Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
Autoren: Leif GW Persson
Vom Netzwerk:
aufgewachsen bin, spazieren. Ich weiß seit langem, dass man es Njuuu Jork ausspricht, und spitze auch nicht mehr die Lippen, wenn ich den Namen dieser Stadt sage. Während der Jahre, die vergangen sind, habe ich das richtige New York etwa zehn Mal besucht. Ich habe zusammengenommen mehrere Monate dort verbracht überwiegend zu Besuch bei der örtlichen Polizei.
    In das Viertel Näw Jorkk bin ich immer nur auf dem Weg zu anderen Zielen geraten. Heute ist es anders, heute nehme ich mir Zeit. Was mir am meisten fehlt, sind die Gerüche und natürlich Sune, vielleicht sogar seine Mutter, obwohl sie sehr anstrengend sein konnte, wenn sie es darauf anlegte.
    Ich kehre zu meinem Auto zurück. Höchste Zeit für den Frihamnen. Auf zum Frihamnen, dem Abenteuerland!
    Erst halte ich vor dem Gebäude der Banankompaniet, des Bananenimporteurs. Es sieht aus wie früher, so wie ich mich daran erinnere. Es riecht jedoch nicht mehr nach Bananen. Ich drücke mir die Nase an einem Fenster platt und sehe ordentlich aufgestapelte weiße Kartons auf der anderen Seite. Hoffentlich liegt es an den Kartons und nicht an den Bananen, denke ich, während ich meine Nase genau wie mein Stöberhund in den Wind halte, wenn wir Hasen und Füchse jagen. Aber keine Düfte, nicht einmal andeutungsweise ein Bananenduft.
    Vielleicht liegt das daran, dass es hier keine Bananenstöcke mehr gibt, wohin die auch immer verschwunden sein mögen, denke ich. Fast mannshoch erinnerten sie an gelbe Tannenzapfen. Schauerleute schleppten sie in das Gebäude der Banankompaniet. Manchmal hatten sich lebensgefährliche Bananenschlangen darin versteckt, die erst nach Überquerung des Meeres gefangen wurden und dann mit einem Foto in die Zeitung kamen.
    Der Frihamnen von heute hat nichts mit dem Abenteuerland meiner Kindheit gemeinsam. Hier liegen keine Schiffe mehr, die ferne Weltmeere befahren und Kaffee, Orangen und getrocknete Tierhäute geladen haben. Es gibt nur noch Fähren, schwimmende Tagungshotels, die auf der Ostsee hin- und herfahren, als würden sie an unsichtbaren Stahlseilen, die an ihren platten Rümpfen befestigt sind, hin- und hergezogen.
    Keine Lagerhäuser mehr, in denen alles ordentlich aufgestapelt wurde, was der Mensch nur brauchen konnte. Die Gebäude stehen noch, aber heute sind hier Galerien, Werbeagenturen und Medienunternehmen. Die Kais sind leer und verlassen, ein paar weiß lackierte Container, das ist alles. Als Zeugnis einer verlorenen Zeit sind sie kein Trost. Was wurde aus den Kohlen- und Koksbergen? Aus den Bergen aufgestapelten Holzes und dem Duft jenes Schweden, in dem meine Familie schon seit dem Anfang aller Zeiten verwurzelt ist?
    Diese Bretterberge waren mit riesigen Planen abgedeckt, und zwischen den Brettern und Planken gab es Höhlen. Immer neue verborgene Räume taten sich auf, in die man hineinklettern konnte, um sich vor den Erwachsenen zu verstecken. In einem Sommer, in dem es stark regnete, hatten wir sogar ein Bassin auf einem dieser Holzberge. Es war mit von der Sonne erwärmtem Wasser gefüllt, und der gewölbte Boden bestand aus glattem grauem Stoff.
    Höchste Zeit, sich zusammenzunehmen, denke ich. Wenn ich in meinem Alter noch romantisch sein will, dann doch mit Maßen. Nicht allem, was verschwunden ist, muss man nachtrauern. Außerdem muss ich ein Buch schreiben und habe keine Zeit, in meinen Kindheitserinnerungen zu versinken. War es damals wirklich so viel besser? Meine Eindrücke waren intensiver, sie setzten sich besser fest als heute, nicht zuletzt in der Nase. Mein Leben war damals ganz sicher einfacher. Es ist höchste Zeit, den Kühler des sehr teuren schwarzen Autos, das mir mein gesellschaftlicher Aufstieg ebenfalls beschert hat, zu wenden – dieses Detail soll nicht vergessen werden – und auf die Zeit und die Gegenden zuzusteuern, in denen ich inzwischen lebe.
    Auf dem Heimweg komme ich noch einmal an meinen Erinnerungen an Korv-Larsson vorbei. Balzac hätte Korv-Larsson geliebt, denke ich. Er hätte sie im Übrigen alle geliebt. Den Dieb von Damaskus, meinen besten Freund Uffe, obwohl er später bestritt, seine Mütze im Bärengraben verloren zu haben, und Sune und seine unmögliche Mutter. Er hätte sie alle geliebt, sogar den Ärmsten, der im Zirkus vom Esel fiel, so dass man seine gestreifte Unterhose sehen konnte.

68.

Totenputz
    Ich unterhalte mich mit einem guten Freund über das Buch, das ich schreibe. Ich will einige Fakten überprüfen. Ich erzähle ihm von einer der Erinnerungen, die mir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher