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Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Titel: Der Regen in deinem Zimmer - Roman
Autoren: Aufbau
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wünschte, er würde nie enden. Solange ich in Bewegung bleibe, ist alles leichter zu ertragen.
    Eigentlich wollte ich es nicht, doch als ich nach Hause komme, kann ich nicht anders und rufe ihn an. Eine automatische Ansage setzt mich davon in Kenntnis, dass die Nummer nicht mehr vergeben ist. Noch nicht einmal ein Abschiedsgruß? Habe ich ihn so sehr enttäuscht? War wirklich nichts mehr zu retten? Er ist nicht wegen mir gegangen, es ist nicht meine Schuld, das weiß ich. Wieder einmal hast du es geschafft, mich zu überraschen, Caravaggio. Du hast dieBühne wie ein Profi verlassen, kurz bevor der Vorhang fällt. Chapeau.
    Nach und nach verschwindet in Zerolandia alles, bedeckt von weißem, endlos fallendem Schnee. In Zerolandia gibt es keine Jahreszeiten, keinen Frühling, sondern nur einen langen, stillen Winter, der jetzt zu Ende ist. Der Eingang ist verschlossen, die Gnome und Feen sind fort, der Zauber ist gebrochen, die Zeit abgelaufen, und uns hat es nie gegeben.

17. Februar
    Nachmittags bin ich bei Gabrieles Eltern gewesen, doch eine Nachbarin hat mir gesagt, sie seien weggezogen. Wohin, weiß sie nicht, aber bestimmt nicht nach Amsterdam. Ich kann mir die Verzweiflung der Mutter vorstellen, weit weg von Gabriele. Was für ein harter Schlag für sie. Ich frage mich, ob er ihr gesagt hat, wo er hinwollte, ob sie miteinander geredet haben. Fragen über Fragen und keine Antwort.
    War es wirklich nötig, sämtliche Spuren zu verwischen? Womöglich erschien dir ein Nicht-Ende für unsere Nicht-Beziehung am passendsten. Wer weiß, ob du ahntest, dass mich das so schwer treffen würde. Ist das die Strafe für meine Blindheit, dafür, dass ich dich irgendwie betrogen habe? Oder für was? Es hat nichts zu bedeuten, sage ich mir. So bist du eben, so bist du immer gewesen, ohne wirklich da zu sein, so wie ich. Wir sind uns begegnet, weil ich dir vor die Füße gefallen bin, und dann hat sich daraus etwas ergeben, das nie wirklich begonnen oder geendet hat. Doch jetzt fehlt mir Zerolandia.
    Zu Hause bleibe ich die ganze Zeit in meinem Zimmer. Nonna glaubt, ich würde fürs Abi lernen. Umso besser. Angela und Claudia rufen mich häufig an, am Wochenende gehe ich für ein paar Tage zu Claudia. Wer weiß, vielleicht bist du ja wieder da, wenn ich zurückkomme.

7. März
    Ich hätte nicht geglaubt, dass ich all diese Einsamkeit ertragen könnte, jetzt, da Gabriele nicht mehr da ist, aber tatsächlich bin ich sehr gut darin geworden. Seit über einem Monat bin ich nicht einmal mehr im Schwimmbad gewesen und verlasse das Haus nur, um zur Schule zu gehen. Ich bin keine Schwimmerin mehr, ich bin Akrobatin geworden, Tänzerin auf einem langen Seil aus immer gleichen Tagen, ohne jemals herunterzufallen. Ich halte die Augen stets geschlossen, die Leere ruft mich, doch ich habe keine Furcht.
    Die einzigen Menschen, mit denen ich spreche, sind Angela und Claudia, und eigentlich könnte ich aufhören, ihnen Theater vorzuspielen, aber inzwischen bin ich so gut darin, dass ich es dennoch tue und immer sage, es gehe mir ein wenig besser, es gehe bergauf. Die Abwesenheit wird Gegenwart, die Leere wird erträglich, den Rest erledigt die Zeit.
    Was wird aus den Menschen, die nicht mehr da sind? Das, was war, oder all das, was es nicht gab?

Wenn das Glück zurückkehrt,
tue ich so, als wäre nichts
    Wenn das Glück zurückkehrt, tue ich so, als wäre nichts. Ich werde so tun, als bemerkte ich es nicht, als könnte ich drauf verzichten, wäre zur Einsicht gekommen und fände mich ab. Wenn das Glück zurückkehrt, rede ich nicht mit ihm. Ich werde einfach so tun, als sähe ich es nicht. Genau wie damals, wenn ich lernte und dich in deinem Zimmer hörte, das leise Dudeln des Radios, und mich nicht drum scherte, weil ich glaubte, es bedeute nichts. Doch das war das Glück, und ich wusste es nicht.
    In der Stille ist mir manchmal, als hörte ich etwas nebenan, dann halte ich inne und lausche. Ich lege das Ohr an die Wand und warte. Auf meiner Seite nur Leere, auf deiner nur Abwesenheit. Die ewigen Sieger. Mit der Macht der unsichtbaren Dinge löschen sie mich aus.
    Wenn das Glück zurückkehrt, kann es meinetwegen schreien; inzwischen weiß ich Bescheid, es macht mir nichts vor.
    Als ich klein war, brachtest du mich ins Bett und ließest die Tür angelehnt. Ich hörte Nonna leise fragen: »Ist sie eingeschlafen?«, und du antwortetest: »Ja, sie war müde. Sie hat heute pausenlos gespielt. Wenn es morgen schön ist, gehe ich mit ihr in den
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