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Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Titel: Der Regen in deinem Zimmer - Roman
Autoren: Aufbau
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Park.« Ich fahre mit ihr ans Meer, ich nehme sie mit. Bis ans Ende der Welt. Immer. Für immer. Stimmen aus dem Nebenzimmer. Und dann schlief ich ein. Das Glück war kein Schrei, sondern ein sachtes Murmeln.
    Stimmen aus dem Nebenzimmer. Das darf ich nicht vergessen, auch wenn ich weiß, dass nichts mehr so sein wird, wie es war, nichts kehrt wieder. Jenes gedämpfte Flüstern ist alles Glück, was ich kenne.

23. März
    Als ich aus der Schule komme, liegt auf dem Bord im Eingang ein Umschlag für mich. Holländische Briefmarke. Ich habe nicht den Mut, ihn zu öffnen. Ich stürze in mein Zimmer, rufe meiner Großmutter zu, dass ich keinen Hunger habe, setze mich, ohne die Jacke auszuziehen, aufs Bett und halte den Umschlag auf den Knien, als wäre er aus Glas. Ich öffne ihn ganz vorsichtig, um ihn nicht kaputtzumachen, und rede mir ein, je behutsamer ich bin, desto wertvoller ist sein Inhalt. Eine Zeichnung ist darin: Ich, am Strand, hinter mir das Meer und über dem Horizont graue Wolken. Die Zeichnung zeigt mich von vorn, mein Blick ist auf jemanden oder etwas vor mir gerichtet. Jetzt fällt es mir ein: auf dich. Ich lächele ganz leicht, ein paar Haarsträhnen sind mir ins Gesicht gefallen, und ich sehe ein bisschen schüchtern aus. Habe ich dich so angesehen? Ich drehe das Blatt um, doch es steht nichts drauf, nicht einmal eine Adresse oder Telefonnummer. Nichts. Doch du hast es signiert. Zero steht da, nicht Gabriele, nicht das, was du bist, sondern das, wofür dich alle gehalten haben. Ich sehe mir den Umschlag genauer an, doch da ist nur meine Anschrift. Du verstehst es, deine Spuren zu verwischen. Trotzdem bin ich glücklich, glücklich, dass du irgendwo bist, an mich denkst und mich noch vor dir siehst. An diesen Tag am Strand kann ich mich noch genau erinnern, der Himmel war genauso bleischwer wie heute. Unser erstes Date, aber damals wusste ich das noch nicht. Jetzt weiß ich es. Als wir uns geküsst haben, hast du nach Rauchgeschmeckt. Danach haben wir bei Petrit Karten gespielt. Jetzt bin ich glücklich, weil ich weiß, dass du einen Moment lang an mich gedacht hast, um diese Zeichnung zu machen.
    Weißt du, dass Giovanni geflogen ist? Er hat an all seine Freunde Handyfotos von einem nackten, betrunkenen Mädchen aus der Elf herumgeschickt. Es war die Tochter von Richter Ravelli. Als sie dahintergekommen ist, hat sie es ihren Eltern erzählt, die schnurstracks zum Direktor gegangen sind. Giovanni hat eine Anzeige gekriegt und ist von der Schule geflogen. Diesmal kommt er nicht so leicht davon.
    Ich habe angefangen, fürs Abi zu lernen, aber ich habe keine Lust. In der Schule rede ich mit niemandem mehr, unser Tisch gehört noch immer uns allein.
    Mit wem rede ich da eigentlich? Während ich dir all das erzähle, merke ich, dass ich noch immer reglos auf dem Bett sitze. Ich betrachte deine Zeichnung und erzähle dir ein bisschen von mir. Dann halte ich inne, schließe die Augen und versuche mich an deine Stimme, dein Gesicht zu erinnern. Weißt du, an was ich mich am besten erinnere? Wie du nach dem Rauchen die Zigarette auf den Boden wirfst, mit dem Fuß austrittst und dann die Hände in die Taschen steckst; das Kinn in der Jacke vergraben, hast du die Welt um dich herum gemustert, und deinen Augen war anzusehen, was davon du später zu Papier bringen würdest.
    Ich lege die Zeichnung auf den Schreibtisch und lächele meiner Mutter zu, die mich aus dem Silberrahmen auf der Kommode ansieht. Dann stehe ich auf, gehe zum Fenster und schiebe die Gardine zur Seite. Die Luft ist heute so grau und dünn, als wäre ein neuer Winter angebrochen, dabei ist seit zwei Tagen Frühling. Ich atme tief ein und denke, dass du mich nicht vergessen, nicht ausradiert hast. Seit heute ist Frühling.

10. April
    Letzte Woche hat die Nachbarin ihren Rasenmäher zurückhaben wollen. Vergangenen Sommer hatte sie ihn uns geliehen, und wir haben vergessen, ihn zurückzugeben. Aus Rücksichtnahme hat sie nie danach gefragt, und als sie schließlich doch herübergekommen ist, hat sie ein entschuldigendes Gesicht gemacht, als wollte sie nicht stören. Nonna und ich sind in die Garage hinuntergegangen und haben angefangen zu suchen. Wir haben alles zur Seite geschoben, was sich mit der Zeit angesammelt hatte. Nonna hat eine Plastikplane hochgehoben, sich heruntergebeugt und die Hand vor den Mund geschlagen. Zuerst dachte ich, sie fühlte sich nicht wohl oder würde gleich in Tränen ausbrechen, doch zu meinem Erstaunen hörte ich
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