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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um
Autoren: Dorothy Cannell
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Sie es endlich, meine Liebe.« Es war die freundliche Anrede, die mir mehr als alles andere Kälteschauer über den Rücken jagte. Vienna wirkte vernünftiger und tweedartiger denn je zuvor. Umsichtig, entschlossen und tatkräftig. »Ich mußte diese unangenehme Trina McKinnley leider beseitigen«, teilte sie mir mit. Ebensogut hätte sie von den steigenden Kaffeepreisen reden können.
»Sie waren es also! Nicht Ihre Schwester!« Die Schleife blieb wie angeklebt an meiner Hand.
»Was, Madrid? Sie ist doch gar nicht stark genug, jemanden umzubringen.« Vienna lächelte kopfschüttelnd. »Ich mußte es schon immer für uns beide mit der Welt aufnehmen. Madrid hat mir erzählt, daß Trina sie erpreßte, weil sie Mrs. Large von der Leiter gestoßen hat. Und da mußte die große Schwester natürlich wieder einmal eingreifen und retten, was zu retten war. Dabei wollte ich Trina gar nicht töten, als ich sie besuchte. Ich hatte geglaubt, daß man vernünftig mit ihr reden und sie davon überzeugen könne, daß es ein Unfall war, denn Madrid wollte Mrs. Large nicht umbringen. Sicher, sie war außer sich und hat der Leiter einen Stoß versetzt, aber es war eine ganz spontane Handlung und unter den Umständen vollkommen verständlich. Man muß nur die außerordentliche Gefühllosigkeit bedenken, mit der Mrs. Large Madrids Trauer und Empörung begegnet ist. Aber mit Trina war kein Reden. Sie war zornig, weil die Hebe Mrs. Smalley ihr das Erbe nur scheibchenweise zukommen lassen wollte, und wußte noch nicht einmal zu schätzen, daß sie das Geld letztlich allein Madrid zu verdanken hatte. Trina wollte einfach Geld, viel Geld. Sie hätte immer mehr verlangt. Als sie mir den Rücken zukehrte, habe ich das einzig Richtige getan.«
»So kann man es auch bezeichnen.«
»Danach wartete ich noch einen Moment, um in Ruhe verschwinden zu können, doch dann tauchte Mrs. Smalley auf.« Viennas Stimme wurde noch sachlicher, falls das überhaupt möglich war. »Ich konnte sie immerhin nach draußen schaffen – sie war klug genug, um zu gehorchen. Auf der Straße entdeckte ich ein altes Kabrio, das ein paar Häuser weiter geparkt war. Der Schlüssel steckte in der Zündung…« »Das war meines.«
»Ich weiß, meine Liebe. Und ich bin sicher, daß Sie dabei eine wertvolle Lektion gelernt haben. Allerdings fing Mrs. Smalley an zu schreien, als wir endlich im Wagen waren.« »Also doch
– ich wußte, daß der Schrei von der Straße gekommen war. Sie befanden sich nämlich genau unter dem Badezimmer von Brigadegeneral Lester-Smith.« Ich merkte, daß mir das Reden half. Es gab mir das Gefühl, nicht völlig machtlos zu sein. »Wie haben Sie es bloß geschafft, aus der Herring Street wegzufahren, ohne daß Sie jemand gesehen hat? Als der Brigadegeneral und ich aus dem Haus rannten, war die Straße bereits voller Menschen!«
»Oh, es sind noch ein paar andere Autos vorbeigekommen. Ich habe mich einfach eingereiht.«
Ich bekam eine richtige Wut – auf diesen elenden Wagen. Bei mir zickte er herum, aber wenn er eine Mörderin am Steuer sitzen hat, die sich mit einem angejahrten Waisenkind auf dem Beifahrersitz aus dem Staube macht… dann, o ja, dann konnte er plötzlich spuren wie kein anderer.
»Sie müssen mir nicht erzählen, wie Sie Mrs. Smalley umgebracht haben!« Die Tränen brannten mir in den Augen. »Ich will keine Einzelheiten wissen. Wir sollten vielleicht besser darauf zurückkommen, warum Madrid Mrs. Large von der Leiter gestoßen hat.«
»Wie, das haben Sie immer noch nicht herausgefunden? Trotz der ganzen Herumschnüffelei?« Viennas Blick bekundete erstmalig Abneigung, was meine Person betraf. Aber Blicke können nicht töten, und in ihren Tweedtaschen war nicht genug Platz für eine Waffe. Wenn sie handgreiflich wurde, würde ich mich einfach wehren. Es hat auch etwas für sich, wenn man nicht Kleidergröße 36 trägt.
»Mrs. Large hatte an jenem Tag etwas kaputtgemacht, das mit Jessica zusammenhing, nicht wahr?« Viennas Augen verengten sich. Ich widerstand der Versuchung, mich an den Garderobenständer zu klammern, und holte tief Luft. »Ich tippe auf eine Gips- oder Marmorbüste. Madrid hat mir erzählt, daß der Mann, der Jessica gemalt hat, in erster Linie Skulpturen herstellte.« »Gips.« Vienna bückte sich und hob den Schal vom Fußboden auf. »Es war das Wertvollste, das meine Schwester besaß. Für sie war es noch wichtiger als das Bild, denn sie fand, daß die Büste Jessicas Seele einfing. Dieses ungeschickte
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