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Der rote Planet

Titel: Der rote Planet
Autoren: Alexander A. Bogdanow
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Ordnung die
Polygamie in unserer
Zeit teils unrealisierbar und teils zu einem Privileg von Ausbeutern
und Parasiten, die mit ihrer dekadenten Geistesart alles besudeln; die
Zukunft müsste auch hier eine tiefe Umwandlung bringen. Anna
Nikolajewna war über solche Worte empört; sie sah
darin einen Versuch,
ein grob sinnliches Verhältnis zum Leben in ein ideologisches
Gewand zu
kleiden.
    Trotzdem habe ich die unausbleibliche Trennung nicht
vorhergesehen
und gespürt. Äußere Ereignisse
beschleunigten die Auflösung unserer
Verbindung.
    Zu jener Zeit kam ein junger Mann in die Hauptstadt, der den
ungewöhnlichen Decknamen Menni trug. Er brachte aus dem
Süden
Nachrichten und Aufträge, an denen zu erkennen war, dass er
das volle
Vertrauen der Genossen besaß. Nachdem er seine Mission
erfüllt hatte,
blieb er noch einige Zeit in der Hauptstadt und besuchte uns zuweilen,
wobei er die lebhafte Neigung äußerte, mit mir
näher bekannt zu werden.
    Menni war in vielem ein origineller Mann, angefangen bei
seinem
Äußeren. Eine dunkle Brille maskierte seine Augen so,
dass ich nicht
einmal ihre Farbe kannte. Sein Kopf war unproportional groß;
seine
Gesichtszüge, ebenmäßig, aber erstaunlich
starr, wollten durchaus nicht
zu der sanften und ausdrucksvollen Stimme passen, und ebenso wenig zu
seiner harmonischen, jünglingshaft federnden Gestalt. Er
sprach
zwanglos und flüssig, seine Rede war stets gehaltvoll. Mennis
wissenschaftliche Bildung kam mir sehr einseitig vor; offensichtlich
hatte er ein Ingenieurstudium absolviert.
    Im Gespräch neigte Menni dazu, spezielle und
praktische Fragen auf
allgemeine Ideen zurückzuführen. Wenn er bei uns
weilte, traten die
Gegensätze zwischen mir und Anna Nikolajewna sehr bald so
deutlich und
klar hervor, dass wir qualvoll die Aussichtslosigkeit unserer
Verbindung empfanden. Mennis Ansichten ähnelten offensichtlich
den
meinigen, er äußerte sich zwar sehr behutsam und
vorsichtig in der
Form, aber scharf und entschieden dem Inhalt nach. Die politischen
Differenzen zwischen Anna Nikolajewna und mir wusste er so kunstvoll
mit grundlegenden Unterschieden in unserer Weltanschauung zu
verknüpfen, dass diese Unterschiede als psychologisch
unausweichliche,
fast logische Schlüsse daraus erschienen, und es schwand
jegliche
Hoffnung, aufeinander einzuwirken, die Gegensätze zu ebnen,
eine
übereinkunft zu erzielen. Anna Nikolajewna empfand Menni
gegenüber
beinahe Hass, verbunden mit lebhaftem Interesse. Mir
flößte er große
Achtung und undeutliches Misstrauen ein: Ich spürte, dass er
einen
Zweck verfolgte, wusste jedoch nicht, welchen.
    An einem Januartag — es war schon Ende des Monats
— sollte in den
Leitungen beider Parteiflügel über eine geplante
Massendemonstration
beraten werden, bei der es zu bewaffneten
Zusammenstößen kommen konnte.
Am Abend zuvor erschien Menni bei uns und fragte, ob die leitenden
Funktionäre der Partei an dieser Demonstration teilnehmen
würden. Der
Streit, der zwischen uns entbrannte, wurde bald heftig.
    Anna Nikolajewna erklärte, dass jeder, der
für die Demonstration
stimme, moralisch verpflichtet sei, in den ersten Reihen zu
marschieren. Ich hielt das durchaus nicht für verbindlich,
teilnehmen
sollten vielmehr diejenigen, die dort vonnöten wären
und wirklich
nützlich sein könnten, wobei ich mich im Sinn hatte,
da ich bereits
einige diesbezügliche Erfahrungen besaß. Menni ging
noch weiter und
behauptete, bei dem offenbar unvermeidlichen Zusammenstoß mit
dem
Militär müssten sich die Straßenagitatoren
und Kampf Organisatoren auf
dem Handlungsfeld befinden, dagegen hätten die politischen
Leiter dort
nichts zu suchen und nervöse oder körperlich schwache
Menschen könnten
der Sache sogar schaden. Anna Nikolajewna war wegen dieser
Erwägungen,
die sie als Affront gegen sich auffasste, geradezu beleidigt. Sie brach
die Unterhaltung ab und begab sich in ihr Zimmer. Bald verabschiedete
sich auch Menni.
    Tags darauf musste ich früh aufstehen. Ich ging fort,
ohne Anna
Nikolajewna gesehen zu haben, und kam erst abends heim. Der Plan zu der
Demonstration war verworfen worden, sowohl von unserem Komitee wie von
der Leitung des anderen Flügels. Ich war es zufrieden, weil
ich wusste,
wie unzureichend vorbereitet wir für einen bewaffneten
Konflikt waren;
bei einem solchen Zusammenstoß hätten wir nur
fruchtlos unsere Kräfte
vergeudet. In der
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