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0325 - Die Loge der Henker

0325 - Die Loge der Henker

Titel: 0325 - Die Loge der Henker
Autoren: Rolf Michael
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mir gefällt, da bleibe ich!«
    »Hier in den Bergen wird es Ihnen bestimmt nicht gefallen!« gab der spanische Grenzer mit einem Lächeln zurück. »Das Land hier ist rauh und nicht ungefährlich. Viele Menschen leben hier noch wie vor hunderten von Jahren. Und wie in den alten Zeiten gibt es hier immer noch Räuber, die niemand in diesem unwegsamen Land fassen kann. Fahren Sie zu, Señorita und versuchen sie, die Berge hinter sich zu lassen!«
    »Ich weiß mich meiner Haut schon zu wehren!« lachte Dagmar, die neben ihrer Muttersprache Deutsch fließend Englisch sprach und sich auch im Spanischen gut verständigen konnte, was den Grenzer entzückte. »Ich habe recht gute Ausbildung in Judo und Karate!«
    »Es gibt Gefahren, gegen die man sich nicht wehren kann!« Die Stimme des Grenzbeamten sank hinab. »Die Geschöpfe der Hölle lauern überall. Und heute nacht haben wir Vollmond!«
    »Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß Sie an Werwölfe glauben?« lachte Dagmar. »Das nehme ich Ihnen nicht ab.«
    »Ich glaube eigentlich nicht daran!« gab der Grenzer zu. »Aber dennoch habe ich das hier in diesen Nächten immer bei mir!« Aus der Jackentasche zog er ein silberfarbiges Projektil. »Ich habe es mir extra herstellen lassen. Eine Kugel aus reinem Silber, gegossen aus einem kleinen, geweihten Kreuz. Sie paßt genau in meine Dienstpistole!«
    »Aber das ist doch Aberglaube!« sagte Dagmar Holler. »Und das wissen Sie ganz genau, Señor!«
    »Niemand weiß etwas Genaues!« sagte der Spanier leise. »Alle sagen, daß es den Teufel und die Wesen der Hölle nicht gibt – und dennoch fürchtet sich jeder vor ihnen. Welcher Mensch geht ohne innere Beklemmung in der Nacht über einen Friedhof – obwohl er genau weiß, daß die Toten dort im Schlaf der Ewigkeit ruhen und sich nicht erheben. Ich bin einfach vorsichtig und nehme die Dinge, an die schon mein Vater und der Vater meines Vaters glaubte, als Realität an. Und deshalb sage ich Ihnen, Señorita, wir haben in der heutigen Nacht Wolfsmond. In der Stunde der Mitternacht kann es Männern gelingen, sich in Menschenwölfe zu verwandeln. Sehen Sie ein Wesen, das vollständig am ganzen Körper behaart ist, dann geben Sie Vollgas und fliehen Sie. Und hüten Sie sich vor Männern, deren Augenbrauen zusammengewachsen sind. Vaya con Dios, Señorita. Gehen Sie mit Gott!« Mit diesen Worten öffnete der spanische Grenzbeamte den Schlagbaum. Dagmar Holler schwang sich ins Auto, gurtete sich an und ließ den Polo anrollen.
    Die Scheinwerfer fraßen sich in die Dunkelheit und die Straße stieg immer steiler hinauf zum Paß von Roncesvalles an.
    Aus der Ferne meinte Dagmar Holler, das klagende Heulen von Wölfen zu vernehmen. Ein leiser Schauer machte sich in ihr breit.
    Sie hatte dem spanischen Grenzbeamten etwas vorgemacht. Sie brauchte nicht an Werwölfe zu glauben – sie wußte , daß all die Geschöpfe der Dunkelheit keine Erfindung und keine Sagengestalten waren. Sie kannte Professor Zamorra, den Weltexperten der Parapsychologie, den Freund und Feind den Meister des Übersinnlichen nannten. Sie hatte seine Bücher gelesen und war skeptisch geworden.
    Als sie dann in den Katakomben von Paris von Skeletten angegriffen wurde, erkannte sie, daß dieser Zamorra die Wahrheiten schrieb, die niemand akzeptieren wollte. Nachdem sie Professor Zamorra persönlich kennengelernt hatte, war sie einige Male an seiner Seite selbst mit den Kräften der Dunkelheit konfrontiert worden. Sie wußte, daß nichts von dem, was man allgemein als Aberglaube abtut, vollständiger Humbug ist.
    Überall lauerten die Mächte des Teufels auf die Gelegenheit, hervorzubrechen und den Menschen Schaden zu bringen…
    ***
    In Estradas verloschen die Lichter. Zuletzt wurden die Fenster der Catina von Rodrigo Munilla dunkel. Spätestens um neun Uhr abends verließen die letzten Zecher die Schänke. Sie waren schwer arbeitende Bauern, die beim ersten Licht des Tages aufstehen mußten und deshalb nicht bis tief in die Nacht dem Wein zusprechen konnten.
    Zwei Stunden vor Mitternacht lag das ganze Dorf in stummem Schweigen. Hier oben gab es kein Fernsehen und ein Radio hatte nur der Bürgermeister, der wissen mußte, was in der Welt vor sich ging. Den Bauern war es schon egal, was sich in der Nachbargemeinde Roncesvalles so tat.
    Von seinem Fenster aus beobachtete Pedro die schweigende Welt.
    Er hatte hier unter dem Dach eine kleine Kammer für sich, die mehr als spartanisch eingerichtet war. Ein Bett, eine
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