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Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Titel: Der Regen in deinem Zimmer - Roman
Autoren: Aufbau
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Sonia sehen zu mir herüber, aber ich tue so, als merkte ich es nicht. »So ist es. Aber Zero ist noch nicht mal gestolpert und stinksauer geworden. Zuerst hat er ihn gegen die Wand geschleudert, und dann hat er ihm eine fette Kopfnuss verpasst.« Er kichert dämlich. Armer Irrer, denke ich, blöd und sadistisch obendrein. »Und dann?« Ich versuche, mir meine Unruhe nicht anmerken zu lassen. »Nichts dann. Zero hat ihn in die Ecke gedrängt und ihm was gesagt, dann ist er weg.« Er muss immer noch lachen. »Giovanni hat sich vielleicht in die Hosen gemacht.« Verstohlen sieht er zu Sonia hinüber, die uns immer noch beobachtet. »Er dachte, der würde draußen auf ihn warten. Dieser arrogante Schwachmat. Der ist auf sein Motorrad gesprungen, als sei der Teufel hinter ihm her.« Er feixt. »Und wieso hat Giovanni ihn geschubst?«, frage ich. »Pff. Die Leute, die hinter ihnen waren, meinten, Zero sei auf dem Weg nach unten zu ihm hin und hätte ihm was gesagt. Dann ist das Geschubse losgegangen.« – »Und was hat er ihm gesagt?« –»Was weiß ich. Aber geil! Pass bloß auf, dass du Hulk nicht in die Quere kommst.« – »Wenn er kommt, frage ich ihn vielleicht«, sage ich ernst. »Bist du irre?« Pietro reißt die Augen auf. »Der macht dich kalt.« Er feixt wieder. »Also denn«, sagt er, zufrieden, seine Informantenpflicht erfüllt zu haben, »ich gehe auf meinen Platz zurück. Gestern habe ich keinen Strich gelernt, wenn die Mathetante mich aufruft, sitze ich nächstes Jahr auf Zeros Platz.« Ich tue so, als wäre ich damit beschäftigt, meine Bücher aus dem Rucksack zu holen, aber ich kann nur an das denken, was Pietro gerade geschildert hat. Jetzt weiß Giovanni mit Sicherheit, dass ich es Gabriele erzählt habe, wieso sollte er sonst so reagieren? Wenn Giovanni wirklich Schiss gekriegt hat, dann hoffentlich ordentlich, sonst bin ich geliefert. Ich atme tief durch und weiß nicht, ob ich froh sein soll oder neuer Ärger im Anzug ist. Es bedeutet aber auch, dass Gabriele mir geglaubt hat. Ich kann einfach nicht geradeaus denken und warte nur darauf, dass er kommt und ich ihn fragen kann. Ich schaue auf die Uhr und warte. Zwanzig nach acht, jetzt kommt er nicht mehr.
    In der Pause schicke ich ihm eine SMS . Nach der letzten Stunde noch immer keine Antwort. Ich stürze hinaus und rufe ihn an. Ich presse das Handy ans Ohr: Der Teilnehmer ist nicht erreichbar. Verzweifelt stehe ich da und sehe mich um.
    Wo bist du bloß?
    Ich bin hier.

27. Januar
    Claudias Wohnung liegt in einem alten Palazzo im Stadtzentrum. Eine schier endlose Zimmerflucht entlang eines breiten Flurs. Ihr Mann hat sie ihr überlassen, der geniale Physiker oder Mathematiker, ich weiß es nicht mehr. Das liebe ich am meisten an Claudia: Egal wie sehr sie die Leute auf die Palme bringt, sie schafft es immer, sich verzeihen zu lassen. Meine Mutter lachte, wenn sie ihr den Nachklapp ihrer Liebesgeschichten erzählte, und genau deshalb erzählte Claudia sie ihr, weil Mama sie mit Humor zu nehmen wusste. Angela hingegen war manchmal allzu streng, weshalb Claudia ihr lieber nicht alles erzählte.
    Mein Zimmer ist wunderschön: ein riesiges Bett mit dunkelrot und petrolfarben geblümtem Bettzeug, dazu passende Vorhänge und ein Schreibtisch, der ungefähr zehnmal so alt ist wie ich. Und erst der Boden: dunkle, schimmernde Holzdielen, auf denen man am liebsten barfuß laufen oder sich ausstrecken möchte. Im Wohnzimmer stehen ein langer Tisch, an dem zwanzig Personen Platz haben, und ein dunkelgrünes Sofa, das bestimmt eine Menge gekostet hat. Doch das Schönste ist der riesige Kamin, vor den Claudia ein mit rosa Samt bezogenes Kanapee und einen kleinen Kirschholztisch gestellt hat. An den Wänden Dutzende Bilder, die ein Vermögen wert sein müssen, und ein paar alte Familienfotos. Wer weiß, wieso ein Mann eine solche Wohnung einer Frau überlässt, die ihn gleich nach der Hochzeit abserviert hat.
    »War er so unerträglich?«, frage ich.
    »Du machst dir keine Vorstellung.« Sie verdreht die Augen. »Denk nur, er wollte mir Bridge beibringen.« Sie prustet los. »Wie findest du das?«
    »Wie alt war der denn?«, frage ich ungläubig.
    »Dem Geburtsdatum nach nicht so alt, aber dem Kopf nach hätte er prima ins frühe neunzehnte Jahrhundert gepasst. Schau dich um und sag mir, ob du ein Möbelstück siehst, das jünger als hundert Jahre ist.«
    Ich muss lachen.
    »Stell dir vor, jeden Sonntagmorgen sind wir joggen gegangen. Immer um Punkt acht. Wir
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