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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis
Autoren: Sarah Lark
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Waldstücke, die Unterschlupf bieten. Man sollte nur nicht vom Sturm überrascht werden, und man sollte sich auskennen ...«
    »Und?«, fragte Tim. »Kennt Jack McKenzie sich aus?«
    »Nicht so gut wie die Maori-Jungs, Sir«, meinte Maaka. »Der Stamm verbringt da oben ja oft ganze Sommer. Maramas Söhne kennen vermutlich jeden Stein.«
    »Und Jack ...« Tim biss sich auf die Lippen. Dies war einem Angestellten gegenüber eine delikate Frage. »Kann er Ratschläge annehmen?«
    Maaka machte erneut eine Geste der Unsicherheit. »Jack war ein feiner Kerl. Aber seit dem Krieg ... man kann ihn schlecht einschätzen. Er lässt sich treiben, wissen Sie? Womöglich überlässt er alles Gloria ...«
    Maaka sprach es nicht aus, doch Tim entnahm seiner Miene, dass Gloria als eher dickköpfig galt. Tim überraschte das nicht. Er kannte Kura-maro-tini. Eine Frau, die immer bekam, was sie wollte.
    »Was halten Sie denn von der Idee eines Suchtrupps?«, erkundigte er sich. »Es wurde Leuchtmunition gesehen. Meine Frau meint, die Leute warten vielleicht auf Hilfe.«
    »Das sehen Sie hier doch gar nicht, wenn da einer in den Bergen schießt«, meinte Maaka verwundert. »Vermutlich war es Wetterleuchten.«
    Tim berichtete ihm von Horis und Carters Beobachtungen, doch Maaka winkte ab. »Wir nehmen die Leuchtmunition mit, falls jemand verlorengeht oder sich verletzt. Dann alarmiert er damit das Hauptlager. Bis Kiward Station dringt das nicht, und man könnte es ja auch gar nicht lokalisieren.«
    »Also kein Suchtrupp?« Tim ging die Gelassenheit des jungen Maori langsam auf die Nerven. So unsentimental hatte er es sich nun auch nicht gedacht.
    »Wozu?«
    »Na, um die Leute zu retten, Mann! Es muss doch was passiert sein, sie wären sonst längst wieder hier! Oder was meinen Sie, machen die da oben?« Tim explodierte.
    »Schafe zusammentreiben«, antwortete Maaka knapp.
    Tim war verblüfft. »Sie meinen, irgendjemand überlebt mit knapper Not einen Jahrhundertsturm, und dann kommt er nicht auf dem direkten Weg nach Hause, sondern sammelt weiter Schafe ein, als wäre nichts passiert?«
    Maaka schürzte die Lippen. »Irgendjemand vielleicht nicht, Sir. Aber ein McKenzie.« Er hielt kurz inne. »Und eine Warden. Ich kümmere mich dann mal um die Vorbereitung der alten Rinderställe, Sir. Damit die Schafe ins Trockene können.«
     
    Die Ställe waren gesäubert und eingestreut, die Zäune kontrolliert und repariert, als die erste Gruppe Männer mit den Mutterschafen eintraf. Marama schloss lächelnd ihren zweiten Sohn in die Arme. Elaine atmete auf, als die Leute ihr versicherten, der Rest der Truppe käme am kommenden Tag.
    »Habt ihr nicht jemanden vorausschicken können?«, fragte Gwyneira zwischen Lachen und Weinen. Sie hatte die durchnässten und müden Männer ins Haus geholt, schenkte großzügig Whiskey aus und ließ sich von sämtlichen Abenteuern erzählen.
    »Haben wir vorgeschlagen, aber die Chefin meinte, wir brauchten jeden Mann.«
    Als Elaine und Lilian schließlich, etwas zu früh, zum gemeinsamen Essen herunterkamen, saß Gwyneira am Feuer und drehte ein Glas Whiskey zwischen den Fingern.
    »Mich haben sie niemals ›Chefin‹ genannt«, sagte sie gedankenverloren.
    Lilian kicherte. »Tja, die Zeiten ändern sich. Du konntest zehnmal so viel von Schafen verstehen wie die Männer, aber du bist immer die süße ›Miss Gwyn‹ geblieben. Gloria hatte das Pech – oder das Glück –, niemals niedlich zu sein. Früher war sie allerdings schüchtern.« Sie lächelte. »Scheint sich gegeben zu haben.«
     
    Jack, Gloria und ihre Männer verbrachten die letzte Nacht des Viehtriebs noch einmal in der Schutzhütte. Wiremu bestand diesmal darauf, dass die beiden im Innenraum schliefen. Jack war noch angegriffen und sollte nach dem Ritt im Warmen liegen. Doch dann sorgte Gloria für eine Überraschung. »Wir schlafen alle hier drinnen«, bestimmte sie. »In den Stall kommen die Lämmer, bei dem Geblöke macht doch keiner ein Auge zu.« Sie warf dabei einen kurzen Blick von einem der Männer zum anderen. Außer Wiremu und Jack schien allerdings keiner zu begreifen, wie schwer ihr dieser Vorschlag fallen musste. Die letzten Männer waren alle Maoris; sie waren gewohnt, im gemeinsamen Schlafhaus zu nächtigen und wären nie auf die Idee gekommen, dabei junge Mädchen zu belästigen. Erst recht nicht, wenn sie zu einem anderen gehörten.
    Jack hoffte, dass Gloria wieder zu ihm kommen würde, doch sie blieb in ihrem Alkoven und
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