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Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Titel: Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders
Autoren: Klester Cavalcanti
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Haufen Soldaten anführst. Das wird dir gefallen.«
    »Meinst du wirklich?«
    »Aber ja. Ich werde gleich mit deinen Eltern darüber sprechen.«
    Seu Jorge und Dona Marina waren zunächst nicht begeistert von der Vorstellung, ihren Sohn so lange nicht zu sehen. Aber Cícero gelang es, sie zu überzeugen, letztlich mit dem Argument, dass der Junge sich mit dieser Erfahrung leichter bei der Polizei bewerben könnte – dem besten Arbeitsplatz überhaupt, den sich eine Familie aus dem Urwald für ihren Sohn vorstellen könnte. Und zwei Tage später sollte es losgehen, nach Xambioá, an die Grenze von Tocantins und Pará, zu den Ufern des Rio Araguaia. Der Junge wollte sich noch von Ritinha verabschieden, aber Cícero meinte, dass keine Zeit zu verlieren sei.
    Es war das erste Mal, dass Júlio seine Heimat verließ. In etwas mehr als zwei Stunden gelangten sie auf dem Tocantins nach Imperatriz, wo sie in Cíceros Haus übernachteten. Als er sein erstes echtes Auto sah, war Júlio überwältigt. Bis dahin hatte er Autos nur auf Fotos in den Zeitschriften, die ihm der Onkel mitbrachte, gesehen. Aber der Lärm störte ihn, genauso wie die vielen Menschen in der Stadt – um die fünfzehntausend Einwohner hatte Imperatriz damals. Nie hätte er sich vorgestellt, dass sich so viele Leute an ein und demselben Ort aufhalten konnten.
    Das Haus des Onkels sah aus wie eine Villa. Zwar war es wie die Hütte seiner Eltern aus Holz, aber innen war das Wohnzimmer von der Küche und den zwei Schlafzimmern abgetrennt. In beiden Zimmern gab es ein Bett und eine Hängematte, im Wohnzimmer ein schwarz-rot-kariertes Dreiersofa in den Farben von Flamengo , Cíceros Lieblingsverein, einen Holztisch mit vier Aluminiumstühlen und einen gigantischen Kalender mit dem Bild Unserer Lieben Frau Aparecida an der Wand. Links vom Sofa stand ein batteriebetriebenes Radio auf einer Holzbank. In der Küche standen ein Holzherd und eine große, rote Kiste, fast so groß wie Júlio. »Das ist ein Kühlschrank, Julão«, erklärte Cícero dem Neffen, dem das Ding imponierte. Mama würde es lieben, dachte er für sich. Das eisgekühlte Wasser fand er köstlich. »Als ob die Zunge einschläft«, meinte er. Doch warum diese Glaskugel, etwas kleiner als ein Apfel, von der Decke hing, wurde ihm erst klar, als es Abend wurde.
    »Und sie brennt einfach so? Ohne Petroleum?«, fragte der Junge, dessen Hütte von zwei Petroleumlampen beleuchtet wurde.
    Cícero lachte: »Sie funktioniert mit Strom. Hier in der Stadt gibt es einen Stromgenerator, der mit Diesel betrieben wird. Und der Strom hält solche Sachen wie den Kühlschrank und das Licht am Laufen, alles klar?«
    »Ich kapier’ gar nichts.«
    »Das wird schon. Mit der Zeit lernst du das alles kennen.«
    In dieser Nacht versuchte Júlio in einem Bett zu schlafen, etwas, was er noch nie in seinem Leben getan hatte. Es gelang ihm nicht. Wie merkwürdig, auf dem durchgestreckten Rücken zu liegen und, vor allem, ohne dabei zu schaukeln. Er stand auf und legte sich in eine der Hängematten. Am nächsten Morgen fuhren er und der Onkel per Anhalter mit dem Lastwagen eines örtlichen Holzhandels nach Xambioá. Der Junge war nervös und schwieg. Cícero bemühte sich vergeblich, ihn aufzuheitern, machte Witze und alberte herum. Gegen vier Uhr nachmittags kamen sie an. Die Hitze war unerträglich. Dichter roter Staub wurde von den Jeeps und Armeelastern aufgewirbelt, die unaufhörlich an ihnen vorbeibrausten, und reizte Júlios Augen.
    Auf der Polizeistation stellte Cícero seinen Neffen dem Polizeioffizier Carlos Marra vor, einem Mann von gut einem Meter achtzig, mit brauner Haut, muskelbepackten Armen, kurzem, schwarzem, zur Seite gescheiteltem Haar und rundem Gesicht. Er trug einen merkwürdig feinen Schnurrbart, der nicht über die Oberlippe hinausreichte, und prahlte mit einem dicken Bauch, der stets zwischen Hosengürtel und Hemd zu sehen war. »Der hat aber einen ganz schönen Wanst«, bemerkte der Junge später gegenüber seinem Onkel. Cícero und Marra begrüßten sich mit Gelächter, Umarmungen und kräftigen Hieben gegen die Brust.
    »Alles klar, Cícero, du hattest recht, der Junge ist groß und stark«, lobte Marra die sportliche Figur des Jungen mit einer Stimme, die für jemanden von seiner Statur viel zu verhalten klang.
    »Ja, und außerdem findet er sich wie sonst niemand im Urwald zurecht und ist ein erstklassiger Schütze. Julão tötet Hirsche aus hundert Metern Entfernung.« Cícero legte seinem
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