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Der Präsident

Der Präsident

Titel: Der Präsident
Autoren: David Baldacci
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schließlich war er kein Baldwin. Zumindest noch nicht.
    Er zog die Decke hoch – die Wärmedämmung des Gebäudes ließ ziemlich zu wünschen übrig -, steckte ein paar Aspirin in den Mund und spülte sie mit dem Rest einer Cola hinunter, der noch auf dem Nachttisch stand. Dann sah er sich im Durcheinander des kleinen Schlafzimmers um. Es erinnerte ihn an das Zimmer, in dem er aufgewachsen war; eine warme, angenehme Erinnerung. Ein Zuhause sollte das Gefühl vermitteln, dass darin gelebt wurde; es sollte immer an die Rufe von Kindern erinnern, mit denen sie von Raum zu Raum stürmten, auf der Suche nach neuen Abenteuern und neuen Dingen, die sie kaputtmachen konnten.
    Auch das war so eine Sache mit Jennifer: Sie hatte unmissverständlich klargestellt, dass das Tapsen von Kinderfüßchen fürs erste nicht geplant und überhaupt ungewiss sei. An erster Stelle stand für sie die Karriere in der Firma ihres Vaters, und Jack hatte das Gefühl, dass er selber auf ihrer Werteskala noch ein gutes Stück weiter hinten rangierte. Aber er wollte die Baseball-Spiele seiner Kinder nicht erst vom Rollstuhl aus miterleben.
    Als er sich zur Seite drehte und gerade die Augen schließen wollte, blies der Wind gegen das Fenster. Jack schaute in diese Richtung. Sofort versuchte er, den Blick wieder abzuwenden, doch dann ließ er die Augen resignierend zurück zu der Schachtel wandern.
    Darin befand sich ein Teil der Sammlung von Trophäen und Auszeichnungen aus der High-School und dem College. Doch es war etwas anderes, das seine Aufmerksamkeit gefangen hielt. Im Halbdunkel streckte er einen Arm danach aus, entschied sich dagegen, und überlegte es sich dann wieder anders.
    Nicht zum ersten Mal zog er das gerahmte Foto heraus. Es war fast schon ein Ritual geworden, insbesondere seit er mit Jennifer Baldwin verlobt war. Er musste sich keine Sorgen darüber machen, dass seine Verlobte je über diesen besonderen Besitz stolperte, denn sie weigerte sich standhaft, mehr als eine Minute in seinem Schlafzimmer zuzubringen. Wenn sie gemeinsam unter die Laken schlüpften, dann entweder in ihrer Wohnung, wo Jack immer auf dem Bett lag und an die über drei Meter hohe Decke starrte, die Gemälde mit mittelalterlichen Reitern und jungen Mädchen zierten. Unterdessen vergnügte sich Jennifer auf ihm, bis sie nicht mehr konnte und rollte sich dann nach unten, damit er es auf ihr zu Ende brachte. Oder sie taten es im Landhaus ihrer Eltern, wo die Decken noch höher und die Gemälde aus einer römischen Kirche des dreizehnten Jahrhunderts kopiert waren. Dies alles vermittelte Jack das Gefühl, dass Gott dabei zusah, wie die wunderschöne und splitternackte Jennifer Ryce Baldwin auf ihm ritt, und dass er für diese wenigen Augenblicke fleischlichen Genusses auf ewig in der Hölle schmoren würde.
    Die Frau auf dem Foto hatte seidiges braunes Haar, das sich an den Spitzen leicht wellte. Ihr Bild lächelte ihn an, und Jack erinnerte sich an den Tag, an dem er es aufgenommen hatte.
    Es war auf einer Fahrradtour in die ländliche Umgebung des wunderschönen Albemarle County gewesen. Er hatte gerade mit dem Studium begonnen; sie war im zweiten College-Jahr an der Jefferson-Universität. Es war erst ihre dritte Verabredung, doch schien es, als hätten sie schon ihr ganzes Leben miteinander verbracht.
    Kate Whitney.
    Fast andächtig sprach er den Namen aus, fuhr dabei mit der Hand unbewusst die Kurve ihres Lächelns nach, bis hin zu dem einzelnen Grübchen gleich über der linken Wange, das ihr Gesicht ein wenig schief wirken ließ. Die mandelförmigen Wangenknochen grenzten an eine zierliche Nase über einem Paar sinnlicher Lippen. Das scharfe Kinn ließ unmissverständlich erkennen, dass sie stur sein konnte. Jack fuhr das Gesicht wieder hinauf und hielt an den tropfenförmigen Augen inne, die stets ein kleines bisschen schelmisch blickten.
    Jack drehte sich wieder auf den Rücken und stellte das Foto auf die Brust, so dass sie ihn direkt ansah. Er konnte nicht an Kate denken, ohne gleichzeitig das Bild ihres Vaters vor Augen zu haben, mit seinem lebhaften Charme und dem schiefen Lächeln.
    Jack hatte Luther Whitney oft in dem kleinen Reihenhaus besucht, in einer Gegend von Arlington, die bessere Tage erlebt hatte. Stundenlang tranken sie Bier und erzählten Geschichten, wobei Luther meist erzählte und Jack zuhörte.
    Kate besuchte ihren Vater nie, und er versuchte nicht, mit ihr in Kontakt zu treten. Eher zufällig hatte Jack von ihm erfahren und hatte
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