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Der rostende Ruhm

Der rostende Ruhm

Titel: Der rostende Ruhm
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dar. Ein Großlabor war geplant, eine Röntgenstation, eine Unterwasser-Massagenanlage, ein Heilschwimmbecken, ein Gymnastiksaal …
    Bernsteg war in Urlaub gefahren – nach Deutschland, an den Rhein, zur Spätlese. Baron v. Boltenstern hatte sich ebenfalls entschuldigen lassen – er befand sich in Äquatorialafrika auf einer Safari.
    »Elefanten schießen ist eben leichter als intrigieren«, kommentierte es Karel Barnowski. »Manche Leute sollten sich nur auf ihre Safari beschränken, anstatt eine Rolle spielen zu wollen.«
    Professor Bergh hatte in der Akademie einen Lichtbildervortrag gehalten. Es war der Vortrag, den er in den Bergen, in der Hütte des Simperl, ausgearbeitet hatte.
    ›Die chemisch-physiologische Behandlung von Zelldegeneration als Prophylaxe karzinöser Entartung‹, so hieß das Thema. Es war ein Vortrag, dem die anwesenden eintausend Ärzte aus aller Welt atemlos lauschten. In dem Beifall, den Bergh empfing, als er nach dem letzten Wort das Podium verließ, ging alles unter, was jemals um den Namen Martin Bergh geredet, geschrieben und gehaßt wurde.
    An diesem Abend, als er erschöpft in einem Nebenraum der Akademie saß und ein großes Glas Rotwein trank, gab er Gabriele Orth das Schreiben der Universität von Toronto.
    Sie las es langsam, Wort für Wort, und legte es dann auf den Tisch.
    »Schön«, sagte sie. »Wunderschön! Und was wirst du tun?«
    »Ich habe zugesagt …«
    »Das freut mich – für dich …« Sie sah zur Seite. Er sollte nicht sehen, wie ihre Augen leer wurden.
    »Gabi?« Bergh ergriff ihre Hand und zog sie zu sich heran. »Willst du mit mir nach Toronto fahren …?«
    »Ich weiß nicht, ob Sporenka mich freigibt«, sagte sie stockend. »In Kanada ist jetzt nichts los – und …«
    »Ich werde dich Sporenka abkaufen.«
    »Abkaufen?«
    »Mit einem Papier, auf dem stehen wird: Herr und Frau Bergh …«
    »Martin –«, sagte Gabriele leise.
    »Willst du?«
    Sie nickte stumm. Plötzlich begann sie zu weinen und warf sich an Berghs Brust. So traf Dr. Czernik sie an, der zur Gratulation ins Zimmer kam.
    »Sie kommen gerade richtig!« rief Bergh ihm fröhlich zu. »Kommen Sie näher, lieber Czernik. Sie sollen mir helfen, ein Phänomen zu erklären: Warum müssen Frauen, wenn sie glücklich sind, immer weinen?«
    Czernik hob die Schultern. »Als Pessimist würde ich sagen«, meinte er, »sie denken schon daran, wie es in zehn Jahren sein wird …«
    Es vergingen Wochen, bis die Verhandlungen mit Toronto zum Abschluß gekommen waren und die Reisevorbereitungen abgeschlossen wurden.
    In aller Stille fand die Hochzeit Professor Berghs mit Gabriele Orth statt – selbst Artur Sporenka durfte nichts darüber berichten.
    »Da soll man schweigen?!« jammerte er am festlich gedeckten Tisch, den die Haushälterin Erna mit Blumen geschmückt hatte. Sporenka hatte erst gar nicht an die Einladung geglaubt – aber dann sah er sofort ein, was Bergh sagte:
    »Ohne den Sporenka hätte ich Gabi ja nie kennengelernt. Sein erster Artikel gegen mich war der Beginn des ganzen Unglücks …« Er sah zur Seite auf Gabriele, die in einem schlichten Kostüm auf ihren Teller blickte. »Daß aus diesem Unglück soviel Glück werden könnte, lag bestimmt nicht in seinen Plänen. Wir bestrafen ihn ja heute auch mit absolutem Stillschweigen …«
    Sporenka lachte notgedrungen mit. Er strengte sich an, einen Ausweg zu finden, um doch – und wenn's nur eine kleine Meldung war – versteckt von der Hochzeit zu berichten.
    Nur wenige Gäste hatte Bergh zu dem Essen gebeten. Dr. Czernik, Josef Teschendorff, Dr. Werth und Dr. Thoma. Auch Brigitte hatte er eingeladen – es war von ihm kein Racheakt, sondern eine Geste verzeihender Freundschaft gewesen. Brigitte war nicht gekommen – er hatte es nicht anders erwartet. Sie ließ sich wegen Migräne entschuldigen.
    In den vergangenen Wochen hatten sich die Ereignisse nicht nur gehäuft, sondern wie gegen die Küste anrollende Wogen überschlagen.
    Regina Teschendorff ging es gut – sie lief schon wieder im Garten der Klinik, auf einen Stock gestützt – nach einigen Tagen machte sie ihren ersten Spaziergang ohne Stütze. Die Narbe am Oberschenkel erinnerte noch daran, daß hier der Tod zugegriffen hatte und sich vor der Kunst eines Arztes als besiegt zurückziehen mußte. Die Teflonprothese als künstliche Arterie arbeitete wie eine natürliche Ader. Sie hatte sich in den Organismus eingegliedert, und das Blut pulste durch sie hindurch, als sei es nie
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