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Der Prinz von Astrilandis

Der Prinz von Astrilandis

Titel: Der Prinz von Astrilandis
Autoren: Maya Trump
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Mutter nicht kommen, sie hatte bereits einen großen Strauß hellblauer Blumen im Arm und pflückte, ohne aufzusehen, weitere Stiele. Es würde ein heißer Tag werden und nur hier in der Tiefe der Palastanlage war es noch kühl. Wenn die Sonne erst senkrecht über dem Krater stand, hielten sich alle in den dickwandigen Steingebäuden auf, die rund um den Krater an die Felswand geschmiegt waren. Die obere Hälfte des Kraters war der Herrscherin vorbehalten. Dort führte ein Arkadengang mit weißen Marmorsäulen rund um die Krateröffnung und schützte die Felsgebäude vor zu starker Sonneneinstrahlung und neugierigen Blicken. Laonira stand endlich vor ihrer Tochter und begrüßte sie mit den Worten: „Mein liebes Kind, Du bist schon so fleißig?“ Myadne blickte ihre Mutter mit ihren tiefgrünen Augen überrascht an. „Hast Du nicht angeordnet, dass ich mich ab sofort um den Schmuck im Allerheiligsten kümmern soll?“ Laonira lächelte. „Ich freue mich, dass Du Deine Aufgabe so ernst nimmst, aber wollen wir zusammen nicht erst ein Morgenmahl einnehmen?“ Myadne übergab das Blumenbündel einer Dienerin, die wartend neben ihr stand. „Gut, ich komme mit.“, sagte sie und raffte ihr helles Gewand mit der Hand zusammen, um aus den Blumenbeeten herauszutreten.
    Sie folgte ihrer Mutter hinauf in einen kleinen Rundbau, der eine Plattform zum Meer hin hatte und den Blick auf die Inseln freigab. Dort hatte eine Dienerin bereits das Morgenmahl, das aus frischem Obst und Fisch bestand, vorbereitet. Unter dem Schilfdach wehte eine leichte Brise, so dass Myadne ihre langen Haare mit der Hand zu einem Knoten zusammen fasste. Eine der dunklen Perlen, die in ihre Haarsträhnen eingewebt waren, sprang davon und die Dienerin legte sie behutsam vor Myadne auf die Bastmatte. „Wir müssen Deine Haare neu flechten, damit Du wieder ordentlich aussiehst.“, bemerkte Laonira, während sie aus der Obstschale eine orangefarbene Frucht nahm und mit einem zierlichen Dolch zerteilte. Myadne dagegen griff nach einem kleinen silbrigen Fisch und steckte ihn in den Mund. Die Frauen saßen auf niedrigen, bequemen Polstern aus Schilfgras. Vor ihnen stand ein Tischchen aus Zedernholz mit kurzen Beinen. Es war reichlich gedeckt. Auch ein Krug mit frisch gepresstem Saft und Honigwein stand vor ihnen. Myadne schenkte sich einen Becher von dem köstlichen Trunk ein. Sie nippte vorsichtig, dabei schweifte ihr Blick über das Meer, das sich jetzt bis zum Horizont mit weißen Schaumkronen schmückte.
    Myadne war jetzt im heiratsfähigen Alter und Laonira hatte in Gedanken immer wieder versucht, ihrer Tochter mitzuteilen, dass der Fürst der Insel Vriamos um ihre Hand angehalten hatte. Sie konnte es nicht länger hinauszögern, obwohl sie wusste, dass Myadne noch kein Interesse hatte, verheiratet zu werden. Sie sah ihre Tochter mit ihren schräg stehenden Mandelaugen eindringlich an, als sie mit fast versagender Stimme zu ihr sprach: „Mein Kind, ich kann es nicht mehr länger für mich behalten. Du bist jetzt eine junge Frau und das ist auch anderen nicht verborgen geblieben.“ Laonira holte tief Luft. Myadne sah ihre Mutter erstaunt an. Sie hatte sich einen zweiten Fisch genommen, den sie jetzt wieder vor sich ablegte. „Was meinst Du damit?“ fragte sie irritiert. „Nun, schon vor ein paar Monden hat Fürst Macia um Deine Hand angehalten.“ Myadne sah ihre Mutter mit geweiteten Augen an. „Um meine Hand angehalten?“, fragte sie nach einer kurzen Pause. „Aber er ist doch ein alter Mann! Er benützt zum Gehen eine Stock und hat Falten auf der Stirn.“ Laonira schüttelte den Kopf: „Er ist der einzige Fürst unseres Inselreiches, der von allen Bewohnern als Nachfolger akzeptiert wird und er ist sehr…“ Myadne fiel ihrer Mutter ins Wort: „Er ist ein hässlicher Mann, den ich nie, nie heiraten werde.“ Laonira verstummte. Mit dieser heftigen Ablehnung hatte sie nicht gerechnet.
    Myadne sprang auf, sie hatte Tränen in den Augen, als sie sich noch einmal nach ihrer Mutter umdrehte. Sie warf dabei ihren Trinkbecher um und rief mit Zorn bebender Stimme: „Nie, niemals!“ Dann rannte sie mit wehenden Haaren weg. Laonira sank auf ihrer Seegrasmatte in sich zusammen. Was war nur in ihre sonst so folgsame Tochter gefahren? Fürst Macia war ein stattlicher Mann und der „Stock“, den Myadne erwähnt hatte, war sein Regentenstab, den er zum Zeichen seiner Macht bei sich trug und nicht, um sich abzustützen. Zugegeben, er war etwa
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