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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um
Autoren: Dorothy Cannell
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fehlt und man sich auf den Kopf stellen kann, aber es fällt einem nicht ein. Meistens sagt man sich dann, daß alles nichts nützt und daß es später schon noch auftauchen wird. In der Regel haut das sogar hin. Plötzlich ist es da, im allgemeinen dann, wenn man es absolut nicht mehr gebrauchen kann.
Ich taumelte zurück, als irgendwo ein fürchterlicher Lärm losging. Es war aber nur das Telefon – das schrille Klingeln wollte und wollte kein Ende nehmen. Wahrscheinlich war das Freddy. Dieser Idiot! Als das Telefon endlich verstummte, war nämlich alles ruiniert und mein letztes Fünkchen Tapferkeit war erloschen. Ich wollte nur noch weg. Während ich meinen Regenmantel vom Garderobenhaken zerrte und die Schuhe an mich riß – um sie später draußen anzuziehen –, dachte ich mit Ach und Krach noch daran, das Licht auszuschalten, ehe ich auf die Tür zuhetzte. Als ich den Wagen mit quietschenden Reifen zurücksetzte und auf den Fahrweg schoß, war mir vor Angst regelrecht übel. Irgendwie waren die Schuhe wieder an meinen Füßen, aber den Regenmantel hatte ich auf den Beifahrersitz geschleudert. Die Scheibenwischer flogen im Eiltempo hin und her, doch durch die beschlagenen Scheibe konnte ich die Gegend nur undeutlich erkennen. Als ich mit achtzig Sachen in die Cliff Road einbog, nahm ich die Kurve zu scharf, bremste und würgte den Motor ab. Mit fliegenden Händen brachte ich die Zündung wieder in Gang und stieg aufs Gas. Gerade wollte ich erleichtert aufatmen, da sah ich die Randbefestigung vor mir auftauchen, fuhr kopflos auf sie zu, und weiter in den flachen Graben, wo ich endlich steckenblieb. Der Aufprall war nicht hart – es war eher wie ein sanftes Plopp, so wie wenn ein Hund mit einem Satz im Körbchen landet. Etwa fünf Minuten später, nachdem ich mich durch hektisches Vor- und Zurücksetzen restlos eingebuddelt hatte, gab ich auf und sah ein, daß ich wohl oder übel zu Fuß nach Hause gehen mußte.
Doch erst als ich nach dem Regenmantel griff, haute es mich richtig um. Aus der Manteltasche ragte nämlich die Spitze eines Schals hervor, und der Schal gehörte mir nicht. Was soviel bedeutete, daß mir auch der Mantel nicht gehörte. Wie schon mein liebender Ehemann angedeutet hatte: Es geht schneller, als man denkt. So viele Regenmäntel gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Aber das war jetzt nicht der geeignete Augenblick, mir Vorwürfe zu machen und reuevoll darüber nachzudenken, warum ich mir damals keinen knallroten oder leuchtend blauen Mantel gekauft hatte. Halb rennend, halb stolpernd war ich bereits wieder auf der Straße, bog um die Ecke und lief nach Tall Chimneys zurück.
Im Nachhinein weiß ich, daß Feigheit und Flucht immer die klügeren Alternativen sind, denn die Rückkehr in dieses Haus war etwas, das ich niemandem gewünscht hätte, nicht einmal dem Mörder von Trina McKinnley und Winifred Smalley. Ich war dermaßen außer mir vor Angst, daß mir erst gar nicht auffiel, daß das Licht in der Halle wieder brannte. Ich hatte nur Augen für den Garderobenständer, und deshalb hörte ich auch nicht, wie Vienna Miller die Treppe herunterkam. »Ellie, was für eine nette Überraschung!« Sie stand mir direkt gegenüber. Falls ich noch einen Mund hatte, so wußte ich nicht mehr, wo er war. Alles was ich zustandebrachte, war dazustehen und sie wortlos anzuglotzen. »Ich bin noch einmal aus London hierher gekommen, um Madrids Arznei zu holen«, setzte sie hinzu. »Meine arme Schwester leidet im Frühling unter fürchterlichen Allergien.«
Erst viel später fielen mir die ganzen Ausreden ein, die ich hätte anbringen können, so nach dem Motto, daß ich meine Handtasche nicht mehr hätte finden können, seit wir bei ihnen geputzt hatten, und daß ich gehofft hätte, daß es ihr und Madrid nichts ausmache, wenn ich in ihrer Abwesenheit hier danach suchte. Vienna hätte es mir vielleicht sogar abgenommen, wenn ich in meinem verwirrten Zustand nicht an dem Schal herumgefummelt hätte, der aus der Tasche des Regenmantels über meinem Arm hing, denn er fiel kurz darauf zu Boden, und als ich ihn aufheben wollte, hielt ich mit einem Mal etwas in der Hand, das sich offensichtlich darin verheddert hatte. Es war eine kleine schwarze Schleife. Und wie eine ausgemachte Idiotin ließ ich zu, daß die Erkenntnis in meinen Augen dämmerte, während ich Vienna weiterhin anstarrte. »Was war auf dem Kehrblech, Vienna?« hörte ich mich fragen. »War es das, was Trina entdeckt hatte?« »Nun, jetzt wissen
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