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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um
Autoren: Dorothy Cannell
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Dorfbewohner – darunter auch Clarice und Tom – waren nun Besitzer eines Norfolkterriers. »Tarn, komm vom Baum herunter, ehe du fällst«, rief ich meinem Sohn zu. Dann kam Abbey angehüpft, um mir eine winzige Kröte zu zeigen, die sie in ihrer Hand geborgen hielt. »Mummy, darf ich die behalten?«
»Schätzchen, sie würde sich im Haus doch gar nicht wohl fühlen.« Ich hatte weiterhin ein Auge auf Tarn gerichtet und das andere auf Rose, die die Ärmchen in die Luft reckte und Anstalten machte aufzuwachen. »Aber Daddy hat gesagt…« »Daß deine Mutter ja oder nein sagen muß.« Ben legte die Hand über die Augen, um die Sonne abzuschirmen und lächelte mir zu. »Ich habe gesagt, daß Mummy diejenige ist, die das Tier zum Tierarzt bringen, ihm eine Leine kaufen und für Futter in seinem Näpfchen sorgen wird.«
»Ich hoffe, du hast ihr auch erklärt, daß Kröten sich in Prinzen verwandeln, wenn man sie küßt.«
»Hat er nicht.« Freddy kam über das Gras geschlendert, um uns mit seiner Weisheit zu beglücken. »Mein Alter hier« – er legte den Arm um Bens Schultern – »will doch nicht, daß seine süße kleine Tochter Warzen auf den Lippen bekommt.« »Igitt!« Abbey ließ die Kröte zu Boden fallen und schenkte ihr ab sofort nicht mehr die geringste Beachtung. Zum Glück hatte die Kröte aber noch genug Verstand, um mit einem Riesensatz wegzuspringen, ehe Tarn sich, unter Mißachtung des Lebens und der Knochen anderer, vom Baum fallen ließ. »Sag es ihnen.« Mein Sohn stieß seine Schwester an. »Erzähl Mummy und Daddy, daß du einen Hund willst, der Prinz heißt, aber nicht so einen blöden Prinz wie in den Märchen.« »Oh, bitte! Bitte!« Abbey faltete die Hände und richtete den flehenden Blick himmelwärts, als sei sie ein heiliges Kind in Erwartung einer Vision.
»Es gibt keinen Hund!« Ben milderte seine Aussage jedoch gleich wieder ab. »Jedenfalls nicht heute. Ich weiß etwas, das noch viel mehr Spaß macht. Warum holen wir nicht den Drachen aus dem Regal im alten Stall und schauen, wie hoch er fliegen kann?«
Dieser Vorschlag wurde mit großer Begeisterung angenommen. Von Freddy ebenso wie von den Kindern. Nach kürzester Zeit waren alle eifrig dabei, die Schnur des Drachens zu entwirren und Ben zwischendurch anzubetteln, nicht so lange zu trödeln. Ich beschloß, Jonas herbeizuholen, damit er das große Ereignis nicht verpaßte, doch zuerst schaute ich noch schnell einmal nach Rose, die wieder friedlich schlief, und strich ihr über das daunenzarte Köpfchen.
Danach ging ich ins Haus. Am Vortag hatte ich den reparierten Spiegel abgeholt und bisher noch keine Möglichkeit gefunden, ihn unbemerkt wieder in Jonas’ Zimmer zu schaffen und aufzuhängen. Als ich Jonas in der Küche nicht antraf, nahm ich an, daß er oben war, und beschloß, ihm den Spiegel doch lieber gleich hochzutragen und seine Freude mitanzusehen, wenn ich ihm das Geschenk seiner Mutter zurückbrachte. Also klemmte ich mir den Spiegel unter den Arm, ging die Treppe hinauf und pochte an seine Tür. Er antwortete nicht. »Jonas?« rief ich. Keine Antwort. Ob ich den Spiegel wieder nach unten tragen sollte oder ob ich ihn doch besser schnell heimlich aufhing, wie zuvor geplant? Als ich sein Zimmer betrat, wußte ich immer noch nicht, was ich lieber wollte. Doch das verblaßte Rechteck auf der rosengemusterten Tapete, wo der Spiegel gehangen hatte, machte einen richtig verwaisten Eindruck. Die Entscheidung war gefallen. Ich durchquerte das Zimmer, wobei ich wie üblich das Gefühl hatte, daß ich einen Hindernislauf hinter mich bringen mußte.
Der Spiegel wirkte richtig froh, wieder an seinem alten Platz zu hängen. Vielleicht war er tatsächlich verzaubert und lebendig, so wie Jonas als kleiner Junge geglaubt hatte. Das Sonnenlicht brach sich in ihm auf ganz eigenartige Weise. Ich trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn mit halb geschlossenen Augen. In ihm lag das Zimmer wie in Gold getaucht. Es sah aus, als hätte ich das Werk eines niederländischen Meisters vor mir, der mit großem Geschick die anheimelnde Szene wiedergegeben hatte, in der ein alter Mann auf seinem Sessel am Fenster eingenickt war.
»Jonas?« sagte ich vorsichtig. Ich wollte ihn nicht erschrecken. Er sah so friedlich aus, mit seinem abgewetzten alten Hut und Abigails Buch, das offen auf seinem Schoß lag. »Ich habe dich erst gar nicht bemerkt«, fuhr ich mit leiser Stimme fort, »die Lehne des Sessels ist so hoch, und wenn er dann noch zum Fenster
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