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Der Rote Tod

Der Rote Tod

Titel: Der Rote Tod
Autoren: Jason Dark
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Versprechen.«
    Der Schauspieler hatte genau das erreicht, was er erreichen wollte. Die Menschen hatten zugehört, und jetzt waren sie damit beschäftigt, das Gehörte zu verdauen und daraus ihre Schlüsse zu ziehen. Es würde eine Weile dauern, bis sich jemand regte, denn zu tief saß der Schock. Noch nie waren sie so direkt mit dem Unheimlichen konfrontiert worden. Darüber mussten sie erst mal hinwegkommen.
    Auch Chris Bücker hatte den veränderten Monolog gehört. Laut Regieanweisung hätte er auf dem Bett liegen bleiben müssen. Auf dem Rücken und gegen die Decke schauend.
    Er hatte das Bett auch nicht verlassen. Aber er hatte sich nicht hingelegt und saß auf der Kante. Dabei schaute er auf den Rücken seines Kollegen.
    Jedes Wort hatte er verstanden. Wie Säuretropfen waren sie in sein Gehirn hineingetropft und hatten dort Löcher gerissen und seine Gedanken trotzdem in eine bestimmte Richtung gelenkt.
    Aus dem Zuschauerraum sprach den Roten Tod niemand an. Diesen Part übernahm Chris Bücker.
    »He, Richard, was ist eigentlich in dich gefahren? Bist du wahnsinnig geworden?«
    Kohler lachte leise, bevor er sich drehte. Er sah seinen Kollegen auf der Bettkante sitzen und zu ihm hochschauen. Obwohl Chris nicht angeleuchtet wurde, sah er das Staunen in dessen Gesicht.
    »Du glaubst mir nicht?«
    »Nein, das ist... verdammt... wie kannst du dich nur als Roter Tod und damit als Mörder identifizieren?«
    »Das ist ganz einfach.«
    »Wieso?«
    »Weil ich es bin!«
    Es war eine simple Antwort, und doch verschlug sie dem Kollegen die Sprache. Er selbst konnte keine Erwiderung finden, und es blieb ihm nur übrig, den Kopf zu schütteln.
    »Du kommst auch aus dieser Stadt, Chris?«
    »Klar, das weißt du.«
    »Demnach bist du schuldig.«
    Bücker winkte ab. »Hör doch mit diesem verdammten Gerede auf. Das glaubt dir sowieso keiner.«
    »Doch,. Chris, die Menschen hier glauben es mir. Warum, meinst du, sind sie so still? Und du wirst es mir auch glauben. Wir befinden uns hier auf der Bühne, aber das ist kein Schauspiel mehr. Hier läuft jetzt das wahre Leben ab.«
    Bücker schüttelte den Kopf. Seine blonden Haare flogen dabei. »Erzähle mir doch keinen Mist, verflucht. Du bist nicht mehr richtig im Kopf. Das ist doch Unsinn...«
    Seine Stimme hatte den normalen Klang verloren. Sie war unsicher geworden.
    »Kein Unsinn, Chris, denn du bist der Nächste. Ich werde dich vernichten, dir dein Leben nehmen. Auf der Bühne, vor aller Augen. Es wird meine große Todesschau werden.«
    »Das wagst du nicht!«
    »Wirklich nicht?«
    »Nein, du...«
    Bücker verstummte. Er hatte die Bewegung kaum gesehen. Es war nicht mehr als ein Zucken der Hand gewesen. Eine Sekunde später allerdings nahm er den Lichtblitz war, der von der Schneide des Skalpells gegen die Decke geschleudert wurde und sich dort verlor.
    Da wusste er Bescheid!
    Kohler kam näher. »Willst du noch ein allerletztes Gebet sprechen, mein Freund?«
    Bücker sagte nichts. Seine Kehle war plötzlich verschlossen. Er starrte nur den glänzenden Gegenstand an, der so höllisch scharf war und mit einem Schnitt seine Kehle durchtrennen konnte...
    ***
    Nein, das war alles andere als ein langweiliges Theaterstück. Allein vom Thema her interessierte es Harry und mich, und als dann der Monolog einsetzte, da wussten auch wir sehr bald, dass er nicht in das normale Geschehen hineinpasste.
    Das waren keine Worte oder Sätze, die mal für dieses Stück geschrieben worden waren. Die hatte sich Richard Kohler selbst zurechtgelegt, um sich zu outen. Ein jeder sollte wissen, wer sich tatsächlich hinter seiner Maske verbarg. Dass der Rote Tod existierte und nicht nur als Legende in den Köpfen der Menschen herumgeisterte.
    Auch bis in die letzte Reihe war jedes seiner Worte deutlich zu hören. Nichts entging uns. Als Harry mich anstieß und ich den Kopf zu ihm hindrehte, hörte ich seine Frage.
    »Glaubst du, dass er es ernst meint?«
    »Ja, das glaube ich.«
    »Und das auf der Bühne, verdammt. Ich habe das Gefühl, dass wir hier einen Mord erleben werden.«
    »Abwarten.«
    Wir hörten weiterhin zu, aber wir merkten auch die Unruhe der anderen Menschen in unserer Reihe und in den Reihen davor. Die Besucher sprachen nicht viel miteinander, dokumentierten aber durch ihre Bewegungen, dass sie aufgeschreckt worden waren. Sie hörten genau zu, aber sie weigerten sich, es zu begreifen.
    »Der ist nicht verrückt Harry, der weiß genau, was er tut, weil er einen verdammt guten Hintermann
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