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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis
Autoren: Sarah Lark
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schrecklich weit weg wäre ...« Sie sprach nicht weiter, als Lilian ins Zimmer kam. Die Kleine hatte sich eine viel zu große Schürze umgebunden, über die sie bei jedem zweiten Schritt stolperte. Wie so oft reizte sie ihre Eltern zum Lachen. Lilys sommersprossiges Gesicht hatte etwas Verschmitztes, auch wenn ihre Augen eher verträumt wirkten. Ihr Haar war fein und rot wie das ihrer Mutter und Großmutter, aber nicht gar so lockig. Sie trug es zu zwei langen Zöpfen geflochten und sah mit ihrer Riesenschürze aus wie ein Kobold, der Dienstmädchen spielte.
    »Der Tisch ist fertig, Mummy. Und ich glaube, der Auflauf auch.«
    Tatsächlich drang der aromatische Duft des Fleischauflaufs von der Küche bis ins Wohnzimmer.
    »Und wie viele Gläser hast du zerschlagen?«, fragte Elaine mit gespielter Strenge. »Leugne es nicht, wir haben es bis hierher gehört.«
    Lilian lief rot an. »Gar keins. Nur ... nur die Tasse von Jeremy ...«
    »Mummyyy! Sie hat meine Tasse kaputt gemacht!« Jeremy brüllte auf. Er liebte seine auch vorher schon angeschlagene Keramiktasse. »Mach sie wieder ganz, Mummy! Oder Daddy! Daddy ist Ingenieur, der kann doch Sachen heil machen!«
    »Aber keine Tassen, du Dummi!« Das war Rube.
    Einen Augenblick später stritten die Kinder sich lautstark. Jeremy schluchzte.
    »Wir reden später weiter«, meinte Tim und ließ zu, dass Elaine ihm aus dem Sessel half. In der Öffentlichkeit bestand er auf vollkommene Unabhängigkeit und ließ sich allenfalls von Roly die Tasche tragen. Gegenüber Elaine jedoch konnte er Schwäche zugeben. »Vorerst müssen wir die Horde abfüttern.«
    Elaine nickte und sorgte dann mit ein paar Worten für Ordnung.
    »Rube, dein Bruder ist nicht dumm, entschuldige dich. Jeremy, mit ein bisschen Glück kann Daddy die Tasse kleben, dann kannst du noch Buntstifte reinstecken. Ansonsten bist du jetzt groß und kannst aus Gläsern trinken, wie alle anderen. Und du, Lily, räum bitte noch die Noten weg, bevor wir essen. Rube, für dich gilt das Gleiche, pack die Eisenbahn zusammen.«
    Elaine hob ihren Jüngsten auf und setzte ihn in einen Hochstuhl im Esszimmer. Tim würde auf ihn aufpassen, während sie das Essen auftrug. Eigentlich wäre das die Aufgabe ihres Dienstmädchens Mary Flaherty gewesen, aber am Freitag hatte Mary ihren freien Nachmittag. Das erklärte auch, warum Roly nicht noch einmal aufgetaucht war, nachdem Tim ihn entlassen hatte. Gewöhnlich trennte er sich nicht so leicht von seinem Herrn und pflegte zumindest nachzufragen, ob es nicht doch noch etwas für ihn zu tun gab. Bei der Gelegenheit ergaben sich dann ganz zwanglos ein paar vertraute Worte mit Mary.
    Elaine nahm an, dass die beiden an diesem warmen Frühsommerabend gemeinsam unterwegs waren und dabei mehr Küsse als Worte tauschten.
    Immerhin hatte Mary den Auflauf noch vorbereitet, und Elaine brauchte ihn nur aus dem Ofen zu holen. Der Duft lockte Rube von seinen Aufräumarbeiten weg – und als Elaine sie eben rufen wollte, stand auch Lilian in der Tür.
    Das Mädchen strahlte übers ganze Gesicht und wedelte mit Gwyneira McKenzies Brief, den Tim achtlos auf ein Tischchen neben seinen Sessel gelegt hatte.
    »Ist das wahr?«, fragte sie atemlos. »Granny Gwyn schickt mich nach England? Wo die Prinzessinnen wohnen? Und in so ein Intra ... Inter ... in so eine Schule, wo man Lehrer ärgern kann und Mitternachtspartys feiert und so?«
    Tim Lambert hatte seinen Kindern oft von seiner Schulzeit in England erzählt; seine Internatsvergangenheit schien eine einzige Abfolge von Streichen und Abenteuern gewesen zu sein. Lily konnte es nun gar nicht abwarten, es dem Vater gleichzutun. Sie hüpfte vor Aufregung auf und ab.
    »Ich darf doch, oder? Mummy? Daddy? Wann fahren wir?«
     
    »Wollt ihr mich denn nicht mehr haben?« Glorias verletzter Blick huschte von einem Erwachsenen zum anderen, und in ihren großen, porzellanblauen Augen schimmerten Tränen.
    Gwyneira konnte es nicht ertragen. Sie hätte beinahe selbst geweint, als sie das Kind in die Arme nahm.
    »Gloria, von ›nicht mehr wollen‹ kann keine Rede sein!«, tröstete stattdessen James McKenzie und sehnte sich dabei nach einem Whiskey. Gwyneira hatte die Zeit nach dem gemeinsamen Abendessen gewählt, um Gloria von der Entscheidung ihrer Eltern in Kenntnis zu setzen. Zweifellos, um dabei die Schützenhilfe »ihrer Männer« zu haben. James fühlte sich jedoch von jeher unwohl in der Rolle des Erziehungsberechtigten eines Warden-Kindes. Und Jack hatte
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