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Der rote Planet

Titel: Der rote Planet
Autoren: Alexander A. Bogdanow
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das besäße, was bei Ihnen Befehlsgewalt
heißt. Ich habe einfach die
größte Erfahrung beim Lenken von Sternschiffen, und
meine Anweisungen
werden ebenso befolgt, wie ich Sternis astronomische Berechnungen
unbesehen akzeptiere oder wie wir uns alle nach Nettis medizinischen
Ratschlägen richten, um unsere Gesundheit und Arbeitskraft zu
erhalten.«
    »Wie alt ist Doktor Netti? Mir kommt er sehr jung
    vor.«
    »Das weiß ich nicht, sechzehn oder siebzehn
Jahre«, antwortete Menni lächelnd.
    Das hatte ich ebenfalls geschätzt. über eine
so frühe Gelehrsamkeit war ich jedoch verwundert.
    »In dem Alter schon Arzt!« entfuhr es mir
unwillkürlich.
    »Fügen Sie hinzu: ein kenntnisreicher und
erfahrener Arzt!« sagte Menni.
    Bei unserem Gespräch hatte ich nicht bedacht
— und Menni hatte es
wohl absichtlich nicht erwähnt —, dass ein Marsjahr
fast doppelt so
lang ist wie ein Erdenjahr. Der Mars umkreist die Sonne in 686
Erdentagen, Nettis sechzehn Lebensjahre kamen also dreißig
Erdenjahren
gleich.

6. Das Sternschiff
    Nach dem Frühstück führte mich
Menni durch das »Schiff«. Zuerst
begaben wir uns in die Maschinenabteilung. Sie lag direkt auf dem
abgeflachten Boden und bestand aus fünf Räumen, dem
zentralen Raum mit
dem Antriebsmotor und vier Nebenräumen. Im zentralen Raum
waren auf
allen vier Seiten runde Glasfenster in den Fußboden
eingelassen, eines
aus reinem Kristall, drei aus farbigem Glas unterschiedlicher Nuancen.
Das Glas war drei Zentimeter dick und erstaunlich durchsichtig. Wir
konnten jedoch nur einen Teil der Erdoberfläche sehen.
    Den Hauptteil des Motors bildete ein Metallzylinder von drei
Metern
Höhe und einem halben Meter Durchmesser. Er bestand aus
Osmium, einem
sehr schwer schmelzbaren Edelmetall, das dem Platin verwandt ist, wie
mir Menni erklärte. In diesem Zylinder wurde die radioaktive
Materie
gespalten; die rotglühenden, zwanzig Zentimeter dicken
Wände zeugten
von der Energie des Prozesses. Trotzdem war es im Raum nicht
heiß, denn
der gesamte Zylinder war von einer Hülle aus einer
durchsichtigen Masse
umgeben, die vorzüglich vor Hitze schützte, und oben
war diese Hülle
mit Röhren verbunden, durch die heiße Luft nach allen
Seiten zur
gleichmäßigen Heizung des Sternschiffs abgeleitet
wurde.
    Die übrigen Maschinenteile — elektrische
Spulen, Akkumulatoren,
Geräte mit Zifferblättern usw. —, auf
unterschiedliche Weise mit dem
Zylinder verbunden, waren ringsherum in schöner Ordnung
angebracht, und
der diensthabende Maschinist sah sie dank einem Spiegelsystem alle
zugleich, ohne aus seinem Sessel aufstehen zu müssen.
    Die Nebenräume waren das
»Observatorium«, der »Wasserraum«,
der
»Sauerstoffraum« und der
»Rechenraum«. Im Observatorium bestanden
Fußboden und Außenwand durchweg aus Kristall, einem
geometrisch
geschliffenen Glas von idealer Reinheit. Als ich Menni über
einen
Laufsteg folgte und direkt nach unten sah, erblickte ich nichts
zwischen mir und dem Abgrund, der sich unter uns auftat - so
durchsichtig war das Kristall. Ich musste die Augen schließen,
weil mir
schwindelte. Danach richtete ich meinen Blick nur auf die Instrumente
zwischen dem Stegnetz. Sie standen auf komplizierten Stativen, die aus
den Innenwänden und von der Decke in den Raum ragten. Das
Hauptteleskop
war ungefähr zwei Meter lang, besaß jedoch ein
unproportional großes
Objektiv von offenbar großer Stärke.
    »Wir verwenden nur diamantene Okulare«,
erklärte Menni, »das ergibt ein sehr weites
Blickfeld.«
    »Wie stark ist dieses Teleskop?« fragte ich.
    »Damit erzielen wir eine deutliche sechshundertfache
Vergrößerung«,
antwortete Menni. »Wenn das nicht ausreicht, photographieren
wir den
Ausschnitt und betrachten das Photo unter einem Mikroskop. Auf diese
Weise erreichen wir faktisch ein Bild mit sechzigtausendfacher
Vergrößerung, und das wegen des Photographierens
lediglich um Minuten
verzögert.«
    Menni schlug mir vor, durch das Teleskop die Erde zu
betrachten. Er stellte selbst das Gerät ein.
    »Die Entfernung beträgt jetzt
ungefähr zweitausend Kilometer«, sagte er.
»Erkennen Sie, was Sie sehen?«
    Ich erkannte sogleich den Hafen einer skandinavischen
Hauptstadt,
die ich mehrmals im Parteiauftrag besucht hatte. Sogar die Dampfer an
der Reede konnte ich sehen. Mit einer Hebelbewegung setzte Menni
anstelle des Okulars die Kamera in das Teleskop. Nach wenigen Sekunden
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