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Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Lars Kepler
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telefoniert und hört zu, ohne Joona aus den Augen zu lassen. Unter seinen Stiefeln knirschen kleine Steinchen. Er nickt, sagt etwas und hört anschließend wieder zu.
    Der Mann mit dem Sturmgewehr seufzt nach einer Weile und setzt sich auf den Stuhl an der Tür.
    Joona kniet vollkommen regungslos. Er trägt eine Trainingshose und ein weißes, schweißnasses T-Shirt. Die Ärmel spannen um seine Oberarmmuskeln. Er hebt ganz leicht den Kopf. Seine Augen sind grau wie polierter Granit.
    Der Mann mit der Pistole spricht erregt ins Telefon, beendet das Gespräch, scheint sekundenlang nachzudenken, macht dann vier schnelle Schritte nach vorn und presst die Mündung seiner Pistole auf Joonas Stirn.
    »Jetzt überwältige ich euch«, erklärt Joona ausgesprochen freundlich.
    »Hä?«
    »Ich muss warten«, erläutert er, »bis ich die Chance zu einem direkten körperlichen Kontakt bekomme.«
    »Ich habe soeben den Befehl bekommen, dich hinzurichten.«
    »Ja, die Situation ist ziemlich brisant, da die Pistole von meinem Gesicht wegmuss und ich sie am besten innerhalb von fünf Sekunden selbst benutzen können sollte.«
    »Und wie?«, fragt der Mann an der Tür.
    »Um ihn überraschen zu können, darf ich nicht auf seine Bewegungen reagieren«, antwortet Joona. »Deshalb lasse ich ihn zu mir kommen und warte, bis er stehen bleibt und genau zwei Mal atmet. Ich warte also bis zum Ende des zweiten Ausatmens, ehe ich …«
    »Warum?«, fragt der Mann mit der Pistole.
    »Ich gewinne ein paar Hundertstel, weil es für dich fast unmöglich ist zu reagieren, ohne zunächst Luft zu holen.«
    »Aber warum gerade der zweite Atemzug?«
    »Weil das unerwartet früh mitten in der populärsten Aufzählung der Welt ist: eins, zwei, drei…«
    »Verstehe«, erwidert der Mann lächelnd und entblößt einen braunen Schneidezahn.
    »Als Erstes wird sich meine linke Hand bewegen«, erklärt Joona an die Überwachungskamera unter der Decke gewandt. »Sie soll sich in einer einzigen Bewegung von meinem Gesicht lösen und den Lauf der Pistole packen. Ich muss sie festhalten, nach oben drehen und mit seinem Körper als Schutzschild aufspringen. In einer einzigen Bewegung. Für meine Hände hat die Waffe oberste Priorität, aber gleichzeitig muss ich den Mann mit dem Sturmgewehr im Auge behalten. Denn sobald ich die Kontrolle über die Pistole habe, bildet er die größte Bedrohung. Ich schlage also schnell und so oft wie nötig mit dem Ellbogen gegen Kinn und Hals, um die Kontrolle über die Pistole zu bekommen, feuere drei Schüsse ab, drehe mich anschließend schnell um und feuere drei weitere Schüsse ab.
    Die Männer in dem Raum beginnen von vorn. Die Situation wiederholt sich. Der Mann mit der Pistole erhält telefonisch seinen Befehl, zögert kurz, geht dann jedoch schnell zu Joona und presst die Mündung auf seine Stirn. Der Mann atmet ein zweites Mal aus und will gerade wieder Luft holen, als Joona sich mit der linken Hand den Lauf der Pistole schnappt.
    Das Ganze geschieht seltsam überraschend und schnell, obwohl es doch erwartet war.
    Joona schlägt die Waffe zur Seite, dreht sie in derselben Bewegung zur Decke und springt auf. Er deutet vier schnelle Schläge mit dem Ellbogen gegen den Hals des Mannes an, entwindet ihm die Pistole und schießt dem anderen Mann in den Rumpf.
    Drei Platzpatronen werden abgefeuert, deren Knall zwischen den Wänden widerhallt.
    Der erste Gegner taumelt immer noch rückwärts, als Joona sich umdreht und ihm in den Rumpf schießt.
    Er fällt gegen die Wand.
    Joona rückt zur Tür vor, reißt das Sturmgewehr an sich, greift sich das Ersatzmagazin und verlässt den Raum.

16
    Die Tür schlägt krachend gegen die Betonwand und wird zurückgeworfen. Joona geht weiter und wechselt gleichzeitig das Magazin. Die Blicke der acht Personen im angrenzenden Raum schwenken vom Großbildschirm zu ihm hinüber.
    »Sechseinhalb Sekunden bis zum ersten Schuss«, sagt einer.
    »Das ist viel zu langsam«, erwidert Joona.
    »Aber Markus hätte die Pistole schneller losgelassen, wenn ihn der Ellbogen wirklich getroffen hätte«, sagt ein großer Mann mit rasiertem Schädel.
    »Ja, da hättest du ein bisschen Zeit gewonnen«, meint eine Offizierin lächelnd.
    Auf dem Bildschirm läuft bereits die Wiederholung der Szene. Joonas angespannte Schultermuskeln, die geschmeidige Bewegung nach vorn, die Linie von Auge und Korn, während er gleichzeitig abdrückt.
    »Das ist wirklich beeindruckend«, sagt der Feldwebel der Gruppe und stützt
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