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Der raetselhafte Kunstraub

Der raetselhafte Kunstraub

Titel: Der raetselhafte Kunstraub
Autoren: Alfred Weidenmann
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sie zu ihrem Mann hinüber, und zu dem Südamerikaner sagte sie höflich: „Sie sind wirklich ein großer Meister, Señor.“
    „Trotzdem sage ich noch einmal, das Ganze ist eine Kateridee“, wiederholte der Schokoladenfabrikant hartnäckig.
    Frau Hugendubel setzte sich in einen Gartenstuhl und hielt ihr Gesicht in die Sonne. „Du bekommst einen wunderschönen Goldrahmen, und dann wirst du in der Empfangshalle drüben in der Fabrik aufgehängt. Jeder soll wissen, wer die Hugendubel-Schokolade auf die Beine gestellt hat. Jede Firma, die etwas auf sich hält, hängt ihre Gründer an die Wand. Das gehört zur Tradition, und wenn du ...“
    „Tradition, daß ich nicht lache“, kicherte der Schokoladenfabrikant. Dabei mußte er husten, weil er sich an seinem Orangensaft verschluckt hatte. „Als ich anfing, hatte ich nichts in der Tasche, und das war genau vor zwanzig Jahren. Da kann man nicht von Tradition reden meine Liebe.“
    „Einmal muß man mit allem anfangen“ stellte Frau Hugendubel fest und ließ ihr Gesicht weiter von der Sonne braun brennen. Von deiner Fabrik verstehst du bestimmt eine ganze Menge mehr als ich. Da rede ich dir auch gar nicht drein. Aber das Drumherum ist meine Sache. Laß mich das machen. In zwanzig Jahren sprechen wir uns wieder.“
    „Ich hoffe, schon etwas früher“, lachte jetzt der Schokoladenfabrikant, guckte auf seine Uhr und nahm den letzten Schluck Orangensaft. „Tut mir leid, aber jetzt ist Schluß für heute.“ Er stand auf und zerdrückte den Rest seiner Zigarre im Aschenbecher. „Um zehn Uhr muß ich schon wieder sitzen. Diesmal allerdings im Rathaus.“
    Genau fünf Minuten später rollte eine schwarze Limousine mit den Herren Hugendubel und Salvatore Ambrosi zur Stadt. Obgleich der Südamerikaner dreiviertel des Platzes für sich brauchte, saßen die beiden Herren ziemlich bequem. Das lag daran, daß einerseits die Limousine sehr breit war und andererseits Herr Hugendubel sehr schlank.
    Ein Chauffeur lenkte den Wagen am Güterbahnhof und am Straßenbahndepot vorbei „Wenn ich seit zwei Jahren sozusagen der einzige Kunde bin“, fragte der Schokoladenfabrikant nach einer Weile sehr vorsichtig, „ich meine, wenn sich sonst niemand von Ihnen malen läßt, wovon leben Sie dann eigentlich?“
    „Die Frage ist gerichtigt“, gab Salvatore Ambrosi zu.
    „Berechtigt“, korrigierte Ludwig Hugendubel.
    „Danke“, sagte der Südamerikaner und nickte ein wenig mit dem Kopf. „Ich verdiene nicht viel, wenn Sie wollen darauf hinaus. Mal gut, mal schlecht. Wie das Wetter. Mal Sonne, mal Regen. Wenn viele Touristen da, dann Sonne. Dann verkaufe ich Bilder von Stadt oder Figuren aus Stein oder auch Keramik. Mache alles. Auch Vasen und Büsten.“
    „Büsten“, korrigierte Herr Hugendubel wieder.
    Und der Mann, der aus Südamerika oder irgendwoher nach Bad Rittershude gekommen war, sagte wieder „danke“. Und dann fügte er noch hinzu: „Ja, man muß vielseitig sein. Efectivo! Aber so ist das heute mit die Kunst.“
    „Ja, ja, die Kunst...“, überlegte Herr Hugendubel. Die schwarze Limousine fuhr jetzt gerade am Gaskessel vorbei. „Und gibt es da außer Ihnen noch mehr? Ich meine, noch andere Künstler in unserer Stadt, die genauso von der Hand in den Mund leben?“ Er fragte das wie ein Arzt, der in Erfahrung bringen will, ob eine ansteckende Krankheit schon sehr verbreitet ist.
    „Ein paar kenne ich“, gab Herr Ambrosi zur Antwort.
    „Aber es gibt bestimmt auch manche, die ich nicht kenne.“ Und nach einer Weile sagte er noch: „Ich leider lebe ein paar hundert Jahre zu spät.“
    „Wie soll ich das verstehen?“ wollte Herr Hugendubel wissen.
    „Früher Künstler waren wie Könige. Und richtige Könige und Kaiser waren auch ihre Freunde, haben ihnen gegeben Aufträge, Geld und Gloria für Ewigkeit. Sind dabei selbst geworden für immer unsterblich. Aber heute Menschen sich nur interessieren für Fernsehapparat, Schallplatten und Fußball. Kunst - hasta luego!“
    „Ja, das hat nachgelassen“, gab Herr Hugendubel zu. „Ich meine, das mit den Kaisern und Königen. Man findet sie immer seltener.“ Er offerierte dem Südamerikaner eine Brasil aus seinem Zigarrenetui. Anschließend bediente er sich selbst. „Aber mal eine ganz andere Frage, wenn Sie gestatten. Ich verstehe ja nicht allzuviel von Kunst. Ich meine, können Sie denn überhaupt etwas?“
    Señor Salvatore Ambrosi wollte gerade den ersten Zug aus der Hugendubelschen Zigarre machen, aber das
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