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Der Rat der Zehn

Titel: Der Rat der Zehn
Autoren: Jon Land
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Mittwoch war und er Gott weiß auf welchem Golfplatz zu finden war. Aber die Worte hinkten so hoffnungslos ihren Gedanken hinterher, daß Doris sich fragte, ob sie je wieder in der Lage sein würde zu sprechen.
    Zu ihrer großen Überraschung traf Morris Kornbloom zwanzig Minuten später ein. Die Polizei hatte ihn in seinem Fitnesscenter ausfindig gemacht.
    »Mein Gott, was für ein Tag war das für dich«, sagte er mit einem Seufzer. »Der ganze Schock. Es ist ein Wunder, daß du dich so gut gehalten hast, mein Mädchen.«
    Er nannte sie immer so, und sie haßte es, wie ihr klar wurde, weil sie sich mehr als einmal hoffnungsvoll gefragt hatte, ob Kornbloom, ein siebenundfünfzigjähriger Witwer, sich nicht manchmal überlegte, sie auszuführen. Der Altersunterschied wurde dadurch ausgeglichen, daß sein eingefallenes Gesicht und sein dünnes weißes Haar ihn älter erscheinen ließen, als er war.
    Nun überprüfte Kornbloom ihren Blutdruck und Puls, dann erforschte sein Stethoskop ihren Oberkörper.
    »Es scheint alles in Ordnung zu sein«, berichtete er. »Um aber auf Nummer Sicher zu gehen, lasse ich dir diese Pillen da. Nimm bitte alle vier Stunden eine und zwei vor dem Schlafengehen.« Er stellte eine kleine Flasche mit weißen Pillen neben die mit den roten auf den Nachttisch.
    »Was ist mit Sylvia?« fragte Doris zögernd.
    Kornbloom legte seine Instrumente in seinen schwarzen Koffer zurück. »Sie ist vorsorglich ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der Schock, ihre Freundin – deine Freundin – so vorzufinden, war sehr groß für sie. Sie ist unter ständiger Beobachtung. Nur über Nacht, verstehst du? In ein paar Stunden kannst du sie besuchen. Spät am Nachmittag, würde ich sagen.« Er hielt inne.
    »Ich gehe nicht, bevor ich nicht gesehen habe, wie du eine dieser Pillen genommen hast. Sie werden dir helfen, dich zu entspannen.«
    Morris Kornbloom sah sie mitfühlend an, und in diesem Moment hätte Doris ihm gerne von dem fehlenden Glas Wasser erzählt und dem Kampf bei Fannie, der gar kein Kampf gewesen war. Aber einen Zusammenhang zwischen diesen scheinbar zufälligen Ereignissen herzustellen, würde bedeuten, ihm vom Geschäft zu erzählen, weil dies die einzig mögliche Verbindung war. Dies würde aber auch bedeuten, die Verantwortung für den Tod ihrer Freundin zu übernehmen, dank ihrem Gewissen, das sich nach fünf Jahren bemerkbar gemacht hatte. Hilfe war vielleicht nur einen Telefonanruf weit entfernt, aber es tat zu weh zuzugeben, daß die Umstände ihn erforderlich machen könnten.
    »Gut, Morris«, begann sie und versuchte ihre Furcht zu verbergen, »hol mir bitte ein Glas Wasser, damit ich all die Pillen, auf die du Wert legst, herunterschlucken kann.«
    Doris nahm ein Taxi zum Krankenhaus und kam um vier Uhr an. Sie hatte um drei Uhr angerufen, damit Sylvia vorbereitet war. Vor morgen würde sie Fannie nicht erwähnen; auch nicht die mögliche Verbindung zum Geschäft.
    Sylvia hatte ein Privatzimmer im dritten Stock des Guten-Samariter-Hospitals, das in West Palm lag. Die Speisekarte bot internationale Kost, und die luxuriösen Privatzimmer hatten Meeresblick. Wenn man schon krank werden mußte, war es wahrscheinlich am besten, hierher zu kommen, aber Doris haßte es, wie sie alle Krankenhäuser haßte. Sie haßte ihren Geruch, das Gefühl – alles. Außer für die Tests, die mit ihr gemacht worden waren und mit der Verschreibung der roten Lebenspillen endeten, hatte sie nie eine Nacht in einem Krankenhaus verbracht und wollte auch nicht damit anfangen. Außer, wenn Sylvie das wünschte. Sylvie kam zuerst, und wenn sie nicht allein sein wollte, würde Doris ein Bett hineinstellen lassen, wenn nötig sogar den Tagessatz bezahlen.
    Der Fahrstuhl hielt direkt vor der Schwesternstation im dritten Stock, und Doris war überrascht, Morris Kornbloom neben einem Mann, den sie als Sylvias Arzt wiedererkannte, stehen zu sehen.
    »Morris, was machst du …?«
    Sein Gesicht war eine Maske aus Stein, die ihre Frage beantwortete, bevor sie ganz ausgesprochen war.
    »Nein, Morris, nein!« schrie sie trotz ihrer eigenen Schwäche.
    »Atmungsversagen, Doris«, sagte er, einen Blick mit Sylvias Arzt austauschend. »Es passierte ganz plötzlich. Es war nichts …«
    »O Gott«, hörte sich Doris dazwischenfahren. »Sie haben sie auch umgebracht. Direkt im Krankenhaus, und trotzdem haben sie einen Weg gefunden!«
    »Doris …«
    Aber es war zu spät. Sie rutschte schon die Wand herunter, die ihre
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