Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Triumph in seinem Blick, kein Beifallheischen, keine Überlegenheit. Es war wie stummer Dank.
    Mit den Fingern tastete er die Prothese ab. Dann nickte er Dr. Werth zu. »Fühlen Sie mal, Herr Kollege …«
    Oberarzt Dr. Werth legte seine Finger auf das Teflonstück, auf die neue Arteria femoralis. Seine Augen glänzten begeistert.
    »Der Puls ist deutlich tastbar. Man sieht ja die Pulsation.« Er beugte sich zum Fußrücken hinab. Auch hier war der Puls wieder tastbar. Die Durchblutung war wieder in Gang gekommen – die Farbe des Beines änderte sich – aus der blaßweißen Farbe wurde ein kräftiges Rosa. Die Körperwärme des abgestorbenen Gliedes kehrte zurück. Das Bein war gerettet, der Tod besiegt.
    »Machen wir weiter«, sagte Bergh. »Die Wundversorgung ist der wichtige zweite Akt.«
    Er spritzte in die Wunde ein Gramm Streptomycin. Dann legte er einen Drain in die Wunde und verband.
    »Der Drain bleibt sechsunddreißig Stunden drin«, sagte er dabei. »Ferner kommt das Bein zehn Tage auf eine Schiene. Täglich geben wir Supracillin als Infektions-Prophylaxe.«
    Er trat vom Tisch zurück, nahm Kappe und Mundtuch ab und sah in das bleiche, aber doch nicht blutleere Gesicht Regina Teschendorffs.
    Für Artur Sporenka kamen Tage fieberhafter Arbeit.
    Gabriele Orth hatte die Operation genau beschrieben … Dr. Thoma hatte ihr Einblick in den OP-Bericht gegeben. Auch das war verboten – aber es war in den letzten Monaten soviel Verbotenes und Abscheuliches in der Klinik geschehen, daß ein Vertrauensbruch, der noch dazu zum Nutzen Berghs ausgewertet werden sollte, das Geringste war.
    »Sehen Sie sich das an!« jubelte Sporenka. Seine Überschwenglichkeit brach alle Dämme. Er umarmte Gabriele Orth, und es hätte nicht viel gefehlt, da hätte er sie geküßt. »Zwanzig Interviews! Behaupten Sie noch immer, daß Artur Sporenka eine Niete ist?«
    »Interviews? Mit wem denn?«
    »Mit ehemaligen Patienten Berghs. Hier …« Er kramte aus dem Wust von Papier, Fotos, Zeichnungen, Telegrammen und Fernschreiberblättern einige dicht beschriebene Bogen hervor.
    Und so geschah es. Die Interviews erschienen. Wien las sie mit Spannung – jeden Tag drei Interviews … Im Ausland wurde der Sporenka-Bericht nachgedruckt. Der Name Bergh lief über die Spalten der Weltpresse und stand neben den neuesten intimen Berichten über Soraya und Prinzessin Margret. Millionen Hände griffen am Morgen vor der ersten Tasse Kaffee zur Zeitung, und Millionen Lippen sagten in zwanzig Sprachen das gleiche: »Mal sehen, was über Bergh drin steht …«
    Einer, der es nicht las, war Bergh selbst.
    Er erschien auch nicht – wie er es versprochen hatte – in der Klinik.
    Er hatte sich in seinem Haus eingeschlossen. Nur die Post drang über die Haushälterin Erna zu ihm vor. Und Afra durfte um ihn sein.
    Ihr las er die Telegramme und Schreiben vor, die täglich mehr bei ihm eintrafen. Telegramme aus der ganzen Welt. Anmeldungen für die St.-Emanuel-Klinik.
    Der Morgenkaffee, eine der Stunden, in der man Baron v. Boltenstern nicht stören durfte und die er als die wichtigste und schönste des ganzen Tages betrachtete, war ihm gründlich verdorben.
    In der Morgenzeitung stand ein großer Bericht über Professor Bergh.
    Boltenstern hatte nur die Überschrift gelesen. Dann hatte er die Zeitung mit einem wenig aristokratischen Fluch auf die Erde geworfen.
    Wenige Minuten später fuhr er zur Klinik. Er hoffte, dort Bergh anzutreffen. Er wollte Klarheit haben – und er wollte Klarheit verbreiten. Wer einen v. Boltenstern moralisch ohrfeigt, tut dies nicht ohne Rückschlag …
    Er traf Professor Bergh in der Klinik nicht an.
    Aber er stieß auf Brigitte, als er durch den Gang der Station P I zum Ausgang eilte.
    Brigitte Teschendorff sah Baron v. Boltenstern wie einen Straßenjungen an, der sie im Laufen angerempelt hatte. Ihr hochmütiger, voll Spott geladener Blick, in dem nichts mehr von der Sorge um die verletzte Tochter zu lesen war, trieb Boltenstern die Röte ins Gesicht bis unter die Haarwurzeln.
    »Was wollen Sie denn hier?« fragte sie leichthin.
    Boltenstern atmete tief durch. Man sollte sie einfach ins Gesicht schlagen, durchfuhr es ihn. Wenn man nicht so gut erzogen wäre, könnte man sie auch anspucken – mehr ist sie nicht wert.
    »Das ist das einzige, was du zu fragen hast?« antwortete er rauh. Brigitte zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
    »Wir duzen uns, Baron?«
    »Laß das Theater jetzt! Was soll nun werden?«
    »Das fragen Sie mich,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher