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Der Roman eines Konträrsexuellen

Der Roman eines Konträrsexuellen

Titel: Der Roman eines Konträrsexuellen
Autoren: Emile Zola
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ist. Ich schwärme für türkischen Kaffee und trinke davon beträchtliche Mengen, obwohl stets in kleinen Quantitäten und sehr heiß. Liköre gefallen mir ebenfalls, aber in sehr kleinen Mengen. Ich habe stets von den römischen Orgien geträumt, und eine der Szenen, die mich am meisten entzückt haben, ist die Orgie des Arcabes in »Die letzten Tage von Pompeji«. Ich bewundere diese untergegangene Stadt und durchstreife sie oft, wobei ich ihren toten Zauber und ihr vom Vesuv ersticktes Leben heraufbeschwöre.
    Ich hege die größte Leidenschaft für Reiterspiele, die Schönheit der Athleten, ihre Kraft und Formvollendung, hat auf mich stets den lebhaftesten Eindruck gemacht. Dagegen erregen mir die Akrobatinnen und Tänzerinnen im Zirkus nur Mitleid und Ekel.
    Ich schwärme für schöne Pferde, doch fahre ich lieber im Wagen spazieren als daß ich aufs Pferd steige, obwohl ich ziemlich gut reite.
    Ich verabsäume niemals, die Schauspiele mit wilden Tieren anzusehen, und war immer beim Frühstück und Spiel der Löwen und Tiger zugegen, erfüllt von dem geheimen Wunsch, ein wenig Blut fließen zu sehen. Ich würde einen schönen Tierbändiger allen schwächlichen Poeten dieser Welt vorziehen. In meiner Leidenschaft für den Mann wünsche ich mir an ihm Glanz, Tapferkeit, Kraft und Schönheit – Zartheit gefällt mir wenig an ihm, weil ich selbst so zart bin.
    Ich liebe leidenschaftlich das Spiel, je waghalsiger es ist, umso besser gefällt es mir. Ich habe ziemlich viel Glück im Spiel, doch das Geld zerrinnt mir in den Händen und bleibt nie in meinen Taschen. Oft habe ich die – allerdings unbedeutenden – Spielverluste meines Freundes gutgemacht.
    Für mich gebe ich wenig aus und fast ausschließlich nur für Bücher, Nippsachen und meine Toilette, die mich sehr interessiert. Ich liebe den strengen und korrekten Chic der Engländer, deren sämtliche Moden, einfache wie ausgefallene, wir nachahmen. Ich liebe Schwarz sehr, das mein hübsches, blondes Gesicht hervortreten läßt, ich liebe blendende Wäsche und elegante, nach der letzten Mode gefertigte Stiefel.
    Ich bin von sehr eleganter Gestalt und wirke nicht unbeholfen. Schmucksachen liebe ich bei Männern wenig und trage nur sehr einfache Krawattennadeln, dagegen ist meine Uhr ein wahres Wunder. Am kleinen Finger der linken Hand trage ich einen einfachen Reif aus Eisen mit einem großen Diamanten, den mir meine Mutter geschenkt hat. Mein großer Luxus sind meine Spazierstöcke; ich habe welche von Verdier, die wunderbar sind, besonders einer mit einem Knauf aus prächtigem Bergkristall.
    Ich glaube, ich habe Ihnen noch nicht von meinen Händen gesprochen, die wirklich herrlich sind, vielleicht das Schönste, was ich besitze, meinen Teint und meine Haare ausgenommen. Ich bin sehr stolz auf sie, umso mehr, als sie viel bewundert werden und man mir oft gesagt hat, es sei ein Vergnügen, von ihnen berührt zu werden. Ein großer Bildhauer, der unglücklicherweise vor kurzer Zeit gestorben ist und den ich kannte, wollte sie modellieren. Ich habe eine Kopie des Abdrucks in meinem Zimmer auf einem blausamtenen Kissen. Die Form der Hände ist vollendet, obgleich ungewöhnlich: lang, schmal und scheinbar ohne Knoten und Muskeln. Die Finger sind lang, am Anfang breit, enden sie in Spindelform. Obgleich von unerhörter Zartheit und ausnehmender Feinheit, sind sie doch an der Spitze viereckig, und ich muß nach dieser Form meine Nägel schneiden, die übrigens Edelsteinen von leuchtendem und glänzendem Rot ähnlich sehen und nach dem weißen Halbmond alle Nuancen des Rosa aufweisen. Obwohl viereckig, ist ihre Form vollendet, und das Fleisch, von dem sie eingerahmt sind und das trotz ihrer Länge über sie hinauswächst, ist weich und fein wie das Häutchen eines Eis. Während ich Ihnen schreibe, bewundere ich meine Hände, sie sind wirklich sehr schön. Der Daumen ist entzückend, rund mit ovalem Nagel. Die Hand selbst ist wie weicher Samt, auf dem man leichte, kaum merkliche, von den Adern verursachte blaue Schattierungen bemerkt. Der kleine Finger ist zierlich und abgespreizt. Die vorderen Fingerglieder sind auf eine etwas merkwürdige Art eingebogen und von lebhaftem Rosa, das zu dem sonstigen matten Schimmer einen Gegensatz bildet. Der Handteller, den eines Abends eine deutsche Dame studiert hat, die sich mit Chiromantie und Tischrücken beschäftigt, wird von kräftigen, langen und scharfgezeichneten Linien durchschnitten. Diese werden von einer diagonalen,
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