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Der Ritter von Rosecliff

Der Ritter von Rosecliff

Titel: Der Ritter von Rosecliff
Autoren: Rexanne Becnel
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sich wirklich um eine Frau handelte. Eine Frau! Er setzte sich aufrecht hin und schirmte seine Augen mit der Hand gegen die Sonne ab, um besser sehen zu können. Sie war jung und hatte langes rabenschwarzes Haar. Durch seine Bewegung hatte er sie auf sich aufmerksam gemacht aber sie ergriff nicht die Flucht sondern legte ihr Bündel am Ufer ab, zog ihre kurzen Stiefel aus und schürzte den Rock.
    Jasper hielt den Atem an. Litt er vielleicht unter Halluzinationen, weil er auf nüchternen Magen zu viel Wein und Bier getrunken hatte? War dieses liebliche Geschöpf, das jetzt unerschrocken ins eisige Wasser watete, nur in seiner überreizten Fantasie vorhanden? Er sprang auf und musste feststellen, dass er sich kaum auf den Beinen halten konnte. Doch das würde ihn nicht davon abhalten, die schwarzhaarige Schönheit in Besitz zu nehmen. Sein Hirn mochte nicht in bester Verfassung sein, aber das hatte seine Manneskraft noch nie beeinträchtigt ...
    Auf der anderen Seite des Flusses konnte Rhonwen sich beim besten Willen rächt erklären, warum sie es darauf anlegte, den Fremden zu provozieren, indem sie ihre Röcke hob und die Beine entblößte. An seiner Kleidung war er unschwer als englischer Ritter zu erkennen, und eigentlich hätte sie hastig den Rückzug antreten sollen, aber sie fühlte sich nicht bedroht. Der Mann stand schwankend am Ufer, offensichtlich betrunken. Sollte er in diesem Zustand versuchen, den Fluss zu überqueren, bliebe ihr immer noch genügend Zeit zur Flucht.
    Plötzlich schnappte sie jedoch erschrocken nach Luft. Das war er! Der Bruder von Sir Randulf - Jasper Fitz Hugh, den sie als neunjähriges Mädchen zum ersten Mal gesehen hatte, als er ein Gefangener von Rhys' Vater Owain gewesen war, der ihm eine Hand abhacken und Randulf Fitz Hugh schicken wollte. Damals hatte Rhonwen dafür gesorgt dass Jasper nur einen Finger verlor. Nicht etwa aus Mitleid, sondern weil sie ihre Freundin Josselyn retten wollte, die sich in Randulfs Gewalt befand. Doch ihre Bemühungen waren letztlich vergeblich gewesen: Josselyn hatte sich in ihren Entführer verliebt und ihn geheiratet, Jasper hatte Owain getötet und sich einen zweifelhaften Ruhm als Schwerenöter erworben.
    Das alles war lange her ... Rhonwen betrachtete über den Fluss hinweg den großen, breitschultrigen Mann, der die Hand zum Gruß hob. Er war äußerst attraktiv, wie sie zugeben musste. Kein Engländer dürfte so attraktiv sein!
    Würde sie ihm ein zweites Mal helfen, wenn sich eine Gelegenheit dazu böte? Ganz bestimmt nicht! Und was täte Rhys, wenn er jetzt an ihrer Stelle hier wäre?
    Auf diese Frage gab es nur eine einzige Antwort. Rhys vertrat die Ansicht dass Wales von allen Engländern gesäubert werden musste. Wer nicht freiwillig ging, musste umgebracht werden. Der Zweck heiligte die Mittel ...
    Die Fitz Hughs hatten demonstriert dass sie nicht die Absicht hatten, das Land freiwillig zu verlassen. Und Rhonwen konnte dafür sorgen, dass ein Feind weniger ihre Heimat beherrschte. Als Waliserin war es ihre Pflicht so zu handeln.
    Sie winkte Jasper zu, um ihn in Sicherheit zu wiegen. Dann griff sie nach dem kleinen Jagdbogen, der über ihrer Schulter hing, und zog langsam einen Pfeil aus dem Köcher an ihrem Gürtel. Bevor ihr Zweifel an ihrem Vorhaben kommen würden, schritt sie zur Tat. Der Pfeil surrte durch die Luft ...

Kapitel 2
     
    Als Jasper in den eisigen Fluss stürzte, wurde er innerhalb von Sekunden nüchtern. Sie hatte ihn zu töten versucht! Die Sirene mit den reizvollen Kurven und dem langen schwarzen Haar hatte ihn umbringen wollen!
    Hatte ihr Pfeil ihn getroffen?
    Nein, stellte er sehr schnell fest er war unverletzt. Die Redensart dass Gott Kinder und Betrunkene beschützte, stimmte offenbar, denn er selbst hätte nicht mehr rechtzeitig reagieren können, als der mörderische Pfeil angeflogen kam, den seine vom Alkohol getrübten Augen zu spät wahrgenommen hatten. Aber weil er sich ohnehin kaum auf den Beinen halten konnte, hatte ein heftiger Windstoß ihn vollends aus dem Gleichgewicht gebracht und er war ins Wasser gefallen. Dadurch musste der Pfeil ihn um Haaresbreite verfehlt haben.
    Seine Kleidung saugte sich mit kaltem Wasser voll, und die Strömung riss ihn mit. Er wollte ans Ufer schwimmen, bevor es zu spät sein könnte, doch seine Vernunft riet ihm, sich noch ein Stück den Fluss hinab treiben zu lassen. Wenn die verdammte Hexe glaubte, er sei ertrunken, würde sie ihn nicht verfolgen. Nicht dass er Angst vor
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