Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der raetselhafte Kunstraub

Der raetselhafte Kunstraub

Titel: Der raetselhafte Kunstraub
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
Rasenflächen in den Anlagen, am leeren Musikpavillon vorbei, und dann durch die Rabenstraße. Dabei überlegte er, ob morgen früh zuerst Latein oder Physik an der Reihe war. Für Latein hatte er nämlich seine Hausaufgaben noch nicht gemacht.
    Zu Hause hängte Paul Nachtigall zuerst sein nasses Badezeug zum Trocknen in das Bad, und dann schaltete er seinen Plattenspieler ein. Den Lautsprecher konnte er seit gestern so laut aufdrehen, wie es ihm Spaß machte. Seine Eltern waren nämlich verreist.
    Nur sein Bruder Oliver war noch in der Wohnung. Er war beinahe zehn Jahre älter und hatte gegen laute Musik nichts einzuwenden. Im Augenblick strich er sich gerade Leberwurst auf ein paar Brotschnitten und holte sich dann ein Bier aus dem Eisschrank. „Alles in Ordnung?“ wollte er wissen.
    „Alles in bester Ordnung“, grinste Paul.
    „Na, das ist ja fein“, stellte Oliver fest. Dabei nahm er bereits sein Bier und den Teller mit den Leberwurstschnitten vom Tisch. „Dann kann ich mich ja zurückziehen“, meinte er noch und verschwand hinter der Tür zum Korridor. Er hatte sein Zimmer nämlich ein Stockwerk höher, direkt unter dem Dach.
    „Er hat wieder einmal Probleme“, überlegte Paul Nachtigall, als er sich kurz darauf die Zähne putzte. „Dann will er immer nichts sehen und nichts hören.“ Paul gurgelte noch zweimal und knipste dann das Licht aus. „Vermutlich kommt er mit einem Bild nicht weiter, oder er ist mit irgendeiner Zeichnung nicht zufrieden.“
    Auch Oliver Nachtigall war nämlich Maler und Bildhauer von Beruf, genauso wie jener Herr Salvatore Ambrosi aus dem städtischen Hallenbad.
    Und im Augenblick hatte er mit seiner Arbeit tatsächlich einige Schwierigkeiten. Er stand droben in seiner Dachkammer vor der Staffelei, biß in eines von seinen Leberwurstbroten. Dabei drehte er den Kopf nach links, dann wieder nach rechts. Dann trat er zwei Schritte zurück und kniff das linke Auge zusammen. Dabei stellte er die Bierflasche auf den Boden und nahm sich einen Pinsel.
    Ja, daran lag es.
    Er mischte sich auf seiner Palette ein paar Farben zusammen und legte los. Dabei pfiff er die Tonleiter zuerst einmal hinauf und dann wieder hinunter. Als er das so zwanzigmal hinter sich gebracht hatte, warf er den Pinsel wieder weg und holte tief Luft. Dabei ließ er kein Auge von der Leinwand auf seiner Staffelei.
    Schließlich streckte er die Arme zur Seite wie jemand, der zu lange über seinem Schreibtisch gesessen hat. Anschließend ging er zum Fenster, das nicht sehr groß war und offenstand.
    Drüben lag das Haus, in dem der Herr Treutlein sein Friseurgeschäft hatte. Und zu diesem Haus blickte jetzt Oliver Nachtigall hinüber. Ein wenig traurig und ein wenig glücklich zugleich.
    Friseurmeister Treutlein hatte nämlich nicht nur einen Sohn, den Lehrling Fritz, sondern auch noch eine Tochter. Sie hieß Cornelia, war gerade achtzehn Jahre alt und arbeitete wie ihr Bruder im väterlichen Geschäft als
    Friseuse. Wenn es verlangt wurde, konnte sie auch eine Maniküre machen.
    „Ach, Cornelia“, seufzte Oliver Nachtigall wieder und blickte jetzt zu einem ganz bestimmten Fenster im Hause des Friseurmeisters Treutlein hinüber. Es war das erste Fenster von links im zweiten Stock. Der eine Flügel stand offen, und hinter ihm war die Gardine zugezogen. Eine bläuliche Gardine mit weißem und rötlichem Blumenmuster.
    „Cornelia, du bist das hübscheste Mädchen in der ganzen Stadt“, flüsterte Oliver Nachtigall leise. In seinem Rücken roch es nach Ölfarbe und nach Terpentin. Draußen roch es nach Kastanienblüten, frisch gemähten Gärten und Wiesen.
    Der Mond hing gelb und rund wie eine Apfelsine am Himmel, und die Rathausuhr schlug eine Stunde vor Mitternacht. So ziemlich ganz Bad Rittershude schlief jetzt schon.

Ein ziemlich wichtiger Weisheitszahn

    „Ruhe, Nepomuk“, sagte Herr Kubatz. „Ich weiß genau, es tut weh, aber sei ein Mann!“ Er hockte neben seinem Hund mitten im Wohnzimmer auf dem Teppich.
    Der Hund war ein dunkelbrauner Setter, und Herr Kubatz hatte ihm die Schnauze aufgemacht. „Komm, sei vernünftig. Sei ganz ruhig und beweg dich jetzt mal nicht.“ Er guckte sich in Nepomuks Maul so aufmerksam um wie in einem Planetarium.
    „Entweder ist es der Bursche ganz links hinten in der Ecke, oder er kriegt einen Weisheitszahn“, stellte Herr Kubatz schließlich fest. Er ließ die beiden Kiefer jetzt wieder los und fuhr dem Setter über den Rücken. Aber der Hund namens Nepomuk machte nur
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher