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Der Rat der Zehn

Titel: Der Rat der Zehn
Autoren: Jon Land
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abgestellt werden konnte.
    Schließlich, im Alter von vierundfünfzig, fand Doris sich beim Aufziehen ihres geliebten, fünf Jahre alten Enkels wieder, die Zahlungen von verschiedenen Versicherungen bis zu Andys Collegealter streckend. Dann verkaufte sie unter Tränen das Haus, das sie so sehr liebte, und zog in den Süden, wo sie glaubte, ein einfaches Leben in der Sonne führen zu können. Selbst dann noch war das Geld für Andys Studium ein wichtiger Faktor, und anschließend bestand sie darauf, ihn zu unterstützen, bis seine Karriere in Schwung kam. Doris hatte sich selbst all die Jahre hindurch versprochen, daß es ihrem Enkel nie an etwas mangeln sollte. Das Geld war fast aufgebraucht, als das Geschäft begann. Aber all das Geld konnte ihr Gewissen nicht besänftigen.
    Und dennoch, dachte Doris, wenn man es recht betrachtete, war es Andy, durch den sie im Vorteil gegenüber ihren Freundinnen war. Auch sie hatten Enkel und Familien über das Land verteilt. Aber außer einer gelegentlichen Urlaubskarte und manchmal einem Anruf waren sie einander entfremdet und voneinander isoliert, vergessen im weiten Süden, der für viele von ihnen einmal wenig mehr als ein Friedhof voller Möwen gewesen war, den sie nicht gut kannten, um sich auf ihn einzulassen. Sie hatten die unterdrückte Angst vor South Beach gegen verschiedene Orte an den Palm Beaches eingetauscht. Das Geschäft machte es erforderlich, daß sie Sommer wie Winter im Süden verbrachten, eine Bedingung, die Doris ärgerte, weil das Sommerabkommen ihr das Ambiente des berühmten Breakers verdarb, wo sie ihren ständigen Wohnsitz genommen hatte.
    »Doris – ist alles in Ordnung?« fragte Sophie.
    Doris blinzelte, und ihr wurde bewußt, daß das Flugzeug zum Stehen gekommen war und sich die Leute im Gang drängten. Sie waren zu Hause.
    »Nur ein Tagtraum«, sagte sie. »Das ist alles.«
    Fannie hatte sich einen Weg vorwärts gebahnt, und Doris folgte ihr den Gang entlang und überlegte, was Sophies Tarotkarten gesagt hätten, wären sie fünf Jahre früher gelegt worden.
    Die Großmütter bahnten sich langsam ihren Weg durch den internationalen Flughafen von Palm Beach. Doris wäre für eine schnellere Gangart gewesen, aber Sophie schien sich in letzter Zeit nur noch langsam bewegen zu können, und Fannies massiger Körper hatte sie zwischen Wasserpfützen gedrängt. Doris empfand den Frühherbsttag als heiß, und sie sehnte sich nach der angenehmen Kühle ihres vollklimatisierten Apartments im Breakers.
    Schließlich erreichten sie die Gepäckzone, wo das Fließband gerade damit begonnen hatte, die Koffer heranzutransportieren. Einige Reisende drängten sich vor, um ihre Position zu verbessern. Die Großmütter blieben zurück.
    Vier unauffällige Männer standen abseits der Szene, jeder mit einem großen Koffer an der Seite. Ein zufälliger Beobachter würde vermuten, ihre Koffer wären als erste aus dem Flugzeug entladen worden. Nur waren weder die Männer noch diese speziellen Koffer im Flugzeug gewesen.
    »Da ist meiner!« schrie Fannie. »Doris, versuch doch, ob du ihn für mich erwischen kannst.«
    Doris arbeitete sich mit entschuldigenden Worten nach vorn und packte den Griff von Fannies monströsem karierten Koffer. Einer ihrer eigenen Koffer tauchte kurz danach auf, und sie sah Sophie und Sylvie gemeinsam einen der ihren vom Band heben.
    Die Großmütter stellten das Gepäck zur Seite und warteten auf den Rest. Einer der vier Männer bewegte sich vorwärts und schleppte dabei einen riesigen karierten Koffer mit sich. Er täuschte größte Aufmerksamkeit für das vom Band ausgespuckte Gepäck vor und schob dabei seinen Koffer neben den von Fannie. Den Griff ihres statt des eigenen Koffers packend, entfernte er sich wieder.
    Ein anderer der vier Männer näherte sich. Er trug eine perfekte Kopie von Doris amerikanischem Tornister.
    Die Großmütter konzentrierten sich weiterhin ganz und gar auf das Fließband und hielten Ausschau nach dem Rest ihres Gepäcks. In der Zwischenzeit waren die unauffälligen Männer in der Menge außerhalb des Flughafens verschwunden, jeder mit einem großen Gepäckstück in der Hand.
    Doris sah sich nach einem Gepäckträger um.

2
    Lantos hielt seine Aktentasche fester, als er sich der Gasse näherte.
    Nicht daß er Gefahr verspürte, aber man mußte trotzdem auf alles vorbereitet sein, besonders im Hinblick darauf, was die Aktentasche enthielt. Der Miami-Kontakt war seit Jahren seine Domäne, und er war zufrieden.
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