Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Titel: Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders
Autoren: Klester Cavalcanti
Vom Netzwerk:
zum Fluss und stellte sich mit seinen Füßen ins Wasser.
    »Was ist los, Julão?«
    Der Junge, der in den mit Sternen gesprenkelten Himmel schaute, antwortete erst nach einer kurzen Pause.
    »Ich werde niemanden umbringen, hörst du? Falls du das denken solltest…«
    »Ach was, Julão, nichts dergleichen! Ich werde dich nicht bitten, jemanden zu töten.«
    »Um was geht es dann?«
    »Damals erzählte ich, was das Militär in der Gegend vom Rio Araguaia zu suchen hatte. Ein Freund, der Polizeioffizier von Xambioá ist, warb zur Unterstützung der Militärs Leute an, um die Kommunisten zu bekämpfen, die sich im Urwald versteckt halten. Erinnerst du dich?«
    »Nein«, antwortete der Junge.
    »Aber sicher doch. Als ich davon sprach, dass dieser Freund, der Offizier, Männer brauchte, die sich im Wald auskennen und gute Schützen sind, hast du mich sogar darum gebeten, dich dort hinzubringen. Erinnerst du dich jetzt?«
    »Nein.«
    Júlio schaute weiter in den Himmel. Er wusste nicht, warum, aber er ahnte, dass dieses Gespräch Probleme mit sich bringen würde. Allein an den fürchterlichen Tag zurückzudenken, als er Amarelo getötet hatte, war schon genug, um sich weit weg zu wünschen. Er war endlich die täglich wiederkehrenden Albträume losgeworden, in denen er auf die blutüberströmte Leiche und die Eingeweide des Fischers zwischen seinen eigenen Fingern sah. Das wollte er nie mehr erleben.
    »Júlio, hast du gehört, was ich gesagt habe?«
    »Wie?«
    »Als ob ich mit mir selbst reden würde. Ich habe dich zweimal gefragt. Willst du, dass ich dich nach Xambioá bringe?«
    »Nach Xambioá?«, fragte der Junge erschrocken. »Was soll ich denn in Xambioá?«
    »Sitzt du auf deinen Ohren? Das habe ich dir gerade eben erklärt. Du scheinst nicht ganz da zu sein.«
    »Entschuldige, ich dachte an etwas anderes. Warum willst du mich nach Xambioá mitnehmen?«
    Noch einmal erklärte Cícero Santana, dass der Polizeioffizier von Xambioá, Carlos Marra, Männer rekrutierte, die das brasilianische Militär dabei unterstützen sollten, die im Urwald am Rio Araguaia versteckten Kommunisten zu ergreifen.
    Der Junge wollte wissen, warum das Militär diese Kommunisten gefangennehmen wollte und was ein Kommunist überhaupt war. Cícero erklärte es, so gut er konnte: »Kommunisten sind Leute, die die Gesetze der Regierung nicht akzeptieren und Brasilien ins Chaos stürzen wollen. Deshalb muss das Militär diese Kerle fassen und verhindern, dass das Land zu einem Tollhaus wird. Verstehst du?«
    »So einigermaßen«, antwortete Júlio.
    »Wichtig für uns ist, dass wir ihnen dabei helfen müssen. Ich glaube, diese Arbeit könnte das Richtige für dich sein, Julão.«
    »Aber warum?«
    »Weil es eine einfache und gut bezahlte Arbeit ist. Hast du nicht gesagt, du willst Ritinha heiraten? Das Geld, das du da verdienst, wird reichen, um eine kleine Hütte für euch zu bauen.«
    Diese Vorstellung gefiel dem Jungen. Um Ritinha zu heiraten und mit ihr zusammenzuleben, würde er alles tun. Fast alles.
    »Werde ich töten müssen, Onkel?«, wollte er wissen.
    »Nein. Vergiss das mit dem Töten. Mein Freund, der Offizier, hat gesagt, dass die Befehle ganz eindeutig sind. Sie wollen niemanden umbringen. Sie sind nur hinter den Kommunisten her, um sie zu verhören und zu erfahren, was sie vorhaben.«
    »Und wie kann ich dabei helfen?«
    »Die Soldaten kennen sich im Urwald nicht aus und sie brauchen jemanden, der gut schießen kann.«
    »Also werde ich doch schießen müssen?«
    »Das wird vielleicht gar nicht nötig sein. Und wenn, dann nur um jemanden zu verletzen. Du kannst mir vertrauen, Julão, um mehr wird es nicht gehen. Wir fahren morgen nach Xambioá, einverstanden?«
    »Ich weiß nicht, Onkel. Es macht mir Angst.«
    »Vertrau mir, Junge. Alles wird gutgehen. Du bist nur ein paar Tage mit den Soldaten unterwegs und kommst dann mit viel Geld in der Tasche nach Hause. Sie zahlen zwanzig Cruzeiros am Tag. Wenn du zwei Monate bei ihnen bist, hast du eintausendzweihundert Cruzeiros 1 verdient.«
    »Das ist ganz schön viel Geld, oder?«, der Junge war ganz begeistert von der Möglichkeit, mehr Geld zu verdienen als jeder andere im Dorf.
    »Ja, das ist es. Habe ich dir nicht gesagt, dass es eine prima Sache ist?«
    »Aber zwei Monate sind eine lange Zeit.«
    »Die vergeht gewiss ganz schnell. Du wirst sogar Spaß dabei haben, da bin ich mir sicher. Du bist doch schon immer gern durch den Wald gezogen. Und stell dir vor, wie du einen ganzen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher