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0325 - Die Loge der Henker

0325 - Die Loge der Henker

Titel: 0325 - Die Loge der Henker
Autoren: Rolf Michael
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»Die alten Magier des Mittelalters hatten sonderbare Vorstellungen!« hörte sich Carlos Mondega selbst sagen. »Sie glaubten, mit einigen Kreisen, hebräischen Buchstaben und verschiedenen Dingen den Teufel herbeizurufen und in ihre Dienste zu zwingen. Was für absonderliche Blüten der Aberglaube doch treibt.«
    Der hochgewachsene Mann hatte den Zenit seines Lebens längst überschritten. Er war ungefähr sechzig Jahre und in die vorher schwarzen Haare hatten sich graue Strähnen wie Eiszapfen eingefügt. Ein langer Vollbart und fast kohlschwarze Augen gaben seinem von den Zeichen des Alters zerfurchtem Gesicht einen düsteren Ausdruck. Aber der Schein trog.
    Carlos Mondega war ein Mensch wie jeder andere. Er hatte nur eine recht eigenwillige Leidenschaft – die Geschichte der Magier und Zauberkünstler im Mittelalter. Sein ganzes Leben hatte er danach gesucht und geforscht, was die Alchimisten dieser finsteren Zeit trotz Verfolgung der Inquisition bewogen hatte, ihre Forschungen fortzusetzen und weiter zu experimentieren. Ursprünglich war es die Suche nach dem Stein der Weisen und die Hoffnung, durch elementare Umwandlung aus Blei echtes Gold zu machen.
    Doch diese Experimente hatten oft genug dazu geführt, daß der Natur andere Geheimnisse entrissen wurden. Die bekanntesten Beispiele dafür sind die Erfindung des Schwarzpulvers und des Porzellans.
    Seit seiner Jugend war Carlos Mondega in seinen Forschungen auf den Spuren der Alchimisten. Sein Beruf als Lehrer gab ihm die Möglichkeit, in besonderen Bibliotheken Nachschlagwerke auszuleihen.
    Andere Bücher, Originale und Nachdruck halb vergessener Werke, fand Mondega auf den Speichern von Dörfern oder auf Flohmärkten in den Großstädten. Und manchmal gelang es ihm bei Haushaltsauflösungen in kleinen Dörfern Originale von Gerätschaften aus der damaligen Zeit sicherzustellen, welche die unwissenden Bauern wegwerfen wollten.
    Seit drei Jahren hatte sich Carlos Mondega hierher in die Einsamkeit zurückgezogen. Hoch in den Pyrenäen, unweit der Grenze nach Frankreich, verbrachte er die Tage, um in der Dorfschule die Kinder in allen Fächern zu unterrichten und nebenher die Studien seines Lebens auszuwerten. Dazu benötigte er Zeit und Ruhe, die er an einer Schule in einer Stadt wie Madrid oder Sevilla nicht hatte. Hier in dieser gottverlassenen Gegend, wo sich kaum jemals ein Auto herverirrte und nur der Bürgermeister über ein Telefon verfügte fand er die Muße und Ruhe die er benötigte, die alten Schriften zu vergleichen und Rückschlüsse zu ziehen. Der Unterricht für die Bauernsöhne bedurfte keiner langen Vorbereitung – wenn sie erst einmal halbwegs lesen und schreiben konnten und die Grundregeln des Rechnens begriffen hatten, blieben sie ohnehin weg. Hier oben war es wichtiger, als Bauer oder Schäfer sein kärgliches Dasein zu fristen.
    Carlos Mondega lebte in einer einfachen Hütte fast eine halbe Wegstunde außerhalb von Estradas, einem kleinen Bergdorf von ungefähr hundert Einwohnern. Hinter den Bergen im Westen lag der Paß von Roncesvalles, über den die Autostraße nach Pamplona führt. Hier zog schon Karl der Große nach Spanien, um gegen die Mauren zu kämpfen und hier fiel Roland, der Held, im Kampf gegen den nachdrängenden Feind. Hier hatte er alle Bücher und Relikte zusammengetragen, die er in seinem Leben aufgetrieben hatte. In den Regalen befanden sich magische Werke, die heute fast vergessen sind. Carlos Mondega hatte sie gelesen und analysiert. Verblüffende Erkenntnisse hatte der alte Lehrer dabei gesammelt.
    Allerdings war niemals aus den Büchern und den Dingen, die dort geschrieben standen zu erkennen, wie echt sie wirklich waren. Die Beschwörungen des Teufels waren so kompliziert, daß Mondega sie niemals ausführen konnte. Die meisten Dinge, die dazu benötigt wurden, waren in der heutigen Zeit nicht mehr zu bekommen. Und wenn er auch imstande wäre, ein Schwert zu einer bestimmten Zeit zu schmieden, den passenden Zweig mit dem doppelt gegabelten Ast für den Zauberstab zu finden und bei der richtigen Konstellation der Gestirne abzuschneiden – bei allen wichtigen Beschwörungen waren verschiedene Namen der Schutzgeister oder der Dämonen, die man um Hilfe rufen muß, nur in den Anfangsbuchstaben wiedergegeben.
    Dennoch gehörten Ritualkreis und Beschwörung zum Wesen der Alchimie – und deswegen mußte sich Carlos Mondega damit beschäftigen. Gerade war er dabei, einen Ritualkreis nach den »Grimorien des Wahrhaftigen
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