie zu Saga Bauers Auto.
    Reidar reißt die Tür auf, schaut hinein und sieht, dass der Schlüssel nicht steckt.
    Jurek Walter tritt auf die Steintreppe hinaus, sieht sie in der Dunkelheit, schüttelt Blut von seinem Messer und kommt auf sie zu.
    Sie laufen durch den Schnee zum Pferdestall hinauf, aber Jurek ist viel zu schnell. Reidar blickt auf die Felder hinaus. Das dunkle Eis des Flusses ist ein Band, das sich bis zu den rauschenden Stromschnellen durch den Schnee schlängelt.

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    Saga wird davon wach, dass ihr Blut ins Auge läuft. Sie blinzelt und dreht sich auf die Seite. Ihre Schläfe brennt, sie hat furchtbare Kopfschmerzen, ihr Hals ist zugeschwollen, und jeder Atemzug fällt ihr schwer.
    Vorsichtig tastet sie die Wunde an ihrer Schläfe ab und stöhnt vor Schmerzen. Sie liegt mit der Wange auf dem Boden und sieht ihre Glock im Staub unter der großen Kommode am Fenster.
    Erneut muss sie die Augen schließen und versucht zu verstehen, was geschehen ist. Joona hat Recht gehabt, denkt sie. Jurek holt sich Mikael zurück.
    Sie hat keine Ahnung, wie lange sie bewusstlos gewesen ist, aber es ist immer noch fast dunkel im Zimmer.
    Sie rollt auf den Bauch und jammert.
    »Oh Gott …«
    Dann schafft sie es mit Mühe, sich auf alle viere zu stellen. Ihre Arme zittern, als sie durch die Blutlache des toten Mannes bis zur Kommode kriecht.
    Sie streckt sich nach der Waffe, kommt aber nicht an sie heran.
    Saga legt sich flach auf den Boden, schiebt sich so weit unter die Kommode, wie es nur geht, kann die Glock aber nur mit den Fingerspitzen berühren. Unmöglich. Ihr ist so schwindlig, dass das ganze Zimmer mit einem Ruck zur Seite kippt und sie wieder die Augen schließen muss.
    Plötzlich nimmt sie durch ihre geschlossenen Lider einen Lichtschein wahr. Sie öffnet die Augen und sieht ein seltsames weißes Licht, das zitternd über die Decke hüpft. Sie dreht den Kopf und sieht, dass es aus dem Park kommt und in den Eiskristallen auf der Außenseite der Fenster glitzert.
    Mit
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