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0325 - Die Loge der Henker

0325 - Die Loge der Henker

Titel: 0325 - Die Loge der Henker
Autoren: Rolf Michael
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Touristen hinauf in die Pyrenäen, die nicht die Kondition hatten, einen steilen Anstieg durchzuhalten. Aber davon konnte man höchstens einige Monate im Sommer leben. Das Schmuggeln war ein recht flotter Nebenerwerb, der trotz Spaniens Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft noch Einiges einbrachte. Vorausgesetzt man schmuggelte die richtige Ware so , daß tatsächlich keine Kosten entstanden.
    Die Maultiere hatte Escamillo ohnehin, und hier in den Bergen kostete ihr Futter gar nichts. Wenn er einmal in der Woche eine »Nachtschicht« einlegte, dann konnte man schon ein ganz hübsches Sümmchen verdienen, weil es keine Spesen gab. Die alten Ziegenpfade, wo Escamillo seine Maultiere langtrieb, wurden von den Grenzbeamten nicht bewacht. Natürlich wußten die Grenzer, was er tat – aber sie kniffen die Augen zu und taten, als sähen sie es nicht.
    Reich wurde Escamillo damit doch nicht. Und die paar Pesos Aufschlag, für die er seine Schmuggelware in den kleinen Orten bei Roncesvalles verkaufte, waren weniger als man für normal verzollte Waren hinlegen mußte. Diese Gegend war arm – warum sollten die Leute noch ärmer gemacht werden.
    Escamillo wußte die Grenze weit hinter sich. Er führte Sancho, den Leitmuli, am Halfter und sang den Tieren mit leiser Stimme etwas vor. Noch zwei Stunden Weg, dann hatten sie den Paß überwunden und waren in Roncesvalles, wo Escamillo sein bescheidenes Zuhause hatte.
    Der volle Mond beschien den steinigen Gebirgspfad und ließ die weißen Kiesel funkeln wie Kristalle. Von den Bergen herab erscholl das Klagegeheul eines einsamen Wolfes…
    ***
    Der Kreuzweg war ungefähr eine halbe Wegstunde von Estradas entfernt. Niemand würde Pedro hier beobachten. Die hohen Bäume, die hier seit Generationen standen, sorgten dafür, daß man das Feuer, das er nun entzünden mußte, nicht sehr weit sehen konnte.
    Aus einer nahe gelegenen, verlassenen Höhle eines Fuchses holte er die Dinge herbei, die er sorgsam zu einem Bündel verschnürt hatte. Er sah auf das Zifferblatt seiner Uhr. Mehr als eine Stunde Zeit blieben ihm noch für die Vorbereitungen. Zeit genug, das Feuer zu entzünden und den Kreis zu ziehen.
    Pedro schätzte ungefähr die Stelle ab, wo sich die Wege genau kreuzten. Erst häufte er dürres Reisig auf, dann legte er stärkere Scheite darüber. Wie es die unheilige Liturgie vorschrieb, brachte Pedro Sanchez das Reisig mit Feuerstein, Stahl und Zunder zum Entflammen. Hier oben in den Bergen waren Streichhölzer Mangelware und Feuerstein kostete nichts. Pedro beugte sich hinab und blies in die Glut, daß die Flammen bald hochauf flackerten.
    Aus drei Metallstangen und einer dünnen Eisenkette machte er einen Dreifuß, den er über das Feuer stellte. An die Kette hing er einen stark verrußten Kupferkessel, in den er die Fettsubstanz der toten Katze mit Mohn und Anissamen tat. Diese Substanz mußte langsam erhitzt und flüssig werden. Das benötigte Zeit, die Pedro nutzte, um den vorgeschriebenen Ritualkreis zu ziehen.
    Schon vor drei Tagen hatte er eine Haselrute abgeschnitten, die von ihrer Verästelung her dem entsprach, was in dem Buch empfohlen wurde. Mit einem scharfen Taschenmesser schnitt er jetzt Kerben in verschiedenen Abständen in die Rinde, die auf einer Zeichnung im Buch dargestellt waren.
    Der volle Mond, der ihm auf dem Weg geleuchtet hatte, war jetzt hinter schwarzem Nachtgewölk verschwunden. Das Feuer spendete Pedro die Helligkeit die er benötigte, um immer wieder die Anweisungen und Vorschriften des Buches genau studieren zu können, damit ihm kein Fehler unterlief.
    Pedro Sanchez hatte die Warnung am Beginn des Buches wohl begriffen. Wenn die Regeln der Geisterwelt nicht eingehalten wurden, dann war man den Dämonen, die man in seinen Dienst zwingen wollte, rettungslos ausgeliefert.
    Sorgsam maß Sanchez die erforderliche Anzahl der Doppelschritte ab. Dann nahm er eine vorbereitete Mischung aus Herdasche und zerstoßenen Knochen und schuf mit dem feinen, grauweißlichen Pulver einen Kreis um das Feuer. Er wußte nicht, daß er damit an dieser Stelle für die Dauer der Zeremonie ein Höllentor geschaffen hatte, durch das Luzifers Scharen ausfahren konnten, wenn sie wollten. Denn die Bannzeichen, mit denen Dämonen unter Kontrolle gehalten und zum Gehorsam gezwungen werden, fehlten völlig.
    Das Wolfsritual ist von allen schwarzmagischen Zeremonien das Einfachste. Es kann deshalb von jedem Menschen durchgeführt werden, der den Drang des Bösen in sich
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